Große Versammlung der Exiliraner in Paris

Massenkundgebung Iranische Dissidenten demonstrieren für Freiheit und Demokratie. Sie fordern in Hinblick auf die Atomgespräche: „P5+1 müssen mit Beschwichtigung der Mullahs aufhören“

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Laut, farbenfroh, weltoffen und mit Rednern aus aller Welt gespickt: das war die diesjährige große Versammlung der Exiliraner in Villepinte bei Paris.

Über 100.000 Menschen drängten sich in die gewaltige Messehalle vor den Toren von Paris, um den Stimmen der Solidarität für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger im Iran zu lauschen. Neben zahlreichen hochrangigen Vertretern aus Politik und diversen Menschenrechtsorganisationen, sprach – wie jedes Jahr – die Oppositionsführerin Maryam Rajavi vom Nationalen Widerstandsrat Iran (NWRI) als Hauptrednerin zum Publikum.

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Bei der Großkundgebung gedachten die Teilnehmer auch des 50-jährigen Jubiläums der Gründung einer Mitgliedorganisation des NWRI, nämlich der iranischen Volksmojahedin (PMOI/MEK), die die bis heute größte Oppositionsgruppe des Landes gegen Tyrannei und Diktatur darstellt. Vor 50 Jahren gründeten drei in Teheran graduierte Akademiker und Aktivisten der Studentenbewegung diese Oppositionsorganisation. Schätzungsweise 120.000 MEK-Angehörige wurden von den Diktaturen des Schahs und der Mullahs hingerichtet und ermordet und einige tausend ihrer Mitglieder im Irak stehen auch heute noch unter der Gefahr von Anschlägen und Massakern durch das iranische Regime.

Maryam Rajavi bezog in ihrer Rede zu der Situation der Volksmojahedin im Irak Stellung und wandte sich in ihrer Kritik mit deutlichen Worten an die US-Regierung und die Vereinten Nationen: „Die USA und die Vereinten Nationen haben wiederholt internationale Verträge gebrochen und ihre den Bewohnern von Ashraf schriftlich gegebenen Versprechen nicht gehalten. Damit haben sie sich praktisch auf die Seite des im Iran herrschenden religiösen Faschismus gestellt.“ So fiel ihr Urteil über fünf Jahre Schikanen, Massaker und Blockaden an den Volksmodjahedin aus. Dabei sind über 100 von ihnen getötet worden; die anderen warten immer noch zu Tausenden auf die Verteilung in sichere Drittländer aus einem von Bürgerkriegen zerrissenen Irak. „Das klare Ziel der Mullahs ist, die Menschen in Camp Liberty zu vernichten“, warnte Frau Rajavi.

Bereits im Juni fand die Veranstaltung auch im Hinblick auf das am 30. Juni endende Ultimatum statt, mit dem die P5+1 im Rahmen ihrer Atomverhandlungen mit dem iranischen Regime diesem eine Warnung erteilten. Der iranische Widerstand wollte ein starkes Zeichen an die westlichen Verhandlungspartner setzen. Maryam Rajavi wandte sich daher in ihrer Rede direkt an die P5+1: „Führende Politiker der P5+1, wenn Sie kein mit Atomwaffen gerüstetes fundamentalistisches Regime wollen, müssen Sie aufhören, es zu beschwichtigen.... Der Widerstand gegen dieses Regime ist unsere Pflicht und unser unveräußerliches Recht..... Mit Urananreicherung oder ohne sie, mit Atomwaffen oder ohne sie, unter allen Umständen ist der Kampf um Freiheit das unveräußerliche Recht des iranischen Volkes“, stellte Rajavi in ihrer Rede entschlossen fest und erntete dafür stehende Ovationen.

Ein weiterer zentraler Punkt ihrer Rede war die schonungslose Analyse der Rolle der Mullahs in den Kriegen in Syrien, Jemen und im Irak: „Das klerikale Regime von Teheran hat Bashar Assad mit Milliarden Dollar jährlich immer wieder aufgeholfen: jetzt schnappt der syrische Diktator nach Luft. Ich hoffe, am Tag des Sieges wird Khamenei an Assads Seite vor dem Internationalen Strafgerichtshof stehen, angeklagt des Totschlags an 300.000 syrischen Männern, Frauen und Kindern.“

Im Hinblick auf den Irak stellte sie fest: „Wenn die Mullahs Bagdad verlieren, ist ihre Herrschaft in Teheran in Gefahr. Heute begehen die terroristischen Quds-Einheiten der Revolutionsgarde unter dem Vorwand, ISIS zu bekämpfen, Völkermord. Aber sie sind unfähig, den verlorenen Status des Teheraner Regimes im Irak wiederherzustellen.“

Auf den Jemen bezogen sagte sie: „Dort hat Khamenei versucht, das Land unter seine Kontrolle zu bringen, um bei den Nukleargesprächen und in der Krise der Region die Oberhand zu gewinnen. Damit hat er aber die bisher größte Koalition in der Region gegen Teheran aufgebracht.“

Frau Rajavi legte nicht nur die Situation im Mittleren Osten schonungslos dar, sondern präsentierte auch einen Lösungsweg:

„Ich fordere die westlichen Regierungen auf: Stellen Sie sich nicht auf die Seite des Teheraner Regimes. Arbeiten Sie im Irak nicht mit den Revolutionsgarden des Regimes und den so genannten schiitischen Milizen zusammen, die hundertmal gefährlicher sind als die anderen Schergen.

Die Lösung im Irak heißt: Vertreibung der Kräfte des iranischen Mullahregimes, Unterstützung der Teilung der Macht mit den Sunniten und Bewaffnung der gemäßigten sunnitischen Stämme.

Die Lösung in Syrien besteht darin, die Kräfte des iranischen Regimes zu vertreiben und das Volk von Syrien beim Sturz der Assad-Diktatur zu unterstützen.“

„Im Jemen muss Teheran entgegengetreten werden, wie die Arabische Koalition es schon getan hat. Diese Linie muss verfolgt werden, bis das Regime in der ganzen Region entwurzelt ist“, betonte Maryam Rajavi.

„Der einzig sinnvolle und notwendige dauerhafte Weg zum Ende des Leidens des iranischen Volkes und der Völker des Mittleren Osten, die unter der Expansionswut der Mullahs leiden, kann“ – darin waren sich alle an diesem Tag einig – „nur eine Abschaffung des iranischen Regimes durch seinen legitimen Widerstand und sein Volk mit entschlossener moralischer Unterstützung der Weltgemeinschaft sein.“ Frau Rajavi machte noch einmal deutlich, was für eine Gesellschaft der Westen im Iran zu erwarten hat, wenn die Oppositionsbewegung siegreich ist:

„Unsere Verfassung ist: Freiheit, Demokratie und Gleichheit. Unsere Verfassung ist nicht von der sog. ‚Expertenversammlung‘, dieser Gruppe von Kriminellen, entworfen worden. Sie ist in die Herzen aller Iranerinnen und Iraner eingeschrieben. Und sie wird von gewählten Repräsentanten des iranischen Volkes in einer verfassungsgebenden Versammlung entworfen werden.

Diese Verfassung basiert auf dem Gedanken einer freien, toleranten und fortschrittlichen Republik. Sie gründet auf Pluralismus, der Trennung von Religion und Staat, der Gleichberechtigung der Frauen und ihrer gleichen Teilnahme an der politischen Führung.

Wir glauben an gleiche Rechte für alle ethnischen und religiösen Minderheiten und an eine Gesellschaft, die Folter und Todesstrafe nicht kennt.“

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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