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#ohlauer Reblog eines Gastbeitrags von "Zwangsräumung verhindern" bei "Kotzendes Einhorn"

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#Ohlauer – Ein Protokoll vom Bündnis Zwangsräumung verhindern

Von Bündnis Zwangsräumung verhindern • 26.06.2014

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Schon komisch, dass bei einem Umzug über 1.000 zum Teil schwerbewaffnete Polizist*innen gebraucht werden.

Am Dienstag, den 24.6. begann die Räumung der seit eineinhalb Jahren von Geflüchteten besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße in Berlin Kreuzberg. Moment, Räumung? Fragt man Kreuzbergs Grüne Bezirkspolitiker*innen und deren Sprecher*innen, handelt es sich bloß um einen Umzug, aus freien Stücken. Nur komisch, dass es dazu rund 1.000 teils schwer bewaffnete Polizist*innen bedarf. Aber erst mal der Reihe nach:

Sonntag, 22.6.: Bezirksbaustadtrat Panhoff (Grüne) in Schule, verkündet „Umzug“ und Deals, wie man sie schon von der Oranienplatzräumung kennt: Unterkunft für 6 Monate, Einzelfallprüfung der Asylanträge.

Dienstag, 24.6.: Morgens beginnt die Polizei mit Großeinsatz rund um die Schule. Umzug? Wohl eher Belagerung/Räumung. Chaos in der Schule, alles wird abgeriegelt, ca. 400 Unterstützer*innen vor Ort. In der Schule wird offenbar Benzin ausgeschüttet – außerdem sind einige Geflüchtete aufs Dach gestiegen und drohen, sich im Falle einer Räumung herunterzustürzen, während Polizist*innen mit Handfeuerwaffen durch die Schule laufen. Abends findet eine Spontandemonstration statt. Bis 21.30h sind alle Geflüchteten (über 200), die sich auf Listen haben eintragen lassen und den Deal angenommen haben sowie einige Roma-Familien mit Linienbussen in Unterkünfte gebracht worden. Roma-Familien werden weit außerhalb der Stadt in Hohengatow untergebracht. Etwa 30 Menschen sind auf dem Dach der Schule (inklusive Presse) und 40 in der Schule, die unter Belagerung der Polizei nicht raus können, kein Essen o.ä. empfangen können und zu denen keine presse hineingelassen wird. Die Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann hat sich bis dahin noch überhaupt nicht geäußert – nicht nur das, die Abgeordnetenhaus-Fraktion der Grünen genehmigt sich auch in unmittelbarer Nähe auf ihrem Sommerfest das ein oder andere Glas Sekt. Dabei müssen sie sich einige Male stören lassen von ungebetenen Gästen.

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„Wir brauchen hier und heute keine Presse.“ Das sagte Bezirksbaustadtrat Panhoff am Dienstagmorgen, als Pressevertreter in die Schule wollten, um sich selbst ein Bild zu machen.

Mittwoch, 25.6.: Regen. Eine organisierte Pressekonferenz mit den Geflüchteten wird von der Polizei verhindert – sie kann dank Übertragung per Skype und Handys doch stattfinden. Währenddessen halten Bezirksbürgermeisterin Herrmann und Berlins Sozialsenator Czaja ganz ungestört eine Pressekonferenz in der Oranienstraße ab, in der sie den Einsatz in der Schule rechtfertigen und herunterspielen. Unterstützer*innen besetzen das Büro von Herrmann und fordern sie auf, selbst mit den Leuten in der Schule zu sprechen, die Bezirksbürgermeisterin ruft die Polizei. Im RBB spricht sie am Abend ganz gelassen von einem freiwilligen Umzug. In Brüssel machen Refugees vom „March for freedom“ ein Solidaritäts-Sit-In vor der deutschen Botschaft. Die Antwort der Polizei: Festnahmen, mehrere Aktivist*innen werden brutal verprügelt, festgenommen und werden mit Abschiebung bedroht. Auf einer Demo solidarisieren sich 500 Menschen mit den Leuten in der Schule. Die Polizei kanns nicht lassen und greift sich wahllos einige Leute aus der Menge. Es gibt Festnahmen. Die Leute in der Schule harren weiter aus und warten auf Verhandlungen mit Entscheidungsbefugten.

Donnerstag, 26.6.: Mittags gehen Nachrichten herum, dass die Polizei plant, in die Schule zu gehen. Sitzblockaden Ohlauer- Ecke Reichenberger Straße. Verpflegung für die ausharrenden Geflüchteten wird endlich durchgelassen, aber keine Presse. Ein Supporter wird vorübergehend festgenommen, als er nach Pressegespräch am Zaun zurück in Schule will. Innensenator Henkel und Bezirksbürgermeisterin Herrmann verhandeln am späten Nachmittag im Bezirksamt. Geflüchtete auf dem Dach bleiben dabei: Wenn Räumung, dann springen sie. Infopunkt und -telefon sind eingerichtet: http://twitter.com/OhlauerInfo und 017697528414 für sichere Infos.
Eine Pressekonfererenz, bei der die Presse verlangt, mit den Geflüchteten selbst zu sprechen, eskaliert und endet in einer Festnahme.

To be continued…

Was wir von dieser Politik halten:

Während die Reaktion des Bezirks auf die Besetzung der Schule anfangs halbwegs gelassen war – sie haben zwar nichts zur dürftigen Infrastruktur der Schule beigetragen, sich aber zunächst auf eine Duldung eingelassen – wird seit einigen Wochen schon Stimmung gegen die Schule und ihre Bewohner*innen gemacht. Jetzt sollen sie mit der gleichen als „Angebot“ getarnten Drohung wie vom Oranienplatz geräumt werden. Dabei ist längst klar geworden, dass diese Angebote quasi nichts bedeuten. Geflüchtete vom Oranienplatz, die sich auf den Deal mit dem Senat eingelassen hatten, wurden aufgegriffen, in Lager zurückgeschickt und in Abschiebehaft gesteckt, obwohl abgemacht war, die Abschiebungen während der Prüfung der Einzelfälle auszusetzen. Das zeigt: Das einzige, worauf sich die Besetzer*innen verlassen können, ist, dass ihnen die Polizei auf den Hals gehetzt wird.
Die Grüne Partei hat zur Europawahl ihren Wähler*innen versprochen, die Rechte von Flüchtlingen zu stärken und ein „Europa, in dem niemand untergeht“ zu schaffen.

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So grün ist es seit Dienstag in Kreuzberg.

Vom Kampf von Geflüchteten vor der eigenen Haustür wollen die Grünen aber lieber nichts wissen – schlimmer sogar, sie versuchen sie mit martialischem Polizeiaufgebot und fadenscheinigen “Angeboten“ aus Kreuzberg zu drängen.

Warum wir die Besetzer*innen unterstützen:

Die Geflüchteten sind von Isolation und Diskriminierung aus den Lagern in ein selbstvewaltetes Zentrum gezogen, in dem sie zwar nicht unter guten Bedingungen, aber doch wenigstens selbstbestimmt leben können. Mit der Besetzung vom Oranienplatz und der Schule sowie dem öffentlichen Protest haben sie Aufmerksamkeit auf die skandalösen Bedingungen, unter denen Geflüchtete in Deutschland leben müssen, gelenkt. Die Ursachen von Flucht und Migration haben sie dabei von Anfang an deutlich gemacht: „Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört.“
Wir erklären uns solidarisch mit ihrem Kampf für Freedom statt Frontex, für Bleiberecht für alle, gegen die Residenzpflicht und Unterbringung in Lagern: Wir fordern ein bedingungsloses Recht auf Leben und Wohnen für alle in einer Stadt für alle! Keine Räumung nirgends! Unterstützt den Kampf der Refugees und helft, ihn weiter sichtbar zu machen!

Bündnis Zwangsräumung verhindern
http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/
http://de-de.facebook.com/zwangsraeumungverhindern
Nachbar*innen der Gerhart-Hauptmann-Schule

Sign.

Ausführliche Chronologie ab 24.6.

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