Anmerkungen zum Populismuskurs der BündnisGrünen
Als Linker rechne ich mit Populisten und Demagogen vor allem im rechten Milieu. Aber es gibt sie auch in der linken und alternativen Szene. So erinnere ich mich an Oskar Lafontaine, als er noch für die SPD in den neuen Bundesländern Wahlkampf machte. Um ausländerfeindliche Ostdeutsche für sich zu gewinnen, sprach er in Zusammenhang mit unseren (türkischen) Zuwanderern von "Fremdarbeitern". Jetzt hoffen die BündnisGrünen in Baden-Württemberg, mit Hilfe populistischer Parolen zweitstärkste Partei in diesem konservativen Stammland zu werden. Das soll "Stuttgart 21" möglich machen. Ein Projekt, das unter der rot-grünen Bundesregierung in den allgemeinen Verkehrsentwicklungsplan übernommen wurde.
Ein kurzer Rückblick
Als die Eisenbahntrasse das beschauliche Neckartal zerstörte, werden es viele Schwaben bedauert haben. Aber die Eisenbahn bedeutete auch den Anschluss an die große Welt. Freilich musste man Geduld mitbringen, bis im Sackbahnhof die Lokomotiven ausgewechselt waren. Deshalb wurde hier wie in Leipzig oder in Frankfurt bis hin nach Wien immer wieder diskutiert, den Bahnhof unter die Erde zu verlegen und ihn zu einem Durchgangsbahnhof zu machen.
Seitdem man Züge vorne und hinten mit einer Zugmaschine ausrüstet, spielt das Zeitargument keine Rolle mehr. Kein Frankfurter möchte heute noch seinen alten Bahnhof loswerden. Ganz anders sieht es in Wien aus, wo er zurzeit unter die Erde verlegt wird. Neugierig verfolgen die Menschen von einem Aussichtsturm die Arbeiten in der riesigen Baustelle. Wo zurzeit noch Gleise zu sehen sind, wird es demnächst Parks und neue Plätze geben. Bisher hat man den Kostenplan von ca. 250 Millionen Euro eingehalten.
Warum Kritik an "Stuttgart 21" berechtigt ist.
Der schwäbische Traumbahnhof soll 2,3 Milliarden Euro kosten. Man geht von einer Bauzeit von zehn Jahren aus. Wien hat den Vorteil, im breiten, sandigen Donautal zu liegen. Um aus dem Neckartal nach Ulm zu kommen, muss man den schweren Sandstein der Schwäbischen Alb durchbohren. Wer Anschluss an die großen Eisenbahnverbindungen haben möchte, fährt besser gleich nach Frankfurt. Statt Milliarden in eine Nebenstrecke zu investieren, sollten lieber die "Schwachstellen" auf den großen Strecken beseitigt werden.
Mit den ersten Abrissarbeiten wurde vielen Stuttgartern bewusst, dass sie lange Zeit auf ihre gemütliche Innenstadt werden verzichten müssen. Und das, um zwanzig Minuten früher in Ulm anzukommen. Viele sehen jetzt die alten Bäume im Schlossgarten neu, die schon ihre Urgroßeltern bewundert hatten.
Sicher wird es einmal neue Grünflächen und Plätze geben. Aber davon werden erst die nächsten Generationen profitieren. Angesichts immer neuer Katastrophenmeldungen zweifeln immer mehr junge Leute, dass unser Planet Erde noch eine Zukunft hat.
Der Protest gegen das Großprojekt führt Menschen aus unterschiedlichen Generationen zusammen. Die Betreiber von "Stuttgart 21" mussten eine Marketing-Firma damit beauftragen, im Internet eine Befürworter-Szene zu simulieren.
Die Last einmal getroffener Entscheidungen
Auch die rot-grüne Bundesregierung fand dieses Großprojekt gut. Alle Planungsschritte sind demokratisch kontrolliert erfolgt und ohne auf großen Protest zu stoßen. Würden BündnisGrüne und SPD dank einer Mehrheit im nächsten Landtag den Ausstieg beschließen, müssten sie sämtliche Haushaltsmittel für dann fällige Entschädigungen aufwenden. Den Menschen einzureden, ein völliger Ausstieg sei noch möglich, ist reiner Populismus.
Die Deutsche Bahn könnte noch am ehesten auf dieses Prestigeprojekt verzichten. Aber die Bau- und Immobilienwirtschaft haben schon viel zu viel Fantasie und Geld investiert, um noch klein beigeben zu können.
Um nicht selbst den "Schwarzen Peter " übernehmen zu müssen, fordern die BündnisGrünen eine Volksbefragung. Ginge es um den Bau neuer Moschen, würde man nicht so schnell das "gesunde Volksempfinden" ins Spiel bringen. Volksentscheide werden meist nur dann hochgejubelt, wenn sich eine Partei davon eine Imageaufbesserung verspricht.
In meiner fränkischen Heimatstadt Dinkelsbühl träumte man seit Jahrzehnten von einer Umgehungsstraße. Jetzt kann sie dank des Drucks der Speditionslobby gebaut werden. Sie hofft, dann autobahntransitgebühren einsparen zu können. Die geplante Trasse würde für eine furchtbare Schneise durch den Stadtwald sorgen. Deshalb hat sich eine Mehrheit im Stadtrat gegen dieses Projekt ausgesprochen.
Seine Befürworter bestanden auf den in Bayern möglichen Volksentscheid. Über 60 Prozent der abgegebenen Stimmen entschieden sich für die geplante Umgehungsstraße. In den letzten Jahrzehnten waren die umliegenden Dörfer eingemeindet worden. Dadurch hat sich die Einwohnerzahl von Dinkelsbühl fast verdoppelt. Diese Menschen vom Land haben den bedrohten Stadtwald nie kennen und lieben gelernt. Für sie zählt nur das Argument, dank der Umgehung eine der benachbarten Autobahnen fünf oder zehn Minuten schneller erreichen zu können.
Es ist nicht ohne Risiko, den Naturschutz oder andere sensible Fragen Volksentscheiden zu überlassen.
Geschrieben von
Daniel Schneider

Kommentare 5
@Daniel Schneider
Als Linker rechne ich mit Populisten und Demagogen vor allem im rechten Milieu. Aber es gibt sie auch in der linken und alternativen Szene.
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Schön wäre es auch, wenn Sie mit ALLEN politisch motivierten Gewalttätern, egal ob von links oder rechts, abrechnen würden! :-)
In Stuttgart herrscht Biedermeierstimmung, die vor allem von den Grünen begrüßt wird. Die Grünen sind strukturell eine genauso konservative Partei wie alle anderen Parteien auch, wenn nicht noch konserativer. Sie wollen mir andauernd erzählen, dass diese Welt schön sein kann - ohne moderne Technik, ohne Globalisierung, aber dafür mit gesundem Essen und 'zig Mülleimern vor dem Haus. Das Schlimmste für diese "Grünen" wäre doch, dass sie die Wahl in BW gewinnen und den Leuten dann erklären müssten, was ihre wirkliche Politik sein wird. Davor sollten manche mehr Angst-Anwallungen bekommen, als vor dem Absägen von Bäumen.
Übrigens würde eine Nebenstrecke zu einem Bahnhof zwischen Flugplatz und Hauptbahnhof wohl ein Viertel von dem eines unter-erdischen kosten. Das Firmen wer weiß viel investiert haben ist kein Argument. Jeder weiß heute wie Ausschreibungen abgewickelt werden. In diese Richtung zu argumentieren würde wahrscheinlich Tür und Tor zu einer endlosen Kette von Bestechungsskandalen und "Enthüllungsgeschichten", sprich Schlammschlachten führen. Mit der Konsequenz das die ehemaligen und jetzt verantwortlichen Politiker ihr restliches Vertrauen verschießen werden. Außerdem ist dieser MP noch gar nicht so lange im Amt, das er für alles haftbar gemacht werden kann!
Das die "Grünen" auch noch ein Plebiszit wollen macht deren Hang zum Populismus vollkommen deutlich. Volksabstimmung in jedem anderen europäischen Land, - ABER NICHT IN DEUTSCHLAND!!! Deutschland hat das Recht auf Volksabstimmungen verwirkt. Basta. Nie wieder! Schluss. Der dumme Glaube das Volksabstimmungen mehr Bürgernähe bedeuten haben viele mit ihrem Leben bezahlt.
Im übrigen rate ich Interessierten einmal sich nach Alternativen umzusehen. Ich fahre mit dem TGV 700 km in etwas mehr als 2 Stunden und der TGV hält jede smal in neu, extra für den TGV gebauten Bahnhöfen die etwas außerhalb der Stadtzentren liegen, aber dann mit Bussen und Bahnen an den örtlichen Nahverkehr angeschlossen sind.
Grüne an die Macht. Dann werden wir richtig gründlich schwarz regiert.
Jeder politikwissenschaftlich auch nur "Halb- Gebildete(Demokrat ! ) weiß seit Langem, dass auch demokratische Wahlverfahren (aus mathematischen Gründen) NICHT in der Lage sind die Willenslage eine Bevölkerung MATHEMATISCH korrekt quasi eins zu eins parlamentarisch abzubilden.Der Philosoph Karl Popper gab deshalb (und wegen des Koalitionszwangs mit der kleinen 3. Partei) dem (britischen) "Zweiparteiensystem" theoretisch den Vorzug.Er meinte, es genüge, "schlechte Politik (er)" mit Sicherheit nach einer gewissen Zeit abwählen zu können.
Dass Volksentscheidungen auch mal anders ausgehen können, als man aus dem ersten "Bauchgefühl heraus geglaubt hat, scheint manchen von uns Linken (und Grünen)
erst allmählich langsam aufzugehen. Aber auch dann - oder gereade dann sind sie legitim.
Linke und Grüne habe ich hier getrennt aufgeführt, denn in so manchem grünen Kopf scheint so eine blutfreie "Blut und Boden- Ideologie herumzuschwirren - etwa nach dem Muster: "Die Natur braucht Lebensraum - egal , ob im Osten, (Westen oder Süden) Menschen scheinen da manchmal generell im Wege zu sein.
Ganz besonders warnen möchte ich vor der rhetorischen Masche, so zu tun, etwas sei doch selbstverständlich, um sich davor drücken zu können, rationale Argumente vorlegen zu müssen.Dies betrifft auch Daniel Schneider mit seiner leider im Textabschnit völlig unbelegten "Nahelegung" dass eine "furchtbare" ! Schneise im Stadtwald immer und allemal schlimmer als seine Umgehungsstraße sei.
Freundliche Grüße
little Louis
Das glauben Dir die Grünen niemals! Die merken doch gar nicht mehr das sie sich selbst was vormachen und halten sie ein paar Alibi-Linke wie Tiere im Zoo damit ein paar Linke Hippies die immer noch mit denen liebäugeln sich nicht auch noch von ihnen abkehren.