Den Film Vater, Mutter, Plastikkind bitte vor dem Lesen-> Nachdenken-> Kommentieren ansehen.
Hier entlang, bitte(der Film ist eine Vice-Produktion, über Vorgeschichte und making-of eine der Produzentinnen, Pia Hellenthal)
Nachtrag 29.5. der link zu Vimeo ist tot, hier entlang zu °Vater, Mutter, Plastikkind° bei Vice.
Die Erfindung der Kindheit als Idealraum von Schutz, Bildung und fehlendem °Ernst des Lebens° ist in unseren Breiten nicht sehr alt, gedanklich gerade mal gut 200 Jahre.
Kinder wurden als unfertige Erwachsene betrachtet, von den Reichen bis zu ihrer Menschwerdung irgendwohin aufs Land gegeben, die Kinder der Armen arbeiteten vor allem ab der industriellen Revolution als praktische kleine Sklaven im Bergbau und der Industrie.
Kinder dienen derzeit als Öl für die Befeuerung der inneren Volksgerichtshöfe und als Munition, um Rechtsstaat und Bürgerrechte zu Klump zu schießen.
Alle 5 Sekunden verreckt irgendwo auf der Welt ein Kind unter 10 Jahren an Armut. In Deutschland, den USA und anderen reichen Ländern macht jedes 3.-4. Mädchen, jeder 5.-7. Junge mindestens eine Erfahrung sexualisierter Gewalt vor dem 16. Lebensjahr, in der großen Mehrheit nicht durch pädophile, sondern durch 'normale' Pädokriminelle, am Haupttatort Familie.
Der Schutz des ungeborenen Lebens findet mehr laut- und überzeugungsstarke Unterstützer als der Schutz geborener Kinder. Kinder in reichen Ländern werden zunehmend selten geboren, in armen Ländern heißen sie Überbevölkerung. Kinder sterben vor allem dort im 5-Sekundentakt, wo sehr viele Kinder geboren werden müssen, damit welche übrig bleiben: um ihre Eltern im Alter zu versorgen, in Ermangelung von Sozialversicherungen, Zugang zu Bildung, sauberem Wasser, ausreichend Nahrung, Gesundheitsversorgung.
Weibliche Föten werden in großer Zahl in vor allem China und Indien abgetrieben, weibliche Kinder getötet, weil sich Familien andernfalls durch die Mitgift ruinieren würden oder weil nur Mädchen Dank der herrschenden Patrilinearität die Familie aussterben ließen.
In Florenz starben zwischen 1755 und 1773 im Ospedale degli Innocenti (ein Äquivalent zur Babyklappe) 10.000 von 15.000 nicht gewollter und dort vor die Tür gelegter Kinder. Im Moskauer Findelhaus überlebten 1967 nur 11 von 1089 abgegebenen Kindern, eine Sterberate von 99%.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war ein Drittel der Fabrikarbeiter in den USA zwischen 7 und 14 Jahren alt, in Preußen wurde 1839 (wegen der schlechten gesundheitlichen Ausstattung der Rekruten) Kinderarbeit unter 9 Jahren verboten und die Arbeitszeit der 10-16jährigen auf 10 Stunden am Tag begrenzt. Bis in die 1950er Jahre wurden Kinder armer Eltern aus Tirol, Südtirol, Vorarlberg, der Schweiz auf Kindermärkten als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft nach Schwaben verkauft, wohin sie zu Fuß wanderten und dort bis 1920 von der Schulpflicht befreit waren.
Über 190 Millionen Kinder in vor allem Asien und Afrika tragen heute mit Erwerbsarbeit zum Familieneinkommen bei. Unter ihnen schätzt UNICEF 1 Million Kinder, die gegen geringes Entgelt sexuell ausgebeutet werden, genaue Zahlen sind nicht bekannt, die Bumsbomber stets gut gefüllt.
Millionen Bewohner reicher Länder liegen auf der Couch, um ihre Kindheiten zu be- und verarbeiten. Kinder werden zum Babyschwimmen und -yoga gekarrt, in Kinderwagen spazierengefahren, für deren Gegenwart man einen gebrauchten Kleinwagen kaufen kann, sie erhalten mit 4 Jahren den ersten Englisch-, mit 6 Jahren den ersten Mandarinunterricht, haben volle Terminkalender, eigene Modelabels nebst Make-up und Parfüm, werden in Miniplaybackshows verheizt, sind modische Accessoires, kommende Leistungsträger.
Wann dämmert eigentlich, daß unsere Kinder- und Selbstbilder im angewandten Scheitern zwischen Ideal und Realität auch und mehr Kinderleid verursachen als z.B. ein Nivea-Werbebild mit Baby und blauem Ball, das Pädophile zur Belassung ihrer sexuellen Präferenz auf der Ebene von Phantasie und Monosexualität benutzen?
FRINGES: Vater, Mutter, Plastikkind
Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind
Wir müssen Pädophile akzeptieren
Bild mit Dank entnommen bei Wikimedia Commons, es stammt von 1942 oder '43, der Urheber ist nicht bekannt, es diente als Teil der Propaganda an der Heimatfront und fand Eingang ins Nationalarchiv der USA.
Kommentare 35
Der Ernst des Lebens hilft immer noch bei der Aufzucht der Kinder in Deutschland, um zu verhindern, daß Tyrannen herangezüchtet werden.
Eltern fürchten sich nicht vor Krankheiten, sondern haben Angst ihre Kinder zu verwöhnen.
Wenn wir die angehenden Eltern fragen, was sie fürchten, das ihrem Baby schlimmstenfalls passieren könnte, dann antworten acht von zehn Eltern nicht, dass es behindert wäre oder gesundheitliche Probleme hätte oder gar bei der Geburt sterben würde, nein, sie fürchten: "dass unser Kind verwöhnt wird".
Die Mutter und ihr erstes Kind (vor 1945 die deutsche Mutter und ihr erstes Kind) von Johanna Haarer ist 1996 zum letzten Mal erschienen.
http://www.zeit.de/2005/29/Kinder_komma__Kinder
http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/notizbuch/deutsche-mutter-johanna-haarer100.html
Lauter einfache, wichtige Wahrheiten, die offensichtlich immer wieder ausgesprochen werden müssen. Danke!
Der Pädophile, der sich ein Kind als Sexualpartner ersehnt, verklärt jedes Kind, das ihm dafür in Frage kommt, was nur bedeutet, dass es nicht als der autonome und besondere Mensch, der es eigentlich ist, anerkannt wird. Genau das gleiche aber geschieht mit all den "Papa's Lieblingen" oder "Papa's großen Hoffnungen", die herausgeputzt und nach dem Bilde von Papas und/oder Mamas geformt werden (sollen). Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von direkt sexuellen Fantasien macht da keinen wesentlichen Unterschied.
Ach ja...stimmt.
Aber am Babyschwimmen an und für sich ist ja nix auszusetzen...ich würde der Kröte sehr gerne eine Kinheit unbeschwert, auf dem Land, mit vielen anderen Freunden,Klopperei, Zusammenhalt, Bauernhof usf. bieten, aber bei uns gibts nur Kleingarten und Straßen, an denen aufgepasst werden muss. Da gibt es kein "erkunden" bis wir im Apfelweg sind, wo keine Autos mehr fahren. An der Straße gibt es die Hand, die gehalten werden muss, oder alternativ Arm, Trage, Karre...
Naja, und wenn ich beim Kinderturnen sehe, wie die Kröte "rennt" (etwas unbedarftes schnelles gehen, richtig rennen ist noch nicht ;-) ) und ruft "leller, leller", dann glaube ich nicht an Termindruck. Er hat ja Spaß. Genau wie beim Schwimmen, dass er seit er ein halbes Jahr alt ist mit Papa machen darf. Und beim Delfi waren wir auch (jetzt sind sie nicht mehr nackt, aber die Delfikumpels treffen sich in einer Spielgruppe)...Alle diese Sachen dienen ja(was mich betrifft) in erster Linie dem Erfahrungsaustausch. Der ist wichtig, wenn es im Freundeskreis keine anderen Mütter gibt.
Meine Schwiegereltern (und auch meine Mutter einmal, aber der hab ich das ausgetrieben) sagen auch öfter mal, wie verwöhnt unser Kind ist...nicht, weil er alles bekäme, was er will, sondern, weil er nie alleine war, wenn er geweint hat, weil er nicht mehr essen muss, wenn er sagt, dass er satt ist, weil er getröstet wird, wenn er sich weh tut (obwohl er ein "er" ist), weil wir seinen (mittlerweile sehr ausgeprägten) Willen respektieren&ihm erklären, wenn Dinge trotzdem gemacht werden müssen (es ist kalt, ergo: Jacke und Schuhe, oder so)...
Aber auch hinter diesen Entscheidungen (zu "verwöhnen") steckt ja eine Ideologie. Davon sind wir nicht frei. Wir haben die Hoffnung, unserem Kind nicht allzuviel Schaden zuzufügen, bis er flügge wird :-)
Sehr gut hat mir das eindringlich geschilderte „Kontrastprogramm“ im vorletzten Absatz gefallen.
...äh, also die Schilderung, nicht das "Kontrastprogramm" selber.
Oh, vielen Dank, liebe Schachnerin!
Den link zum BR in anklickbar und ein paar Zitate daraus: "Versagt auch der Schnuller, dann liebe Mutter, werde hart! Fange nur nicht an, das Kind aus dem Bett herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen." ... "Auch das schreiende und widerstrebende Kind muss tun, was die Mutter für nötig hält, und wird, falls es sich weiterhin ungezogen aufführt, gewissermaßen 'kaltgestellt', in einem Raum verbracht, wo es allein sein kann und so lange nicht beachtet, bis es sein Verhalten ändert." ... und Haarers Tochter: "Ich weiß nicht, ob man wie Hitler damals mit den deutschen Soldaten nach Russland ziehen und sie diesen Katastrophen und Entbehrungen aussetzen hätte können, wenn nicht diese Erziehung dahinter gestanden wäre!"
Für sehr wichtig halte ich die Bewußtmachung, wie weit diese Zurichtungen und auch das dazugehörigen Mutterbild in die Gegenwart ragt. Erst ab den 1980ern änderten sich ja die Kinderbilder und damit auch die Mittel der Erziehung, langsam und allmählich.
Absolut klasse, der Artikel.
Liebste Lieblingsluzieh, ich bin sehr sicher, daß Sie Ihr Kind nicht mit Terminkalendern quälen. Babyschwimmen an sich ist Spitze, es war nur ein mögliches Beispiel für elterliche Zielstrebigkeiten bei der Zurichtung bereits ihrer sehr kleinen Kinder. Nämlich nicht, was Kindern und Eltern Spaß macht, sondern, was Kinder zu später möglichst leistungsbereiten Erwachsenen formt.
Bitte nach Kräften weiterverwöhnen!
Die Verklärung von Kindern ist, glaube ich, eine schwierige Gradwanderung. Ich glaube ja schon, daß Eltern gut beraten sind, ihre Kinder insofern zu verklären, als sie bei ihnen alles für möglich halten. Ohne maßlose Liebe, ohne elterliches Zutrauen und Stolz gibt es keine jungen Erwachsenen, die alles für sich für möglich und grundsätzlich erreichbar halten. Das Erkennen von Grenzen, die Fokussierung der Kräfte und Interessen geschieht ja früh genug.
Der Scheidepunkt ist Egozentrik (im ganzen Gegensatz zu Egoismus). Es geht schief, sich das bessere Ich heranziehen und damit die eigenen Verletzungen in der Kindheit glattbügeln zu wollen. Ebenso geht es schief, sich kindliche Zustimmung oder gar Initiierung sexueller Handlungen herbeizufabulieren.
Für mich liegt ein himmelweiter Unterschied zwischen einer Mutter, die ihre winzige Tochter beim Wickeln auf die Muschi küsst und Schmeckt gut! ruft und einem Pädokriminellen, der das tut, um was Dickes in der Hose zu haben.
Ich weiß nicht was dagen spricht, wenn Sie behaupten "[…] sie erhalten mit 4 Jahren den ersten Englisch-, mit 6 Jahren den ersten Mandarinunterricht, […]". Es gibt einige Kinder, die sehr gerne sehr früh lernen und unausgeglichen sind, wen sie sich langweilen. Schlimm und vor allem egozentisch ist es, seine Kinder zu über- oder unterfordern. Überforderung beginnt z.B. mit dem Spleen vieler Eltern , ihr Kind müsse umbedingt das Abi schaffen und daher unbedingt aufs Gymnasium, obwohl die schulischen Leistungen nicht ausreichen und das Kinde mit Nachhilfe gequält werden muss. Ich habe es letztens einem anderen Blogger geantwortet, der einen Jungen kennt, der unbedingt aufs Gymnasium will, aber nicht "darf", da seine Noten nicht gut genug sind und der nun traurig ist. So ganz verstehe ich das Problem nicht, denn es ist so einfach: ein Kind, dass für das Gymnasium und das Abi geeignet und begabt ist, stregt sich an und bekommt (von sich aus) sehr gute Noten und es ist dann auch kein Problem, die Schule zu wechseln, Klassen zu überspringen oder das Abi auf einem anderen Weg nachzuholen. Egozentrisch ist m.E., wenn Eltern auf auf Förderung von "Kontakten = Vitamin-B" durch Vereine, worauf das kind gar keinen Bock hat, mehr Wert legen und diese mit Sozialkompetenz verwechseln, anstatt den Fokus auf begabungsgerechte Förderung zu legen.
Ein Kind, das […].
Schlimm und vor allem egozentisch ist es, seine Kinder zu über- oder unterfordern. ... Egozentrisch ist m.E., wenn Eltern auf auf Förderung von "Kontakten = Vitamin-B" durch Vereine, worauf das kind gar keinen Bock hat, mehr Wert legen und diese mit Sozialkompetenz verwechseln, anstatt den Fokus auf begabungsgerechte Förderung zu legen.
Sehe ich auch so, die angeführten Beispiele sind: Beispiele (austauschbar). In meiner Kindheit waren das z.B. und u.a. 8 Jahre Musikunterricht mit mehreren Terminen pro Woche, an einem Instrument, das ich nicht leiden konnte, bei einer bösartigen Lehrerin, vor der ich Angst hatte. Weil meine Mutter in ihrer Kindheit keinen Musikunterricht hatte, sich Hausmusik wünschte (zu der es nur unter Strafandrohung kam) und weil die Kinder anderer Eltern auch Musikunterricht erhielten.
Das ist aber kein Argument gegen Musikunterricht, sondern eins gegen den Versuch der eigenen Reinkarnierung und gesellschaftlichen Aufwertung mit Hilfe eigener Kinder.
Aber auch hinter diesen Entscheidungen (zu "verwöhnen") steckt ja eine Ideologie.
Wenn es eine (rein) rationale Entscheidung wäre, würde das stimmen - und die Kalamitäten begännen. Aber es ist doch eher so: Mein Kind schreit, weint, es drückt ein Leiden aus, ich gehe hin, weil ich einen geliebten Menschen nicht leiden lassen kann, und gehe auf seine Bedürfnisse ein. Fertig ist der Lack!
Wenn ich das hinterher noch rationalisiere und für richtig und vernünftig erkenne, ist das gut. Das ist aber nicht die Voraussetzung für elementar menschliches Verhalten.
:-)
Mit 'Verklärung' war natürlich 'Verunklärung' gemeint. :-)
Ah so.
Fertig ist der Lack! ... Wenn ich das hinterher noch rationalisiere und für richtig und vernünftig erkenne, ist das gut.
Das beschreibt auch die feine Unterscheidung zwischen Bedürfnissen und Wünschen...;-)... Ein Kind kann öfter mal den Wunsch haben, den Tisch nicht abzuräumen. Das Bedürfnis ist aber, Teil einer Familie zu sein, in der jede/r Aufgaben übernimmt.
"Ein Kind kann öfter mal den Wunsch haben, den Tisch nicht abzuräumen. Das Bedürfnis ist aber, Teil einer Familie zu sein, in der jede/r Aufgaben übernimmt." Darf ich das zitieren, wenn es soweit ist? Ich hoffe, lange mit dieser Variante durchzukommen: Du kannst Dir aussuchen, was Du machst: entweder den Tisch ab- oder die Spülmaschine einräumen...in der Hoffnung, dass die scheinbare Wahlfreiheit darüber hinwegtäuscht, dass am Ende auf jeden Fall der Tisch abgeräumt ist...
Das sehe ich ähnlich mit der Über- und Unterforderung. Oft stecken dahinter auch die nicht erreichten Träume und Ziele der Eltern. Die dann wiederum auf das Kind projeziert und so verwirklicht werden. Ob nun Geigenunterricht oder Fussballtraining, wenn ein Kind nicht aus eigenem intrinsischen Antrieb heraus daran teilnimmt, wird es schlicht zum Objekt der elterlichen Wunschvorstellungen. Dame von Welt hat es in ihrem Kommentar "Reinkarnierung" genannt. Das ist doch ein treffender Begriff, Eltern sehen in ihren Kindern, ihre eigene Wiedergeburt und wollen demenstprechend all ihre Versäumnisse und gemachten Fehler nicht wiederholen. Dafür muss das Kind dann leiden. Ich habe vor ein paar Wochen den Spielfilm "Black Swan" gesehen, in dem verkörpert Barbara Hershey ein sehr obsessives Beispiel für so ein Elternteil.
Was ihr "...,denn es ist so einfach" betrifft, muss ich ihnen vehement widersprechen. Es hängt beileibe nicht vom allein Kind ab, ob ein Schulwechsel möglich ist und es Zugang zum Abitur erhält oder nicht. Ich würde sogar sagen, dass das Kind häufig den geringsten Einfluß darauf hat. Oft kann ein Kind sich trotz aller Begabung nicht genug anstrengen und konzentrieren, weil die Lebenswelt und damit die Lebensbedinungen es ganz einfach nicht zulassen (wie z.B. die Wohnraumsituation, tägliche Verantwortung für jüngere Geschwister ->resultierender Zeit- und Konzentrationsmangel, etc.). Auch stehen zwischen Kind und Lernerfolg noch die Didaktiker, also die Lehrer und das extrem subjektive Benotungssystem. Dass eine Menge begabte Kinder in diesem "Ellenbogen-Schulsystem" durch die Maschen fallen, weil ihre Begabungen nicht erkannt und gefördert werden und diese dann später von der Gesellschaft als Verlierer stigmatisiert werden ist bekannt. Begabtes Kind strengt sich an, erhält gute Noten und kann problemlos die Schule wechseln, ist wünschenswert, aber nicht der Regelfall. Soziale Mobilität ist leider immer noch ein Ausnahmefall, auch bei den Kindern.
@Dame.von.Welt
Danke für diesen gelungenen Artikel, sehr gern gelesen. Der Film hat mich zunächst etwas verstört zurück gelassen (Zitat "Vater": "Die Echtheit ist einfach die bessere Projektionsfläche. ...Durch diese Echtheit werden doch Prozesse in Gang gesetzt, die so(nst?) vielleicht nicht funktioniert hätten.).
Schönen Gruß an Sie beide, RTF
... Der Film hat mich zunächst etwas verstört zurück gelassen ...
Das genau war mein Plan...;-)... um Prozesse in Gang zu setzen. Danke für Ihr freundliches Feedback, geht auch an Leo A. und Rüdiger Grothues.
Nur kurz, da ich gleich weg muss: " […] Ich würde sogar sagen, dass das Kind häufig den geringsten Einfluß darauf hat. […]. Das sehe ich auch so, nur wo sehen Sie denn Lösungsansätze? Ich sage ja immer, als erste Verantwortliche für ein Kind stehen die Eltern, und keine Erzieher, Lehrer oder Dozenten, denn Verhalten und eigenarten des Kindes entwickeln sich bereits im Kleinkindalter. Wenn die Kinder in die Schule gehen, ist es oft zu spät, was verhalten und Einstellungen betrifft. Es kommt m.E. auf die Haltung der eltern an, denn sie setzen das Kind in die Welt und Sie tragen die Verantwortung. Beispiel: eine Freundin hat ihr erstes Kind mit 43 bekommen. Als sie so über Ihre Gefühle berichtete, meinte sie, Ängste habe sis aufgrund ihres Alters nicht, in der Erziehung etwas "falsch" zu machen, sondern, dass die Kleine, wenn sie Abi mach so alt sei. Auf meine 'naive' Frage, warum sie es denn für selbstverständlich hiete, DASS sie abi mache, kamen mehr als eine ablehnende Reaktionen. Ein andere Bekannter, der seit vier Jahren in Deutschland ist und für seine Sprachkenntnisse von vielen Sewiten gelobt wird, kritisiert unser Schulsystem und "die Deutschen" stehts mit dem Einwurf, dass die Bildung der Kinder Privatsache der Eltern sei und seine Landsleute damit richtig liegen, sich aus den Gründen der Beleidigung (von vor 30 Jahren) zu "parallelgesellschaften". Seltsame egomaische Haltungen. Und stets die (indirekte) Forderung im Hintergrund, andere trügen die Verantwortung für die eigenen Kinder.
Hihi...meine Schwiegermutter sagte über die Kröte, als er zehm Monate alt war: guck mal, wie wach der ist, der beobachtet alles ganz genau....der macht bestimmt mal Abitur!
Ich dachte nur, er ist zehn Monate alt, vielleicht lassen wir ihn erstmal laufen lernen und sagte den Kopf der Kröte tätschelnd: ach wer weiß, vielleicht macht die Kröte ja kein Abi und lernt was Vernünftiges...
Nicht dass es mich nicht interessiert, aber es spielt einfach keine Rolle. Wieso (und die Oma ist damit nicht alleine auf der Welt) kann es nicht einfach so sein, dass ein Mensch, egal, was er will, kann, macht, oder eben nicht immer genau gleich viel Wert ist?
Es sollte die Aufgabe von Eltern sein, den Kindern zu vermitteln, dass sie da sind, und dass sie sie lieben, ganz egal, welche Wege die Kleinen (und Großen) wählen. Weil sie es wert sind geliebt zu werden.
Die Oma hat übrigens etwas entrüstet dreingeschaut und seitdem mache ich immer die eine oder andere "lustige" Bemerkung, wenn sie der Kröte gegenüber Dinge sagt, die ich nicht ganz so dolle finde...wie letztens als sie sagte, dass er keine Ohrringe haben kann, aber wenn er ein Mädchen wäre, dann schon. Ich habe der 14jährigen Kröte dann eine Zukunft als langhaariger Rocker mit gepiercten Ohren prophezeit und Omi war not amused...
Allerdings wollte ich noch sagen: Ihr Kommentar hört sich ein bisschen so an (vielleicht lese ich das falsch) als sollten Eltern ihre Kinder formen wie Knetmasse und wenn die Kinder irgendwann nicht funktionieren (nicht verwertbar sind) sind sie (also die Eltern) die Schuldigen.
Darf ich das zitieren, wenn es soweit ist?
Nicht nur das, Sie können (sollte Ihre kluge Variante an ihr Ende kommen) sehr gern mir allein die Schuld zuschieben...;-)...
Kein Grund, Kinder zu verklären und kein Grund, sie zu missbrauchen. Trotzdem passiert beides. Ob es wohl miteinander zu tun hat? Jedenfalls kann der Hype um jeden neuen Missbrauchsfall oder jeden neuen Verdacht auf Pädophilie misstrauisch machen, dass es um die Sache, die Aufklärung und Prevention von Pädokriminalität, nicht wirklich gut bestellt ist.
Davon abgesehen gibt es keine Sicherheit darin, ob Eltern ihre Kinder angemessen erziehen. Psychische Systeme neigen zu Indeterminismus.
Der Kontakt zu Ihnen bildet enorm, lieber Lethe...;-)... Indeterminismus mußte ich erstmal nachschlagen.
Kein Grund, Kinder zu verklären und kein Grund, sie zu missbrauchen. Trotzdem passiert beides. Ob es wohl miteinander zu tun hat?
Ich komme immer mehr zu genau diesem Schluß. Und zu dem, daß das auch umgekehrt bestens funktioniert, nämlich mit Dämonisierung (wie aktuell Edathy) und der Gefahr, selbst sexualisierte Gewalt gegen Kinder auszuüben. (ähnlich wie beim Konzept Heilige/Hure im Bezug auf Frauen)
Mir erscheinen diese Konzepte als Systeme psychischer Hygiene, die Beschädigungen aus der eigenen Kindheit, deren Nichtaufarbeitung, sexueller Erregbarkeit in der Bandbreite von Voyeurismus bis zu sexualisierter Gewalt und Gutbürgerlichkeit gleichzeitig jonglieren hilft.
Die Eltern haben auch meiner Meinung nach die Hauptveranwortung für die Erziehung (und Bildung) der Kinder. Wenn die Kinder in Schule kommen, ist es von Vorteil, wenn eine gewisse Basis vorhanden ist. Das kann aber eben nicht nur der Kindergarten vorleisten. Und die Schule selbst kann nicht nachholen, was jahrelang vernachlässigt wurde. Zumal Lehrer, auch wenn einige von Ihnen ohne Zweifel pädagogische Fähigkeiten besitzen, in erster Linie eben Didaktiker sind. Sie also primär Inhalte vermitteln und nicht erziehen sollen. Die Realität sieht aber oft anders aus. Ich habe z.B. vor kurzem ein Projekt an einer Schule gemacht, in der die Lehrer mehr als die Hälfte der Zeit damit vebracht haben, für soviel Ruhe zu sorgen, dass die wenigen interessierten Kinder am Unterricht teilnehmen können, Konflikte zu lösen, Prügeleien zu unterbinden (auch während des "Unterrichts"), Sanktionen anzudrohen oder auszusprechen, Probleme mit den Eltern zu klären etc. (und das trotz Sozialarbeiter, der nahezu durchgängig den Unterricht begleitet hat). Mit Stoff vermitteln war da nicht viel. Die Kinder hatten eine Aufmerksamkeitspanne von ungefähr 10 Sekunden, dann waren Sie wieder ganz woanders. Und das liegt eben oft auch an den Eltern, aber auch nicht immer. Wenn Mutter und Vater z.B. beide im Niedriglohnsektor Vollzeit arbeiten müssen, um die Familie zu ernähren und die Kinder tagsüber auf sich gestellt sind, weil sie kein Anrecht auf einen Kita-Platz nach der Schule haben, dann können auch die Eltern nicht nach Feierabend noch viel Erziehung leisten. Aber es gibt natürlich auch die Eltern, die meinen Kindergarten, Schule und Ausbildung hätten die alleinige Aufgabe zu erziehen und zu bilden.
Einen Lösung für das Problem hab ich leider auch nicht parat. Aber fest steht für mich, dass unser Schulsystem, so wie es jetzt ist, nicht bleiben darf. Zu Ideologisch geprägt, die Lehrpläne werden viel zu sehr auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtet. Das ist der Start in eine Zukunft der Kinder und Jugendlichen, die auf ewig fremdbestimmt ist. Was dabei wichtig für das Leben sein könnte, wird vernachlässigt. Dafür werden die Köpfe mit vielen Dingen gefüllt, die mit der Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen wenig bis gar nichts zu tun haben. Individuelle Begabungsförderung ist bisher nur ein leere Worthülse. Ich habe mich vor kurzem mit einer Lehrerin aus einem sog. Brennpunktstadtteil in Hamburg unterhalten, die selbst sagte, dass ihre Schüler den Großteil der Inhalte nie brauchen werden, die Sie vermitteln soll. Dazu kommt, dass einige Schüler gar nicht einsehen überhaupt etwas zu lernen. Sie sehen ihre Eltern, die seit ihrer Geburt von Sozialhilfe bzw. Hartz 4 leben und sagen, denen geht es doch "gut", warum soll ich mir den Stress mit der Schule/Arbeit geben, wenn ich mit meiner Arbeit später nicht wirklich mehr verdiene, als die ohne Arbeit haben. Und sie haben ja nichtmal ganz unrecht, traurigerweise. Die Lehrerin versucht dem zu widersprechen, indem sie den Kindern deutlich macht, dass Sie eben mit Mühe und Einsatz mehr erreichen können, als ihre Eltern, ist sich aber darüber bewusst, dass genau das für die meisten ihrer Schüler eben nicht zutrifft und sie die Schüler somit letztendlich täuscht. Sie hat damit große Schwierigkeiten und ist nicht die Einzige, die so denkt. Dies bedeutet natürlich, dass nicht nur das Schulsystem, sondern auch unsere Vorstellung von Gesellschaft, Leben und Wirtschaft und dessen Gewichtung, enormer Änderungen bedarf (das ist ja ein Thema, welches hier in der FC hin und wieder diskutiert wird ;) ).
ps. das mit dem selbstverständlichen Abitur, kommt mir bekannt vor. Ich fand gut was, Luzieh.Fair dazu schrob: ach wer weiß, vielleicht macht die Kröte ja kein Abi und lernt was Vernünftiges... ;))
wobei die nüchterne Duden-Definition kaum ahnen lässt, welcher philosophiegeschichtlich Abgrund hinter dem Konzept lauert^^
Diese Systeme psychischer Hygiene sind in der Luhmannschen Diktion ein Teil des double binding-Konzepts, mit dem Gesellschaften auf elegante Art Devianz zu vermeiden versuchen. Indem sie Menschen über einen frühen Zeitraum des Lebens hinweg Werte vermitteln, deren Wertigkeit seitens der Indoktrinierten nicht selbst geprüft werden kann, weil ihnen die intellektuellen und psychologischen Mittel dazu fehlen, etablieren diese Werte einen Agenten bürgerlicher Konventionen im Innersten jedes Menschen, der eine übliche Sozialisation durchläuft. Später wird dieser Agent dafür Sorge tragen, dass die guten Bürger bei jedem Tun und Lassen von selbst fragen, ob dies auch sozialkompatibel ist. Mögliche Devianz wird auf diese Weise ohne großartigen Machteinsatz auf ein Minimum reduziert. Man könnte es auch anders sagen: Wir werden üblicherweise frühzeitig domestiziert und denken dann nur noch im Rahmen des Systems, nicht mehr darüber hinaus.
Die Kehrseite besteht im psychischen Rückschlag. Was für immer und ewig im Dunklen bleiben soll, wird mächtig. Bis das double binding bricht. Mit schlechter Laune, Unzufriedenheit, Nörgeln, Streiten, Schimpfen, Schlägen und Misshandlungen. Gegen Frauen, Kinder, Männer, Tiere, was auch immer sich nicht wehrt.
Mehr Kinderbilder: das Unicef-Foto des Jahres und die ehrenvollen Erwähnungen.
Goedzak hat einen sehr lesenswerten Blog geschrieben: Bilderraub
Empfehlen möchte ich auch den Text des vorsitzenden Richters des Bundesgerichtshofs Thomas Fischer: Bitte entschuldigen Sie, Herr Edathy
Ich denke die ganze Zeit darüber nach, welche Rolle von sexualisierter Gewalt in der Kindheit Betroffene in diesem gesellschaftlichen Übereinkommen spielen °könnten°, die sind und bleiben ja nun oft deviant. Der springende Punkt scheint mir, ob sich (nach üblen Erfahrungen->Angst naheliegend) dem Agenten bürgerlicher Konventionen unterworfen wird oder nicht.
Ich mache mich mal (ins Unreine, mich interessiert Ihre Meinung dazu) über Ihren letzten Absatz her:
Die Chance besteht im psychischen Rückschlag. Was für immer und ewig im Dunklen bleiben soll, wird mächtig. Bis das double binding bricht. Mit Unzufriedenheit kommt Bearbeitung der eigenen Geschichte, kommen Wahrnehmung, Worte, Widerspruch, Fakten. Gegen eine Gesellschaft, die ignoriert, ausgrenzt, vereinnahmt, zurechtstutzt, mißbraucht.
Ich glaube immer mehr, daß ich es beinahe Glück nennen muß, so schwere Gewalterfahrungen gemacht zu haben, daß ich sie bearbeiten mußte und nicht beim Agenten hängen bleiben konnte. Gleichzeitig werden so die Aggressionen gegen Betroffene erklärlicher, schließlich stören sie das gesellschaftliche Hygiene-Abkommen.
Um zum Thema zurück zu paddeln: wehe, jemand wehrt sich gegen das Bild, daß sich andere gemacht haben.
Ich glaube immer mehr, daß ich es beinahe Glück nennen muß, so schwere Gewalterfahrungen gemacht zu haben, daß ich sie bearbeiten mußte und nicht beim Agenten hängen bleiben konnte.
Damit formulieren Sie aus meiner Sicht einen zentralen Aspekt des Gebrochenseins. Denn das ist es ja, zu was Misshandlung führt. Misshandelte Menschen sind gebrochen, was bedeutet, dass alle bürgerlichen Gewissheiten ihnen ungewiss sind.
Ob diese Gebrochenheit zu einer anderes grundierten Art innerer Stärke führt, hängt m.E. hochgradig von den betroffenen Individuen ab - manche werden in mühsam kaschierter Pauschal-Devianz hängenbleiben, manche werden ihre Selbstwertigkeit jenseits aller Konventionalität entdecken. Letzteres zu erreichen wäre eine sinnvolle - weil machbare - Aufgabe für spezialisierte Psychotherapeuten (wobei mir immer die Aussage eines befreundeten Psychotherapeuten im Ohr klingelt, der sinngemäß meinte, ein guter Freundeskreis ersetze jede Psychotherapie^^). Natürlich darf der Therapeut zu diesem Zwecke nicht selbst Furcht vor freien Menschen empfinden. Letzlich ist das aber eine meiner wenigen Grundüberzeugungen: nur gebrochene Menschen haben die Chance auf innere Freiheit. Die Chance, nicht die Garantie.
Gleichzeitig werden so die Aggressionen gegen Betroffene erklärlicher, schließlich stören sie das gesellschaftliche Hygiene-Abkommen.
Oder abermals in Luhmannscher Diktion: Gesellschaft speit aus, was sie nicht assimilieren kann. Unter anderem daher innen Distanz und außen Mimikry ...^^
wehe, jemand wehrt sich gegen das Bild, daß sich andere gemacht haben.
Ja. It´s all about attributions^^
anderes anders
Gerne alles gelesen.
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Danke, lieber Lethe. Für °Letzlich ist das aber eine meiner wenigen Grundüberzeugungen: nur gebrochene Menschen haben die Chance auf innere Freiheit. Die Chance, nicht die Garantie°, dafür, daß Sie in der FC präsent sind und für Ihre beiden Kommentare andernorts.
Auf der Titelseite der Süddeutschen ist gestanden, daß schreienlassen Babys schadet.
Heute weiß man, dass Kinder auf diese Weise frustriert werden. "Sie lernen früh, auf ein Notfallprogramm im Gehirn umzuschalten, das analog dem Totstellreflex bei Tieren dem Überleben in absoluter Todesbedrohung dient", sagt Brisch. Das Gehirn entwickelt sich nicht gut, und das Kind lernt nicht, mit Stress umzugehen.
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/wenn-babys-schreien-liebe-statt-kuechenpsychologie-1.1984711
Michael Tsokos, Leiter der Rechtsmedizin an der Charité, sagt, daß die größte Gefahr für Kinder von der Familie ausgeht.
http://derstandard.at/2000002116181/Es-gibt-furchtbar-schreckliche-Eltern
Auf dem Land wurde die Kindheit spät erfunden.
Ab Seite 12
http://www.freilichtmuseum.com/tl_files/media/downloads/6_Schulen/Laendlicher_Alltag.pdf