Iran: das Land der Kunstdiktatur

"Kulturaustausch“: Ausstellung „Teheran Sammlung“ in Berlin und Einladung des iranischen Außenministers nach Berlin Beleidigung für iranische Künstler

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Würden Sie mit einem Land einen Kulturaustausch beginnen, welches Frauen jegliche Art von Auftritt auf Bühnen seines Landes verbietet? Nun, für die deutsche Regierung scheint dies kein Problem zu sein. Am 4. Dezember startet in Berlin in der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin (in der Berliner Gemäldegalerie) die Ausstellung „Teheran Sammlung“. Eingeladen werden soll laut eines Briefes von Frank Walter Steinmeier Außenminister Javad Zarif, damit der „Kulturaustausch beider Länder vertieft wird“.

Doch wie sieht es eigentlich mit dem Wirken von Künstlern im Iran aus? Ist die Kunst im Iran wirklich „modern“, wie es die Ausstellung verspricht oder ist sie nicht nur ein Schauspiel nach den strengen Vorgaben der Mullahs in ihrem Scharia Staat?

Auf der Webseite Berlin.de wird damit geworben, dass das Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst großartige Werke von Claude Monet, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Pablo Picasso, Francis Bacon, Jasper Johns und Andy Warhol besitzt. Doch wer diese Zeilen genau liest, sieht, dass diese Werke allesamt in einem Depot des Hauses aufbewahrt werden und es wird erwähnt, dass diese Werke seit der islamischen Revolution im Iran kaum (eher gar nicht) gezeigt werden.

Um einen Kulturaustausch mit einem Land zu beginnen, sollte die Freiheit der dort schaffenden Künstler im Vordergrund stehen und nicht die Darstellung westlicher Künstler, die dort in Kellern im Iran verstauben, anstatt dem Volk zugänglich gemacht zu werden. Wenn man schon über iranische Kunst berichten muss und eine Ausstellung macht, dann eher über das, was dort iranischen Künstlern und vor allem Künstlerinnen angetan wird, denn in kaum einem Land werden Künstler so unterdrückt, wie im Iran.

Nehmen wir das Beispiel Zoya Sadri. Die Exiliranerin studierte bis zur iranischen Revolution Kunst in Teheran und floh dann vor dem Regime nach Deutschland. Sie zeigt in einer Ausstellung in Groß Gerau, wie eine iranische Künstlerin in Freiheit arbeiten kann. Sie selbst sagte: „Die Freiheit, die ich in Deutschland genießen konnte, war am Anfang fast zu viel.“

Dann ist da der iranische Filmregisseur Jafar Panahi, der sechs Jahren im Iran in Haft und 20 Jahre Berufsverbot bekam. Sein einziges Vergehen war, die 2009 oft gestellte Frage „Wo ist mein Stimmzettel?“ filmtechnisch aufzuarbeiten. Die Volksaufstände 2009 wurden damals blutig von den Bassidsch Milizen und anderen Sicherheitskräften nieder geschlagen, Menschen wurden gefoltert und zu Hunderten gehängt. Jafar Panahi stellte die Fragen, die sich Millionen Iraner stellten, er rief zu keinem Regimesturz auf, sondern wollte nur erzählen, was damals geschah.

Dann ist dort Mahdieh Mohammadkhani, eine iranische Sängerin, die Auftrittsverbot im Iran hat. Sie spielt keine westliche Popmusik, sondern macht traditionelle iranische Musik. Sie gilt als eines der größten Talente iranischer Volksmusik. Doch obwohl das iranische Volk bereits den ersten Auftritt einer Frau auf einer Bühne in sozialen Netzwerken feierte, wurde ihr von den Mullahs der Auftritt untersagt. Ihr Förderer Majid Derakhshani wurde am Flughafen an der Ausreise gehindert, sein Pass eingezogen. Mahdieh Mohammadkhani reist nun durch Europa und ist dennoch im Iran eine gefeierte Sängerin.

Und da ist Gisoo Shakeri. Sie war ebenfalls eine bekannte Sängerin im Iran und floh 1988 aus dem Land und lebte seitdem in Schweden im Exil. Sie singt und redet heute regelmäßig auf Veranstaltungen des iranischen Widerstandes (Nationaler Widerstandsrat Iran), einer Oppositionsbewegung im Exil, in der sich viele iranische Künstler aus vielen Bereichen wieder finden. Zu ihnen gehören zahlreiche Schriftsteller, Blogger, Theaterdarsteller usw., die aus einem Land der Kunstdiktatur fliehen mussten. Sie alle reihen sich in die endlose Schar der seit fast vier Jahrzehnten unterdrückten iranischer Künstler ein.

Mit einem solchen Regime, welches Hunderttausende Künstler fliehen lässt, einsperrt, zu Tode foltert oder hinrichten lässt, wenn sie eine sanfte Karikatur des geistlichen Führers Ali Chamenei zeichnen, nun Kunstausstellungen zu eröffnen, ist ein Schlag ins Gesicht für die iranischen Künstler und dazu noch einen Vertreter des Regimes als Gast zu laden, dessen Beteiligung an der Ermordung von Kurden bis heute im Iran bekannt ist, ist einfach nur noch eine Farce. Es wäre das Mindeste, wenigstens ihn auszuladen von der Eröffnung dieser beschämenden Ausstellung.

Der einzige Grund, warum diese Ausstellung in deutschen Museen statt findet, liegt einzig und allein im ewigen Kotau dieser Regierung vor den Wirtschaftsinteressen. Teheran soll beschwichtigt werden, damit der Markt Iran für die Konzerne offen bleibt und nachdem Sigmar Gabriel für seine äußerst harmlose Iran - Kritik auf Spiegel Online bereits von iranischen Regimemedien mit einem Zielkreuz über seinem Konterfei bedacht wurde, ist man nun wieder voll auf Schmusekurs mit Teheran eingeschwenkt.

Dem deutschen Bürger bleibt nur, seinen Boykott und seinen Protest gegen diese Ausstellung zu zeigen. Den Mullahs als Hinrichtungsweltmeister und Unterdrücker Hunderttausender Künstler darf keine Plattform zur Legitimation gegeben werden, weder politisch noch über den Austausch von Universitäten oder Kunstplattformen. Unsere Nation hat es nicht nötig, sich mit Regimen auszutauschen, welches Frauen den Auftritt auf Bühnen verbietet. Es ist eine klare rote Linie, die nicht überschritten werden darf.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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