Atomstreit: Iran setzt auf Spiel mit der Zeit

Atomverhandlungen Bis Ende Juli soll eine Lösung stehen, bei den jüngsten Atomgesprächen mit Iran zeichnet sie sich noch nicht ab.

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Die Atomverhandlungen mit der Teheraner Führung, die derzeit im Rahmen eines Übergangsabkommens zwischen den P5+1 und dem iranischen Regime geführt werden, sind ein Dauerbrenner. Nicht erst seit dem vor fünf Monaten ausgehandeltem Deal zwischen den westlichen Großmächten und dem Iran sitzt man an den Verhandlungstischen. Die schier endlos scheinende Bedrohung der Welt durch einen Staat islamistischer Extremisten mit Atombomben geht nun schon seit über einem Jahrzehnt und seit der Zeit des iranischen Präsidenten Chatami. Der damalige Chefunterhändler des Iran ist heute mittlerweile iranischer Präsident. Hassan Rohani leitete bereits 2003 eine Verhandlungsrunde zwischen Frankreich, Großbritannien und Deutschland mit dem Iran, die damals schon als großer Durchbruch im Westen gefeiert wurde.

Seitdem gibt es nur zwei wirkliche Ergebnisse zu vermelden. Das erste Ergebnis ist, dass der Iran heute näher am Bau von Kernwaffen denn je ist, dass er mit Rußland und China, Pakistan und Nordkorea potente Lieferanten von Kernwaffentechnologie gefunden hat und dass alle Länder kaum noch auf Linie des Westens zu bringen sind, wie die letzte Sanktionsrunde gegen den Iran zeigte, die überhaupt nur mit Mühe auf die Beine gestellt und nun kaum noch zu halten ist.

Das zweite Ergebnis ist, dass das Leiden des iranischen Volkes um weitere 10 Jahre verlängert wurde. Die dauerhafte Legitimierung der Mullahs, das Abducken vor seinen Drohgebährden und vor allem äußerst fragwürdige Deals haben nicht nur den Iran an seinem Weg in die Freiheit gehindert. Zu den schmutzigen Deals gehörten unter anderem die Terrorlistung der gut organisierten iranischen oppositionellen Volksmodjahedin (MEK), und ein verordnetes Schweigen, dass immer größer wurde, je näher die Konflikte in den Dunstkreis der Mullahs rückten. Dies sah man mehr als deutlich bei den iranischen Volksaufständen 2009, wo sich zwar die Welt empörte, aber unisono westliche Regierungen entweder schwiegen oder lapidare Worte für eine der größten Aufstände des Mittleren Ostens und eines unbändigen Mutes abließen und es endete mit dem Schweigen gegenüber den Menschenrechtsverletzungen, die danach stattfanden und die bis heute an vielen Stellen noch anhalten. Unter Hassan Rohani wurden mindestens 800 Menschen hingerichtet, so viele Menschen hingerichtet, wie seit 20 Jahren nicht mehr, aber der Westen schweigt, weil es die Atomverhandlungen - wie immer - nicht gefährden will.

Teheran hat längst das Potential der endlosen Atomverhandlungen und der ebenso periodisch wiederkehrenden militärischen Drohgebährden des Westens und Israel erkannt. Wenn der Westen die harte Linie spielt, stellt sich das Regime als armes Opfer da, den der böse Imperialist auf den Pelz rückt und ist der Westen auf Beschwichtigungskurs, dann nutzt das Regime diese Phase, um ungehemmt sein Volk zu drangsalieren, die Opposition auszulöschen und Terrorismus und Fundamentalismus in der Region zu verbreiten. Damit haben die Teheraner Machthaber in den letzten Jahren leider auch Erfolge zu vermelden gehabt, denn ihre Position in Syrien und im Irak ist nun so stark, dass beide Diktatoren bis zum letzten Blutstropfen an der Macht kleben können, weil die Strukturen der Mullahs lange Zeit dort wachsen konnten. Der iranische Widerstand listete schon vor Jahren 32.000 irakische Söldner auf, die auf der Gehaltsliste der iranischen Revolutionsgarden stehen. Heute dürfte die Zahl wesentlich höher liegen.

Vieles spricht dafür, dass Teherans Machthaber nicht an einer Lösung der Kernwaffenfrage interessiert sind. Sie sehen die Verhandlungen als strategisches Mittel des Zeitgewinns und des Machterhaltes an. So lange die Verhandlungen laufen, wird der Westen bei Terrorismus und Menschenrechtsverletzungen der Mullahs den Mund halten und wenn sie abgebrochen werden, kann man an der Atombombe bauen und Aggressionen auf die USA schieben.

Jeder Atomdeal mit dem Iran muss eigentlich nur ein paar klare Punkte enthalten, um die Kernwaffenfrage ein für alle Mal zu beenden und genau um diese Punkte drücken sich die Mullahs in jeder Runde. Es müßten die Zusatzprotkolle des Atomwaffensperrvertrages eingehalten werden, unangemeldete Inspektionen und die bedingungslose Befragung der Personen erlaubt werden, welche am Atomprogramm teilnehmen. Wenn der Iran wirklich nur friedliche Absichten verfolgt, dann dürften diese Punkte kein Problem sein, doch darum geht es dem Regime nicht.

Tausende Parlamentarier, Vereinigungen in aller Welt, Dutzende namhafte Politiker und eine große Gruppe im US Kongress und US-Senat fordern mehr und mehr eine andere Lösung des iranischen Atomprogramms: ein Wechsel im Iran. Eine demokratische und säkulare Regierung ist demnach der einzige Weg, um das Regime ein für alle Mal am Bau von Kernwaffen zu hindern.

US Außenminister Kerry scheint langsam zu verstehen, dass die Mullahs ihre Strategie nie aufgeben werden und warnt vor der unnachgiebigen Haltung des Iran. Damit liegt er genau richtig, denn der Iran weiss um seine Position und er wird durch die atomare Bedrohung legitimiert und kann in Ruhe weiter sein Volk an den Galgen führen. Kerry muss wissen, ob er als weitere Figur in dem grausamen Spiel der Mullahs in die iranische Geschichte eingehen will oder als derjenige Außenminister, der einen wichtigen Beitrag für die Freiheit der Welt geleistet hat, in dem er einen anderen Weg gegangen ist.

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Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

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