Iran und staatlicher Terrorismus

Belgien: Iranischer Terrordiplomat rechtskräftig verurteilt – unsere Wachsamkeit vor dem iranischen Staatsterrorismus darf nicht nachlassen!

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Tausende Exiliraner und hunderte europäische und amerikanische Politiker denken mit Beklemmung und Schrecken an Assadollah Assadi. Dieser iranische Diplomat hatte gemeinsam mit drei Komplizen im Juni 2018 einen Sprengstoffanschlag auf ein Treffen der Exiliraner vorbereitet. Glücklicher­weise konnten europäische Sicherheitskräfte dieses Bombenattentat in letzter Minute verhindern. In dem gut gefüllten Veranstaltungssaal wären die Folgen der geplanten Explosion fürchterlich gewesen und hätten den Tod hunderter Menschen zur Folge haben können.

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Assadollah Assadi, der „Kopf“ dieses Anschlages, wurde im Februar 2021 von einem belgischen Gericht zu 20 Jahren Haft verurteilt; seine drei Komplizen erhielten ebenfalls langjährige Haftstrafen.

Die Anwälte von Assadi wollten nach dem Urteil des Gerichtes in Berufung gehen, obwohl die Beweislast erdrückend war. Gefundene Unterlagen in seinem beschlagnahmten Auto und die Tatsache, dass Assadi den Sprengsatz per Diplomatengepäck nach Europa brachte, waren für das belgische Gericht Beweis genug, um Assadi des Terrorismus im Auftrag Teherans für schuldig zu befinden.

Doch auch nach der rechtskräftigen Verurteilung des iranischen Terrordiplomaten gibt es noch offene Fragen.

Die Anwälte von Assadi haben kurz vor der Berufungsverhandlung ihre Berufung zurück gezogen; damit ist das Urteil rechtskräftig. Doch damit ist der Fall noch nicht abgeschlossen, denn es bleiben folgende Fragen offen:

  1. Warum will Teheran keine Berufungsverhandlung?
  2. Wird Assadi auf einen Gefangenenaustausch im Rahmen der Beschwichtigungspolitik setzen?
  3. Was ist mit dem Terror-Netzwerk in Europa, das Assadi aufgebaut und organisiert hat?
  4. Wie groß ist die zukünftige Terrorgefahr durch die iranischen Botschaften in Europa?

Zu Punkt 1 lässt sich nur spekulieren, dass die aktuelle politische Lage sowie strategische Überlegungen Teheran dazu bewegen, das Urteil anzuerkennen.

Das Mullah-Regime befindet sich zur Zeit in den Atomverhandlungen von Wien. Ein neues Aufrollen des Falls Assadi würde die Terrorgefahr durch Teheran noch einmal in den Fokus rücken. Das könnte denen Auftrieb geben, die ein umfassenderes Abkommen mit dem Iran fordern, in dem auch andere Themen zur Sprache kommen ‑ wie die Rolle des iranischen Regimes im internationalen Terrorismus.

Punkt 2 ist eine Frage, die bald große Bedeutung erlangen könnte. Bereits letzte Woche wurde von iranischen Staatsmedien verkündet, dass ein Gefangenenaustausch mit den USA stattgefunden hat, was Washington jedoch dementierte. Auch Belgien lehnt bisher diese Option ab und hat den Klägern im Assadi-Prozess – dem Nationalen Widerstandsrat Iran – schriftlich erklärt, dass kein Austausch stattfinden wird. Teheran hatte bereits vor dem Prozess diplomatischen Druck auf Belgien ausgeübt, um im Iran inhaftierte belgische Bürger gegen Assadi auszutauschen. Diese Taktik könnte wieder aktuell werden, wenn „Gras über die Sache gewachsen ist“, und auch im Rahmen des Atomdeals eine Rolle spielen.

Die Frage 3 zum iranischen Terror-Netzwerk scheint momentan offiziell keine Rolle zu spielen. Bisher sind jedenfalls keine weiteren Verhaftungen bekannt. Ob Angehörige von iranischen Botschaften in Europa ‑ besonders in Wien, wo Assadi als 3. Botschaftsrat fungierte – von europäischen Sicherheitsbehörden ins Visier genommen wurden oder werden, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir gehen jedenfalls davon aus, dass das iranische Netzwerk weiterhin existiert und eine Bedrohung darstellt.

Auch Frage 4 ist bis heute ungeklärt. Eine Resolution des US-Repräsentanten­hauses, die die Mehrheit der Abgeordneten unterschrieben hat, ließ die Forderung nach einem Schließen der iranischen Botschaften wieder auf­flammen. Die iranischen Botschaften sind seit vielen Jahren als Anlaufstelle iranischer Geheimdienstagenten bekannt. Hier ist ebenso wenig Abhilfe geschaffen worden wie bei der Überprüfung diverser Kultureinrichtungen sowie bei Tarnvereinen des Regimes, die Sympathisanten anheuern und antidemokratisches Gedankengut verbreiten.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die rechtskräftige Verurteilung von Assadi weder seinen persönlichen Fall noch die generelle terroristische Bedrohung für Exiliraner, Oppositionelle sowie ganz allgemein für deutsche und europäische Bürger beendet hat. Wir müssen weiterhin aufmerksam sein und die Diskussion über die Eindämmung des iranischen Staatsterrorismus in Europa energisch weiterführen. Auch der generelle Umgang mit dem iranischen Regime gehört auf den Prüfstand, denn ein „weiter so“ wie in den letzten Jahrzehnten darf es vor diesem Hintergrund nicht geben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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