Neue US-Sanktionen gegen Iran

Atomstreit Die Zeiten der großen Reden und des diplomatischen Geplänkels in den Hauptstädten Europa sind vorbei, eine Verhandlungslösung scheint immer unwahrscheinlicher zu werden.

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Ein Jahr nach dem Amtsantritt und fast acht Monate nach dem Interimsabkommen zwischen den P5+1 Weltmächten und dem iranischen Regime wird Einigung im Atomstreit unwahrscheinlicher.

Die Tonart wird vor allem zwischen den USA und der Regierung Teherans wieder rauher, aber auch die Stimmen von mächtigen Lobbygruppen der Industrie sowie der Medienberichte über den „neuen Markt“ Iran nach den Abbau der Sanktionen verstummen mehr und mehr. Das US Außenministerium verhängte nun neue Sanktionen gegen Teheran und setzte damit ein Zeichen, dass der Weg der Verhandlungen für Washington nicht zufriedenstellend verläuft.

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Außenminister Zarif: „neuer, anti-iranischer Schritt der Amerikaner“

Bereits seit langem wird selbst den größten Optimisten in Washington klar, dass das iranische Regime nicht bereit ist, auf zentrale Forderungen der internationalen Gemeinschaft zu verzichten. Zentrale Forderungen aus den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, die einem Stopp der Anreicherung oder einem uneingeschränkten Besuch der Anlage in Parchin vorsehen, sind bereits mehrfach vom Regime abgelehnt worden, außerdem der Zugang zu Experten und eine Einschränkung des Baus von Zentrifugen oder Informationen über das iranische Raketenprogramm. Zudem wurde innerhalb der Frist von sechs Monaten keine Einigung erzielt, obwohl dies das Übergangsabkommen bilateral vorsah und auch der 24. November als Verlängerungstermin rückt langsam aber sicher in Greifweite.

Nicht nur der iranische Widerstand hat bereits in detaillierten Enthüllungen aufgedeckt, dass es eine geheime Organisation im iranischen Regime gibt, die sich um das iranische Kernwaffenprogramm kümmert. Nun hat auch das US-Außenministerium die Organisation SPND (Organisation für die Entwicklung neuer Verteidigungsstrategien) mit Sanktionen belegt. Der Nationale Widerstandsrat Iran hatte bereits als erste zuverlässige Informationsquelle detailliert dokumentiert, wie die Strukturen dieser Organisation (SPND) aussehen und mit welchen Methoden versucht wird, ihre Existenz zu verschleiern. Die Organisation erstreckt sich vor allem über weite Teile des iranischen Universitätswesens und arbeitet mit Tarnadressen und ständigen Umzügen der Leitung der Organisation. Zu allen Experten dieser Organisation hatte die internationale Atomnergiebehörde bisher keinen Zugang, um sie über das Atomwaffenprogramm zu befragen.

Das US-Außenministerium belegte zudem 30 Personen und Banken aus dem Iran. Seit längerer Zeit gibt es glaubhafte Indizien, dass der Iran über den Irak und die Türkei die Sanktionen mit Devisengeschäften und anderen Tricks umgeht. Doch es geht auch um Reedereien, Ölfirmen und eine Fluggesellschaft auf der Liste, die den syrischen Diktator Assad unterstützen. Es ist kein Geheimnis, dass zahlreiche Offiziere und Soldaten aus den iranischen Revolutionsgarden im syrischen Bürgerkrieg an der Seite der Armee von Assad aktiv sind. Zudem werden immer wieder getötete Kämpfer im Iran beerdigt und das syrische Regime wird systematisch mit Waffen und anderem Material unterstützt.

Teheran reagiert – wie nicht anders zu erwarten – in üblicher Drohmanier verschnupft auf die neuen US-Sanktionen. Hatte sich das Regime vor einigen Wochen noch erhofft, gemeinsam mit dem großen Satan aus Übersee eine Allianz im Kampf gegen die Terrorgruppe IS und für seinen Schützling al-Maliki im Irak zu bekommen, so ist das Regime nun wieder dahin gerückt, wo es die USA seit Jahren setzen: Auf die Sanktionslisten.

Rohani hatte bei seinem Amtsantritt versprochen, die Sanktionen gegen den Iran zu beenden, jedoch wirkten die letzten Monate eher wie die allseits bekannte Taktik des Regimes: Es geht um Zeitgewinn. Weder in Fragen der Menschenrechte (höhere Hinrichtungsrate unter Rohani als unter Ahmadinejad) noch in Fragen eines Rückzugs im internationalen Terrorismus hat Rohani Zeichen gesetzt. Daher ist nun auch in der stets auf den „moderaten Mullah“ hoffenden US-Regierung die Erkenntnisse eingezogen, dass sich unter Rohani nichts geändert hat. Der oberste geistliche Führer Ali Khamenei bestimmt weiterhin den Kurs Teherans und der sieht den Westen als erbitterten Feind oder gar als Satan an.

Und so kommen aus Teheran wieder einmal die üblichen Singale, aus einem Mix aus armer Opfer Taktik und zu den üblichen versteckten Drohungen bestehend. So sagte zum Beispiel Außenminister Zarif in einer ersten Stellungnahme: „Die Islamische Republik wird auf diesen Akt antworten, wenn es notwendig erscheint“ und „neuer, anti-iranischer Schritt der Amerikaner“.

Doch wenn es um konkrete Schritte zur Erfüllung der UN-Sanktionen geht, sieht die Tonlage des Regimes noch einmal ganz anders aus. So nannte Khamenei kürzlich den Westen „dumm zu glauben, wir würden unser Raketenprogramm einschränken oder die Anzahl der Zentrifugen“ und auch in der Anlage von Parchin zeigen Satellitenbilder starke Erdbewegungen, obwohl der iranische Verteidigungsminister kürzlich „von keinen Änderungen seit dem letzten Besuch der UN-Inspektoren“ sprach. Das Washington bei solch einem Katz und Maus Spiel langsam die Geduld verläßt, scheint verständlich und sie hätte viel früher kommen müssen.

Das iranische Regime sieht – laut Aussagen des iranischen Widerstandes – seit seinem Anbeginn die Verbreitung von Fundamentalismus und Terrorismus sowie den Bau von Kernwaffen und die Unterdrückung des Volkes als Garantie für seinen Machterhalt gegen inländische und ausländische Drohungen. Diese Agenda geht bis in die Zeit der Machtübernahme 1979 durch Ruhollah Chomeni zurück und sie ist immer noch zentraler Bestandteil des Selbstverständnisses des Regimes. Daher plädiert der iranische Widerstand als Lösung für das iranische Atomprogramm auch für einen demokratischen Wandel durch das iranische Volk, ein Ignorieren des iranischen Regimes in der internationalen Gemeinschaft, eine offene moralische Unterstützung der demokratischen Opposition und einen klaren Politikwechsel hin zu einem Regimewandel durch das iranische Volk, durch echte moderate Kräfte, denn nur so kann ein dauerhaftes Ende des iranischen Atomprogramms und ein stabiler Frieden im Mittleren Osten erreicht werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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