Die verschwiegenen Massengräber des Iran

Vor 26 Jahren Eines der grauenvollen Szenarien von Massenhinrichtungen der letzten 30 Jahre fand im Iran der Mullahs statt

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Die verschwiegenen Massengräber des Iran

Foto: AFP/Getty Images/Atta Kenare

Wir alle kennen aus dem Geschichtsunterricht der Schule die grausamen Massengräber aus dem 2. Weltkrieg. Doch nicht nur die Nationalsozialisten sind für ihre Massenhinrichtungen an Kriegsgefangenen und Juden berüchtigt, auch nach dem 2. Weltkrieg gab es zahlreiche Massenhinrichtungen, die oft erst nach dem Ende der Diktaturen in den entsprechenden Ländern oder durch zufällige Ausgrabungen bekannt wurden. Menschen zu Tausenden ohne Möglichkeit einer Verteidigung, verscharrt in Löchern, zu töten, zählt zu einem der größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sie läßt jeden Menschen mit einem Funken Menschlichkeit in sich mit einer tiefen Scham zurück, egal wo.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Eines dieser grauenvollen Szenarien von Massenhinrichtungen der letzten 30 Jahre fand im Iran statt. Der damalige Ayatollah Chomeini gab eine Fatwa heraus, welche alle Angehörigen der iranischen Hauptopposition Volksmodjahedin (Mek) zu „Feinden von Gott“ und jedem, der diese tötete, zu einem guten Muslimen erklärte.

Der iranische Widerstand hat anhand von Aussagen von Familienangehörigen, Tausender Dokumente und Aussagen von abtrünnigen Mitarbeitern des iranischen Regimes aus dieser Zeit ein ungefähres Bild der damaligen Greueltaten gewinnen können und geht von einer Opferzahl von 30.000 politischen Gefangenen aus, die durch ein dreiköpfiges Todeskomitee im Schnellverfahren hingerichtet wurden.

Als die Mullahs um Ayatollah Chomeni 1979 in den Iran zurück kehrten, setzte schnell eine Diskussion im Lande ein, wie der Iran nach dem Sturz des Schahs auszusehen hat. Dabei standen sich zwei Lager bei den ersten Parlamentswahlen 1981 gegenüber. Auf der einen Seite die Kleriker um Ayatollah Chomeni (und dem heutigen Präsidenten Hassan Rohani, Ali Khamenei und vielen anderen späteren Größen des Regimes) und auf der anderen Seite die für einen moderaten Islam kämpfenden iranischen Volksmodjahedin unter dem Oppositionsführer Massoud Rajavi.

Doch nach einer friedlichen Massendemonstration der MEK-Anhänger in Teheran, bei der 500.000 Menschen anwesend waren, ließ Chomeini das Feuer auf die Demonstranten eröffnen und erklärte bis heute die Volksmodjahedin Iran zu Todfeinden des iranischen Regimes und ab 1988 dann auch zu „Feinden von Gott“.

Dies erklärt auch, warum bis heute Unterstützer und Anhänger der iranischen Volksmodjahedin immer noch als „Mohareb“ bzw. „Feinden von Gott“ von iranischen Gerichten zum Tode verurteilt und hingerichtet werden, während andere politische Gefangene wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit oder anderer abstruser Konstrukte hingerichtet werden. Viele der damals inhaftierten MEK-Angehörige, welche die Fatwa von 1988 überlebten, kamen später wieder in das Gefängnis, vor allem nach den massiven Volksprotesten 1999 und 2009.

Auch in diesem Jahr wurden Unterstützer der MEK im Iran hingerichtet, kürzlich einer von ihnen wegen einer kleinen Geldspende an den Satelliten-Fernsehsender INTV im Ausland, der sich mit Spendenmarathonen aus aller Welt finanziert, aber auch Verwandte von MEK-Mitgliedern, die diese 2008 in Camp Ashraf, einer eigens von den Volksmodjahedin erbauten Stadt im Irak, besuchten, wanderten an den Galgen oder bekamen jahrzehntelange Haftstrafen oder wurden zu Tode gefoltert.

Doch es sind nicht nur Quellen des iranischen Widerstandes, welche die Massaker von 1988 und vor allem ihre Dimensionen beschreiben. Ein früherer Kulturberater von Ali Khamenei, der sich vom Regime abwendete, bestätigte die Zahlen der Opposition und sagte, dass sogar 33.000 politische Gefangene innerhalb von kurzer Zeit hingerichtet wurden. Auch ein früherer hochrangiger Mitarbeiter des Geheimdienstes, der sich ebenfalls gegen das Regime wandte, sprach von 33.700 Hinrichtungen politischer Gefangener, deren Massengräber mit Bulldozern zugeschüttet wurden.

Dennoch sind die iranischen Oppositionellen weiterhin ungebrochen in ihrem Kampf um einen freien und demokratischen Iran.

Die internationale Gemeinschaft jedoch hat eines der größten Massaker der Geschichte in den vergangenen 26 Jahren mehr oder weniger tot geschwiegen, obwohl von Amnesty International bis hin zum iranischen Widerstand immer wieder Gruppen eine Verurteilung der Mullahs und eine Diskussion über die Massenhinrichtungen im Iran vor dem UN-Sicherheitsrat trotz eindeutiger Beweise gefordert haben.

Insgesamt sind seit der Machtübernahme der Mullahs 1979 – also binnen 35 Jahren – 120.000 Angehörige der iranischen oppositionellen Volksmodjahedin hingerichtet worden. Detaillierte Listen mit Namen und Bildern liegen für jeden Bürger zur Einsicht bei der iranischen Widerstand in der Zentrale in Berlin vor.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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