Iran – Berlin: Protestler fordern Wahlboykott

Protestaktion Anhänger der iranischen oppositionellen Volksmojahedin (MEK) protestieren gegenüber der iranischen Botschaft in Berlin gegen die „Präsidenten-Wahlen“ im Iran.

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Oppositionelle Iraner, Ihre Sympathisanten, Bürger und Mitbürger protestieren heute, am "Wahlfreitag", vor der iranischen Botschaft in der Podbielskiallee in Berlin gegen die „Präsidenten-Wahlen“ im Iran und rufen die Bevölkerung im Iran auf, die Scheinwahlen zu boykottieren.

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Das System des iranischen Gottesstaates kennt keine Gewaltenteilung, sondern basiert auf der Herrschaft des Religiösen Führers. Die Kandidatenaufstellung erfolgt ausschließlich durch den Expertenrat und den Religiösen Führer selbst. Aus 1600 Bewerbern, Frauen und Männern, wurden für die anstehende „Wahl“ am heutigen Freitag 4 Männer ausgesucht, die ihre Treue zum System der Religiösen Herrschaft mehrfach unter Beweis gestellt haben müssen. Alle Oppositionellen, Andersdenkende, religiöse und ethnische Minderheiten werden nicht berücksichtigt. Frauen haben keinerlei rechtliche Möglichkeit zu kandidieren, Man kann also von einer Wahlfarce sprechen. Auch der dann gewählte Präsident hat keine wirkliche Macht und Chance Veränderungen oder eigene Pläne zu verwirklichen, weil er immer unter dem Diktat des religiösen Führers steht. Der Iran unter den Mullahs ist eine Diktatur.

Auch die Versuche der letzten „Wahl“-dekaden mit sogenannten moderaten Präsidenten haben keinerlei Veränderung gebracht. Die Hoffnungen basierten ohnehin auf westlichen Annahmen, als auf realen Möglichkeiten. Nur 2009 kam es zu einem Aufstand von Millionen und der Kampagne gegen Wahlbetrag "Where is my vote", die aber brutal mit Tötungen und tausenden Verhaftungen und anschließenden Todesurteilen niedergeschlagen wurde. Das System der Religiösen Herrschaft ist nicht auf Veränderung oder Reformen eingestellt. Die überwiegend junge 75 Millionenbevölkerung ist völlig ernüchtert. Aber der Wille auf einen Neuanfang und Freiheit wächst ungebrochen an und manifestiert sich in zivilen Ungehorsam.

Deshalb hat sich in den sozialen Medien und der Gesellschaft ein großes Bedürfnis nach radikaler Veränderung entwickelt, das zum Boykott der „Wahlen“ aufruft. Selbst die Zensur und die Sperrung vom Internetbereichen konnte dieser soziale Ungehorsam nicht unterdrücken. Die stimmen nach grundlegenden Veränderungen ist nicht mehr aufzuhalten, wie auch die Demonstranten in Berlin belegen. Die Unterstützer der größten organisierten Opposition im Iran, nämlich der Volksmojahedin (MEK) spielen dabei eine sehr aktive Rolle mit gezielten Onlinekampagnen. Sie hängen aber auch vorort Banner mit Aufschriften wie „Keine Scheinwahlen“ oder Bilder von Oppositionsführerin Maryam Rajavi in Teheran und anderen Städten des Iran auf. Das Regime reagiert mit Wut und Verhaftungen und einem unübersehbaren Repressionsapparat.

Wer immer auch die Scheinwahlen gewinnen wird, ist eine Marionette der Diktatur und des Religiösen Führers. Jeder der ausgewählten Kandidaten hat eine dreckige und blutige Vergangenheit im System der Machtausübung.

Die Hauptkandidaten sind Hassan Rohani und Ebrahim Raeissi. Beide überschlagen sich in den Bemühungen darum, wer gegenüber dem obersten Führer Khamenei der Unterwürfigere ist. Rohani wird wegen seiner vielen leeren Versprechungen, enormen Korruption und Vetternwirtschaft und natürlich der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen verabscheut. Ebrahim Raeissi ist wegen seiner Vergangenheit als Blutrichter bei dem Massaker von 1988 an 30.000 politischen Gefangenen im Iran verhasst. So ist der weit verbreitete Slogan entstanden:

„Nein zum Betrüger (Rohani), Nein zum Henker (Raeissi), Unsere Stimme heißt Regimewechsel!“

(Bericht vom Berliner Menschenrechtler Christian Zimmermann übernommen.)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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