Dunja Hayali - Kriegseinsatz reloaded?

Bundeswehr in Mali Sinn oder Unsinn? Nach dem krachend gescheiterten Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan beginnt in Mali ein neues Kapitel. Wann wird daraus ein Kampfeinsatz?

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Sinn oder Unsinn – die Auslandseinsätze der Bundeswehr in Kriegs und Krisengebieten waren Thema in der Talkshow von Dunya Hayali. Aus der geplanten Konfrontation von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit dem Oppositionsführer der Linken Dietmar Bartsch wurde jedoch nichts. Ihre vorangegangene Malireise bescherte der Ministerin Fieber.

So blieb es zum Auftakt zunächst bei einem Einspieler der Redaktion. Dunja Hayali hatte einge Tage beim Einsatzkontingent in Gao verbracht. Die Bilder aus dem Camp und von Patrouillenfahrten erinnern stark an die Situation zu Einsatzbeginn in Afghanistan.

Eine aufgeschlossene Bevölkerung, engagierte Soldat_innen, Ausrüstungsmängel - aber vor allem: kein erkennbares politisches Ziel. Es ist ein Beitrag, der sicher den Soldat_innen und deren Angehörigen gefällt, weil er die Arbeit zeigt, aber leider wenig Kritik an der politischen Konzeption übt. Und die wäre angebracht, denn es ist absehbar, dass hier wieder einmal nur kurzfristig und nicht nachhaltig agiert wird.

Mit Nariman Reinke saß eine aktive Soldatin in der Runde, die Dietmar Bartsch mit zahlreichen Anwürfen überzog, die aber leider von wenig politischem Verständnis zeugten. So meinte Reinke, der Einsatz in Afghanistan sei zu früh beendet worden. Sie verkennt, dass die Reduzierung der Truppen letztlich mit der Regierungsmehrheit beschlossen wird, die auch die politische Zielrichtung vorgibt.

Reinke verkörperte mit ihrem Auftritt ein typisches Verhalten von Soldat_innen. Die Ablehnung von Kriegseinsätzen der Bundeswehr wird persönlich genommen, die Linkspartei als weltfremd und ideologisch verblendet abgelehnt. Doch Dietmar Bartsch gibt der Soldatin recht, wenn es um die Beseitigung von Fluchtursachen in Mali geht. Der Politiker merkt aber auch an, dass es neben Mali noch zahlreiche andere Länder in Afrika gibt, wo Fluchtursachen beseitigt werden müssten. Für Bartsch steht beim Einsatz in Mali das Interesse an Rohstoffen, wie Uran im Vordergrund.

Reinke zeigte wenig Kenntnis der politischen Realität, in der die Regierung die Einsätze mit ihrer Mehrheit anberaumt und Kritik daran gewöhnlich abwehrt, negiert oder pauschal zur Sicherheitsgefährdung erklärt.

Daraus die "der Soldaten-Job ist hart - dankt uns gefälligst"-Zuspitzung zu machen geht am Kern des Problems meilenweit vorbei. Statt Bartsch anzugehen hätte Frau Reinke darauf hinweisen können, dass "der harte Job" viele Versorgungsfälle schafft, die die Bundeswehr nicht zeitgerecht versorgen kann - 25 Jahre nach Beginn der Out of Area Einsätze.

Wer die Medien nach Bildern von Frau von der Leyen mit "Veteranen" bzw. einsatzgeschädigten Soldat_innen durchsucht, stellt schnell fest, dass Sie das Thema in der bisherigen Amtszeit vermieden hat. Das ist ebenso kritikwürdig, wie fehlende Klimaanlagen.

Nachhaltigkeit? Fehlanzeige!

Auf den Punkt gebracht hat Dietmar Bartsch dann die Interessen hinter dem Malieinsatz bei dem es um Schutz der Uranvorkommen und den Stopp der Flüchtlingsbewegungen geht, nicht aber darum an den Lebensbedindungen der Bevölkerung etwas dauerhaft zu verbessern.

Wenn es primär nur um den Uranaspekt geht, reichen die 13.000 Soldaten der MINUSMA wohl aus, die derzeit auf 1,2 Mio km² in Mali agieren. Der internationale Einsatz in Afghanistan hatte in der Spitze (Quelle Wikipedia) rund 130.000 Soldaten auf 650.000 km² und wurde mittlerweile auf ca. 13.000 reduziert. Das Kosovo, in dem der Einsatz mittlerweile 18 Jahre andauert hatte in Spitzenzeiten 50.000 Soldaten auf einer Fläche von 10.000 km².

Alle drei Einsätze haben gemein, dass sich die Soldatenkontingente aus einem Wirr-Warr von Nationen zusammensetzen, das Energie in der Koordinierung frisst (im Bundeswehrjargon "Stabsarbeit" genannt) und letztlich wenig Wirkung entfalten kann, weil der Kontakt zur Bevölkerung nur in homöopathischen Dosen erfolgt.

Einen dauerhaften Schutz vor Rebellengruppen kann die internationale Gemeinschaft damit nicht gewähren. Der Einsatz in Afghanistan zeigt, dass von der kurz- bis mittelfristig erreichten Sicherheit nicht viel bleibt. Seit Jahresanfang sterben monatlich dutzende Menschen bei Anschlägen in Afghanistan.

Es bleibt zu hoffen, dass es mehr Kritik an diesem Einsatzkonzept gibt, das sich in Afghanistan nicht bewährt hat und letztlich nur die Kolonialkriege auf den Stand des 21. Jahrhunderts bringt. Der Schritt von einer Unterstützungsmission hin zu einem Kampfeinsatz dürfte auch in Mali nicht lange auf sich warten lassen.

Zur Sendung vom 02.08.2017 - Thema ab 24:00 min

Hinter den Kulissen:

Das Redaktionsteam hatte mich am Dienstag (25.07.2017) kontaktiert. Das Thema wackelte kurz unter der Aktualität (Tiger-Absturz), wurde aber letztlich am Montagnachmittag bestätigt. Es gab mehrere Telefongespräche mit der betreuenden Redakteurin/Producerin. Dank des ZDF-Fahrdienstes kam ich trocken bis ins Studio, wo wenige Minuten vor Sendungsbeginn noch das Mali-Thema von Position 1 der Sendung auf Position 2 wanderte, weil Frau von der Leyen ein "Urlaubsandenken" aus Mali mitgebracht hat und sich sichtlich mit Fieber plagte. Bleibt zu hoffen, dass Sie es zu den Beerdigungen der beiden in Mali verunglückten Soldaten schafft.

Dunja Hayali kann ich als Gastgeberin nur empfehlen und es ist schade, dass sie das Format nur in der Sommerpause hat und gegen einen etablierten Sendeplatz von SternTV antreten muss, der sicher Quote klaut.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Daniel Lücking

Journalist - verfolgt den 1. Untersuchungsauschuss des Bundestags zum Attentat am Breitscheidplatz vom 19.12.2016

Daniel Lücking

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden