Iran bemüht, die Opposition mundtot zu machen

Unterdrückung im Ausland – Mullahs Außenamtssprecher: „Die Regierung Rouhani hat mit französischen Politikern über ein Verbot der Versammlung gesprochen.“

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Die iranische Gesellschaft ist tief besorgt über die wirtschaftlichen und sozialen Krisen des Landes. Die Demonstrationen, die von Menschen aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, darunter Lehrern, Fabrikarbeitern, Fernfahrern und anderen, veranstaltet werden, haben bedeutend zugenommen.

Am 30. Juni wird der Nationale Widerstandsrat Iran (NWRI) in Paris seine Große jährliche Versammlung abhalten; in diesem Jahr wird sie den Aufstand anerkennen, den die Jahreswende im Iran mit sich gebracht hat, aber auch die darauffolgenden, immer noch anhaltenden Demonstrationen. Der NWRI unterstützt das iranische Volk in seiner Forderung eines Regierungswechsels; die Versammlung wird zeigen, dass die Bürgerproteste zu Hause, aber auch von der internationalen Gemeinschaft unterstützt werden.

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Juli 2017 - Villepinte bei Paris - Großversammlung der iranischen Hauptopposition

Bahram Ghasemi, der Sprecher des iranischen Außenministeriums, sagte: „Die Regierung Rouhani hat mit französischen Politikern über ein Verbot der Versammlung gesprochen.“

Ghasemi sagte den Franzosen: „Die MEK (die ‚Organisation der Volksmojahedin des Iran‘, die stärkste Kraft des NWRI) hält in Frankreich immer wieder Versammlungen ab. Das ist für den Iran nicht akzeptabel; wir sagen, man dürfe nicht mit zweierlei Maß messen, um den Terrorismus in einen guten und einen bösen zu zerteilen.“ Darnach drohte er Frankreich: „Wer diese Versammlungen genehmigt, geht in die Irre; die Konsequenzen werden ihn selber treffen.“

Auch der Sprecher des Parlamentsausschusses für die nationale Sicherheit, Naghavi Hosseini, kritisierte, dass Frankreich die Große Versammlung der MEK in Paris zu Gast heben wird. Er sagte in einem Interview mit den staatlichen Medien: „Die MEK schickt sich an, den Beziehungen zwischen dem Iran und Europa zu schaden“ und: „Die Gruppe versucht, die friedliche Zusammenarbeit zwischen dem Iran und Europa zu zerstören; ihre bevorstehende Versammlung bezweckt einen Angriff auf die Haltung Europas – und dies besonders in einer Zeit, in der Gespräche über das Nuklearabkommen (JCPOA) zwischen Europa und dem Iran im Gange sind.“

Hosseini warnte das iranische Außenministerium vor den Folgen der Großen Versammlung des NWRI in Paris: „...Unter diesen Umständen muss die Diplomatie des Iran Gespräche mit ihren europäischen Partnern beginnen; die Islamische Republik wird eine andere Haltung einnehmen müssen, wenn sich die Europäer dafür entscheiden, die Partnerschaft und Zusammenarbeit mit der MEK fortzusetzen.“

Sowohl Kazem Jalali, der Vorsitzende des Parlamentarischen Forschungszentrums des Iran, als auch der Vorsitzende der Parlamentarischen Gruppe für die Beziehungen zwischen dem Iran und Europa, haben an ihre Partner in europäischen Parlamenten und in der französischen Nationalversammlung sowie im Französischen Senat einen Brief geschrieben. Sie warnen vor „den feindlichen Handlungen des NWRI in Frankreich“ und erklären: „Der Iran missbilligt die Politik der europäischen Länder, die solchen terroristischen Gruppen in Europa Versammlungen gestattet.“

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Jalali schrieb auch an die Delegation des Europa-Parlaments für die Beziehungen zum Iran einen Brief. Darin erklärt er: Nachdem, im Jahre 2009, die MEK von der Terrorliste der Europäischen Union gestrichen worden sei, habe eine Reihe von europäischen Funktionären und Mitgliedern des Europäischen Parlaments an ihren Zusammenkünften und Versammlungen teilgenommen. Er warnt die Europäer davor, dass, wenn sie dem NWRI solche Versammlungen gestatteten, überall in Europa terroristische und extremistische Handlungen zunehmen würden. „Um die Ausbreitung terroristischer und extremistischer Handlungen über Europa zu verhindern, benötigen wir eine bilaterale, faire Zusammenarbeit und müssen doppeltes Spiel vermeiden.“

Er stellte zwischen der Großen Versammlung des NWRI in Paris und der Krise des Nuklearabkommens wie folgt einen Zusammenhang her: „Man sollte nicht vergessen, dass der NWRI/die MEK keine Mühe gescheut hat, zwischen beiden Seiten eine Kluft zu errichten – besonders nach dem einseitigen, gesetzwidrigen Rückzug des US-Präsidenten von dem Abkommen.“

Mohammad Javad Larijani, der für internationale Angelegenheiten zuständige stellvertretende Leiter der Justiz, antwortete in einer vom staatlichen Fernsehen geförderten Sendung über die Zukunft des Regimes nach der Versammlung des NWRI auf Fragen des Moderators. Er sagte: „Der NWRI/die MEK wird in den nächsten Wochen eine Versammlung abhalten. Eine Reihe von europäischen und amerikanischen Funktionären, darunter Rudy Giuliani und John Bolton – derzeit der Berater des Weißen Hauses für die nationale Sicherheit – haben schon während der Versammlungen der MEK in den vergangenen Jahren Reden gehalten; wir haben deswegen den Europäern unser Missfallen zum Ausdruck gebracht. Angesichts der zunehmenden Tätigkeit der MEK lautet in diesen Tagen die Frage: Welche Rolle wird Amerika in diesem anti-iranischen Szenarium spielen?“

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Auf Fragen zu der Kampagne der MEK über die Proteste im Iran antwortete er wie folgt: „Westliche Länder haben die MEK von ihren Terrorlisten gestrichen; jetzt ist die Gruppe im Iran wieder aktiv. Der Westen glaubt, die MEK sei die einzige Gruppe, die sowohl im Iran aktiv sein als auch als politische Organisation im Ausland arbeiten könne.“

Die drei Zweige des iranischen Regimes – Regierung, Parlament und Justiz – sind gegen die Große Versammlung des NWRI in Paris zu Felde gezogen; sie haben klargemacht, dass sie sich vor deren einheimischen und internationalen Folgen fürchten.

Im Iran selbst wird die Pariser Versammlung die Bürgerproteste inspirieren; sie wird ihnen zeigen, dass ihre Proteste sowohl im Lande als auch von der internationalen Gemeinschaft unterstützt werden. Sie wird die Solidarität des iranischen Volkes zum Ausdruck bringen – die Einigkeit in dem Ziel eines Sturzes der Mullahs. Sie wird den NWRI als die demokratische Alternative anerkennen.

Die Große Versammlung des NWRI ist der inländische und internationale Aufruf zum Ende der Diktatur im Iran.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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