Schattenhafte Miniwelten

Aquarienhandel Von Mittelsmännern, viel Geld und dem indonesischen Staat: die Kehrseite eines beliebten Hobbies

Der Aquarienhandel boomt. Doch nur ein bis zwei Prozent der gehandelten Rifforganismen stammt aus Nachzuchten. Der Großteil sind Wildfänge. Eines der wichtigsten Herkunftsländer für Aquarientiere aus Korallenriffen ist Indonesien, wie Forscher nun berichten. Dabei funktioniere der Handel nur, da die Fischer in einem an das Mittelalter erinnernden Lehnswesen gefangen seien. Deshalb greifen auch die staatlichen Fangquoten nicht. Veröffentlicht wurde die Studie in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Coastal Management.

Die Fischer würden für Mittelsmänner arbeiten, auch Patrone genannt. Von ihnen erhalten sie bei Ablieferung ihres Fanges ein oftmals unter den Marktpreisen liegendes Entgelt. Bei regelmäßigen Lieferungen an den Patron, gewähre ihm dieser jedoch finanzielle Unterstützung im Krankheitsfall oder bei materiellen Verlusten durch Naturgewalten. Auch kleine Kredite seien möglich. Leistungen, die der indonesische Staat nicht bietet. Insofern bedeute das Sammeln von Rifforganismen für viele Fischer die Lebensgrundlage.

Gleichwohl bedrohe der Handel mit riffbewohnenden Lebewesen die Bestände. Vor der indonesischen Insel Sulawesie beispielsweise seien viele der Arten sehr selten geworden. Mancherorts käme erschwerend die noch häufig praktizierte Dynamit- und Giftfischerei hinzu.

Zum Schutz der Riffe führte die Regierung Indonesiens daher Fangquoten ein. Die Lizenzen werden über die Patrone an die Fischer gereicht. Dessen ungeachtet, lassen sie oftmals auch Fischer ohne Fanglizenzen für sich arbeiten. In den offiziellen Statistiken tauchen viele Fänge später dementsprechend nicht auf.

Global werden jährlich bis zu 46 Millionen Tiere gehandelt

Etwa ein Viertel der weltweit gehandelten Aquarienorganismen sind Steinkorallen, schreiben die Forscher. Größtenteils würden sie nach Europa, in die USA und nach Japan exportiert. Mehr als 80 Prozent davon stammen aus Indonesien. Weiterhin seien Anemonenfische und Riffbarsche begehrte Beute. Global werden jährlich bis zu 46 Millionen Tiere gehandelt, nach Angaben der Wissenschaflern. Dies entspräche einem Wert von etwa 170 bis 255 Millionen Euro.

Für ihre Studie untersuchten die Forscher die sozialen Bedingungen sowie arbeitsbedingten Abhängigkeiten der Fischer der Spermonde-Inselgruppe. Dazu befragten sie Bewohner, sprachen mit Händlern und Regierungsvertretern. Außerdem beobachteten sie die Fänge.

Obwohl die Patrone nach Ansicht der Forscher die ökologischen Probleme entscheidend mitverursachen, könnten sie auch Teil der Lösung sein. Denn in ihrer Funktion als Bindeglieder würden sie einen bedeutenden Einfluss auf das Verhalten der Fischer ausüben. Dies solle folglich bei zukünftigen Maßnahmen zum Schutz der Riffe bedacht werden.

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Geschrieben von

cyberling

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