MEK/Iran: Spiegel muss Unwahrheiten stoppen

GERICHTSBESCHLUSS Hamburger Gericht untersagt dem SPIEGEL, Volksmodjahedin zu verleumden / Behauptungen über „Folter“ und Tötungsmethoden sind falsch / SPIEGEL hat rechtswidrig gehandelt

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Das Wochenmagazin SPIEGEL verbreitet in einem Artikel mit der Überschrift „Gefangene der Rebellion“ im Heft 8/2019 vom 16. Februar 2019 eine Fülle von Falschbehauptungen über die Volksmodjahedin Iran (PMOI/MEK) und deren Mitglieder in ihrer Siedlung in Albanien.

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Nach der Veröffentlichung des Artikels beantragte die Deutschlandvertretung des Nationalen Widerstandsrates Iran (NWRI) den Erlass einer einstweiligen Verfügung bei der Pressekammer des Hamburger Landgerichts, mit dem Ziel, dass das Gericht die Aufstellung und Verbreitung dieser schwerwiegenden und kriminalisierenden Behauptungen untersagen möge.

Das Hamburger Gericht bestätigte die Betroffenheit des NWRI und erklärte in seinem Beschluss vom 21. März 2019:

Der NWRI-Antrag zu Ziffer 1 ist begründet. Dem SPIEGEL wird untersagt, „zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen“, dass in der MEK-Siedlung in Albanien gefoltert wird. „Der Antragsteller (NWRI) hat die Unwahrheit [dieser Anschuldigungen] glaubhaft gemacht“, stellt das Gericht fest und fügt hinzu: „Wenn die Äußerungen als Verdachtsäußerungen einzuordnen wären, wären sie ebenfalls zu untersagen. Die Grundsätze der zulässigen Verdachtsberichterstattung wären ersichtlich nicht gewahrt worden.“

Das Gericht erklärt: „Der Antrag zu Ziffer 2 ist ebenfalls begründet“ und untersagt dem SPIEGEL, den ersten Absatz des Artikels vom 16. Februar „zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen“. In dem Absatz wird über die MEK in Albanien folgendes behauptet: „Dreimal pro Woche üben viele von ihnen angeblich, Kehlen mit Messern aufzuschneiden, Hände zu brechen, Augen mit den Fingern auszustechen, Mundwinkel einzureißen. So zumindest erzählen es Aussteiger der Gruppe.“

In dem Gerichtsbeschluss heißt es weiter: „Es kann dahinstehen, ob die Textpassage als feststehende Tatsachenbehauptung oder als Verdachtsäußerung einzuordnen ist, da sie jeweils rechtswidrig verbreitet worden wäre. Prozessual ist von der Unwahrheit auszugehen. Die Grundsätze der zulässigen Verdachtsberichterstattung sind nicht eingehalten worden. Der Antragsteller wurde hierzu nicht angehört. Sein Vorbringen in der Antragsschrift zeigt, dass er dezidiert hierzu hätte Stellung nehmen können.“

Das Gericht erklärt, dass dem SPIEGEL im Wege der einstweiligen Verfügung „eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)“ drohe. Infolge des Gerichtsbeschlusses entfernte DER SPIEGEL die untersagten Textpassagen aus seinem Artikel.

Der iranische Widerstand behält sich das Recht vor, weitere Ansprüche in einem Klageverfahren geltend zu machen.

Laut einem Rechtsgutachten des renommierten Leipziger Medienrechtlers Univesitätsprofessor Christoph Degenhart hat DER SPIEGEL seine journalistischen Sorgfaltspflichten in hohem Maße außer Acht gelassen und den NWRI durch die unzutreffenden und rufschädigenden Behauptungen in seinen Rechten aus dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) mehrfach verletzt.

Das Rechtsgutachten unterstreicht: „Zu einer Reihe besonders schwerwiegender Vorwürfe wurde der NWRI als unmittelbar Betroffener nicht gehört. Soweit Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, wurden die Äußerungen des NWRI offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls aber in grober Weise verkürzt und sinnentstellend auf bloßes Bestreiten reduziert. Die SPIEGEL-Redaktion hat sich weder damit befasst, noch ist sie auf die Aufforderung eingegangen, die Ansiedlung zu besuchen.“

Es sei erwähnt, dass der SPIEGEL-Artikel bei iranischen Staatsmedien auf große Begeisterung stieß. MEHR, die Nachrichtenagentur des Geheimdienstministeriums MOIS, titelte: „Mudschahedin trainieren in Albanien dreimal in der Woche das Durchschneiden der Kehle mit dem Messer.“ Überschrift in der Nachrichtenagentur FARS: „SPIEGEL-Report vom Lager der MEK: ‚Mitglieder der Organisation üben Massaker.‘“ Hunderte weitere Regierungsmedien veröffentlichten unter ähnlichen Titeln die Übersetzung des Artikels ins Persische.

Manche Mitglieder des Parlaments des Mullah-Regimes behaupteten unter Berufung auf den SPIEGEL-Artikel, die MEK trainiere im Herzen Europas Terror.

Wir weisen darauf hin, dass Teile des SPIEGEL-Artikels drei Monate vor seinem Erscheinen auf einer der vom iranischen Geheimdienstministerium betriebenen Webseiten veröffentlicht wurden. Damit wird die Glaubwürdigkeit dieses Artikels gravierend in Frage gestellt. DER SPIEGEL hat bisher trotz Anfrage keine Erklärung über seine Beziehungen zu dieser Webseite abgegeben.

Das iranische Regime hat nach der sicheren und organisierten Übersiedlung der MEK aus dem Irak ins Ausland und nach dem Volksaufstand im Iran im Januar 2018 keinen anderen Ausweg aus seiner Existenzkrise gefunden als das Bestreben, Terror und Desinformation gegen Volksmodjahedin und iranischen Widerstand zu intensivieren. Mit der Verbreitung von Falschinformationen rechtfertigt das Regime seine Massaker an der MEK im Inland und bereitet den Boden für seinen Terrorexport ins Ausland. Zudem versucht es westlichen Kreisen zu suggerieren, es gebe keine Alternative für dieses Regime und wenn es gestürzt würde, würden die Zustände im Iran sich verschlimmern.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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