Leben, sterben und lesen lassen

Promi-News Schnell, informiert, erbarmunglos: Seit dem Tod von Michael Jackson beweist das Paparazzi-Portal tmz.com seine Professionalität. Vom Aufstieg eines Schmuddelkinds

Die "Thirty Mile Zone" hat ihre eigenen Gesetze. Innerhalb des Dreißigmeilen-Radius' um Hollywood leben die meisten Stars und Sternchen, die an der Promi-Welt teilhaben wollen. Die Internet-Seite TMZ hat sich den Namen dieser Welt zu eigen gemacht. Natürlich als Kürzel, damit es schneller geht. Denn Schnelligkeit ist die oberste der Regeln, die die Klatsch-Seite aufstellt und von denen sie zugleich profitiert.

Spätestens seit dem Tod von Michael Jackson kommen selbst Leser mit wenig Klatsch-Interesse an TMZ kaum mehr vorbei: Das Paparazzi-Portal war die erste Seite, die die Nachricht von Jacksons Tod am 25. Juni veröffentlichte. Angeblich sechs Minuten, bevor der Gerichtsmediziner feststellte, dass der Star gestorben ist. Die anderen Medien behandelten die Meldung zunächst mit Vorsicht: Sie warteten, bis auch die als seriöser geltende Los Angeles Times die Nachricht auf ihrer Internet-Seite brachte. So wies die Deutsche Presseagentur dpa zunächst noch darauf hin, dass der Bericht von TMZ nicht bestätigt werden konnte. Seither hat sie allerdings über 70 Meldungen mit Informationen veröffentlicht, die "der gewöhnlich gut unterrichtete Internetdienst" TMZ herausgab.

"Wir sind so etwas wie die Associated Press geworden für die Welt, die wir abdecken", sagte Harvey Levin, Chef und Mitgründer von TMZ, der New York Times. Es sei eine Welle von Anrufen über sie hinweg gerollt, auch von renommierten Redaktionen, beschreibt er den Triumph der erst vier Jahre alten Paparazzi-Seite. Aber eigentlich wollten alle erst einmal wissen, ob sie sich wirklich sicher seien. "Eine komische Frage. Wir hätten es nicht gemeldet, wenn es nicht wahr wäre", sagt Levin. Sein Portal hat im Schnitt mittlerweile etwa vier Millionen Besucher pro Monat und wirft für das Mutter-Unternehmen Time Warner einen kleinen Profit ab.

Im Prinzip arbeite TMZ so hart an einer Story über Britney Spears wie NBC an einem Text über Bush, sagte Levin der New York Times. Um schnell an Neuigkeiten zu kommen, haben sie ein Netz von Informanten in Los Angeles. Gut ausgebaut mit Hilfe des ein oder anderen "Taschengelds". Levin gibt zu, dass seine Mitarbeiter Informationshonorare zahlen - eine Praxis, die viele US-Medien ablehnen. Die Schnelligkeit hat ihren Preis.

Die Stars freilich sind oft nicht begeistert von der Arbeitsweise der Internetdienste à la TMZ. So tobte Alec Baldwin Jahr über das Promi-Portal: Es hatte den Mitschnitt eines Telefonats veröffentlicht, in dem er wüst auf seine Tochter schimpft. Natürlich ist ein bisschen Klatsch und Tratsch nicht das Ende der westlichen Zivilisation, wie Levin sich zu Recht verteidigt. Höchstens mal das Ende einer Sternchen-Karriere - meistens einer, die zuvor von der Verbreitung intimer Details profitierte. Schließlich sind Paparazzi-Abschüsse in Hollywood nicht nur ein Barometer für die Beliebtheit von Promis, sondern steigern diese zugleich.

Die Regeln der Zone werden mitbestimmt von denen, die in ihr das Glück suchen, die darin leben und sterben - und die darüber lesen und schreiben.

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