Ein Rest Medienwelt?

Die Zukunft verpennt nach vorgestern? Demokratie ausverkauft und Print stirbt?

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Ihre Freitag-Redaktion

Schlimm genug, dass wir in herrschaftsgeprägten repräsentativen Scheindemokratien leben, es gibt keinen – wirklich keinen Grund, weshalb die Medienwelt diesen verkehrten Machtapparat vornehmlich männlich geprägter Dominanz auch noch spiegeln und strukturell reproduzieren müsste. Es gibt auch keinen Grund, weshalb die Restmedienwelt (Print, TV, Rundfunk…) die virtuelle Wende weiterhin versäumen und auf den partizipationslosen Modellen der Programmpolitik von vorgestern sitzen bleiben müsste.

von heute auf vorgestern – verschlafen

Sitzen geblieben – die Restmedienwelt ist sitzen geblieben auf längst veralteten und überholten Ansätzen von anno dazumal und verschläft die Zukunft von heute auf vorgestern. Wieso öffnen sich die Printmedienkonzerne und die Fernseh- und Rundfunksender nicht für webbasierte und lebendige demokratische Formen der Partizipation und Mitgestaltung? Mitgestaltung meint Gestaltung über die Kommentarfunktionen, welche an den überholten Leserbriefschemata hängen blieben, hinaus – hin zur aktiven demokratischen Beteiligung der Rezipienten/innen als Medienschaffende. Wieso bleiben die Sendeformate und Printformate dem ewig gestrigen Ansatz der geschlossenen Formate in der bevormundenden Attitüde der Programm(vorgabe)politik gegenüber den Rezipienten/innen verhaftet? Wieso werden die Formate nicht geöffnet? Wieso bleiben die Medien (mit TeilAusnahmen in der neuen Medienwelt) überholten hierarchischen Organisationsformen verbunden und öffnen sich nicht basisdemokratischen Ansätzen? Der Freitag, könnte, wenn er unter der Rubrik „Mitschreiben“ nicht im Blog- mit Leser/innenkommentarzeilenansatz verhängen würde - und dem kommunizierten Gedanken einer Community, die sowohl im Netz als auch jenseits des Netzes herrschaftsfreien Diskurs lebt und gestaltet, gerecht werden würde, zu einem Protagonisten der künftigen Medienwelt und Gesellschaft werden.

Demokratie ausverkauft und Print stirbt? Über Politikverdrossenheit und Medienverdrossenheit

Es braucht neue Formen, neue Ansätze. Es braucht den Ausbruch aus der medienmitverursachten und politikverschuldeten Abdrängung der Bürger/innen bzw. der Menschen in die Unmündigkeit. Die Menschen sind nicht unmündig, sondern werden häufig ausgeschalten und exkludiert und zu einem angepassten Konsumenten/innen- und User/innendasein formal gezwungen, weil partizipative Formen der Mitgestaltung strukturell oft außen vor gehalten werden. Politikverdrossenheit und Medienverdrossenheit (die Unlust Zeitungen zu kaufen etc.) haben ähnliche Wurzeln und zugleich andere Ursachen als die meisten zu wissen glauben. Die Leute sind nicht aus Dummheit (wie viele Politiker/innen und Medienleute überheblich meinen und in freudschen Versprechern oft unfreiwillig offenbaren (oder auch ganz unverhohlen äußern (im wahrsten Sinne des Wortes) - unsere Kanzlerin stören die Bürger/innen sogar bei der Politik)) politikverdrossen und medienverdrossen (die klassischen Printformate spüren es bereits), sondern aus gutem Grund: die Menschen sind es leid, leid, leid, leid, leid von Parteien mit Programmen und Rezepten und (alten und neuen) Abstimmungs- Gestaltungsmodellen (die Piraten sind keineswegs in jeder Hinsicht rezeptfrei) bevormundet und abgespeist zu werden, sind es satt zu Zeugen/innen archaischer Machtspiele aus vorgestrigen Zeiten zu werden und sie sind eine MainstreamMedienmache satt, die nach stupiden und sturen Mustern gestrickt ist und dabei Wiederholungszwängen unterliegt. Ein Thema wird nach dem anderen verkürzt und banalisiert abgegrast. Und wenn man eine Zeitung kauft, hat man (fast) alle gekauft, weil der bzw. die halbwegs intelligente Leser/in ist in der Lage durchzudeklinieren, was die thematischen Iterationen vor der jeweiligen Hintergrundsfolie der unterschiedlichen weltanschaulich ausgerichteten Blätter in Variation bedeuten. Was in den Medien seriell abgehandelt wird (mehr ist es meist nicht) sind inhaltliche Magermodelle, die durch die ewig gleichmachenden reduktionistischen Formeln der Medienmache gedreht werden: jüngst erlebt an der entfachten Diskussion in den Medien rund um das Thema Feminismus, den es in den Mainstreammedien offensichtlich nur in der reduzierten Spielform bürgerlichen Feminismus entlang der wirtschaftlichen Verwertungsinteressen gibt, der kümmerlichen Rest aber in einer Sexismusdebatte an denkbar fraglichen Beispielen lappalisiert (bewusst?) und den Rest des Restes auf Glasdecken- und Karrierezuschnitt zurechtgestutzt wurde. Alles andere wäre zu heiß(?), zu gefährlich(?) zu was(?), weil es das System ins Wanken brächte: Kritik am System bedeuten würde?

wie blöd

Blöd formuliert: Es heißt schon ganz richtig Blödmedien – und etwa nicht weil die Leute, die der Medienmache ausgeliefert sind, so blöd wären - wie die Medienmarktmacher/innen es vielleicht gerne hätten, sondern weil die Verdummung das Geschäftsmodell mancher Medienkonzerne ist. Nur Menschen lassen sich weder durch politische Bonsaibildungspolitik noch durch Medien länger in systemlinientreuer Bildungsferne halten und von Eliten durch strukturell verübte Macht gängeln – und sie lassen sich auch nicht mehr in die brave Arbeiter/innenRolle und der Konsumenten/innenRolle (Waren wie vorgesetzte Medieninhalte) pressen. Unsere Bildungseinrichtungen mögen noch so sehr auf die Wirtschaft zugeschnitten sein und die MedienBlödsprüche mögen noch so sehr auf Anpassung zielen, wer mit Hauptschüler/innen gearbeitet hat, weiß, dass es diese unkritische Masse nicht mehr gibt, sondern ihr Unangepasstsein fast immer verbunden ist mit Unlust auf das System, das sie durchaus hinterfragen. Sie fragen was es soll, warum sie grüne Schrauben eindrehen sollen, Müllberge wegschaffen – den Dreck der anderen aufräumen, in Mastbetrieben und Großschlachthöfen als Hilfsarbeiter/innen Fleischberge produzieren und Kriegsindustrien unterstützen sollen?! – Viele dieser jungen Menschen kennen aus eigener Erfahrung Krieg, Armut, Flucht, Ausgrenzung… - viele dieser jungen Menschen haben Verwandte in Teilen der Welt, in denen Menschen das Leid, das unsere offenen Märkte produzieren, Tag für Tag hautnah und am eigenen Leib erfahren – sie haben im Unterschied zu ihren Gleichaltrigen in den Elite- und Kaderaquarien, die paraphrasieren lernen, nachdenken gelernt…

less is more to share

Noch versuchen die Medienschaffenden verzweifelt die Felle, welche sie davonschwimmen sehen, festzuhalten, aber das ist der grundfalsche Weg. Diese Felle der Medienmacht tragen die Aufschrift: spezifische Differenz: ein Mehr an (geglaubter – eingebildeter?) Bildung und ein Mehr an Wissen und journalistischem KnowHow auf Seiten der Medienmacher/innen als Alleinstellungsmerkmal. Nur diese Differenz verschwimmt zunehmend: die Rezipienten/innen gehören einer Gesellschaft an, an deren oberen Ende nicht mehr ein Bildungsbürgertum schwimmt, sondern einer Gesellschaft, die stark (und immer mehr) intellektualisiert ist (und wird). Fernerhin öffnen sich die Kanäle – früher hatten die Medienmacher/innen einen privilegierten Zugang zu Informationen und einen zeitlichen Vorsprung – und damit Vorteile bzw. Bevorteilungen, die sich mehr und mehr durch das Internet aufheben. Es gibt keine Newseliten mehr. Was kann dann noch die spezifische Differenz ausmachen, die professionelle Medienarbeit rechtfertigt? - Die Chance liegt in der Moderation und Gestaltung von Partizipation, in der Initiierung von demokratischen Medienschaffensprozessen und im Aufbau von Plattformen der Mitgestaltung gemeinsam mit Rezipienten/innen, die zu MedienMitSchaffenden werden. (Anmerk.: Das geht über die Blogfunktionalitäten weit hinaus und bedeutet herrschaftsfreien Diskurs als gelebte Diskurskultur in der Gesellschaft zu verankern - und die mediale Vernetzung über klassische Genregrenzen hinweg zu leisten)

Demokratie im FastFoodKettenFormat?

Nein, und keine Mc-Donalds-Demokratie in fünf MinutenZuschnitt für Stimmen nach Feierabend in Bier- und Chipslaune. So etwas muss einem Angst machen, weil genau das können sich Konzerne, Lobbyisten/innen und Machtapparate so denken, eine Welle begeisterter junger Menschen, die bereit ist, Stimmschnelldurchgänge hinzulegen. Nein, kein auf UltraLightThemen hin angelegtes politisches Werbefernsehen in Zukunft und keine marketingtechnisch perfektionierten politischen ShortCutAbstimmungsverfahren im FastfoodKettenFormat. Den FünfMinutenFeierabendPolitikKonzepten ist eine Dynamik inhärent, die dahin tendieren wird, dass Lobyisten/innen und Marktfüher/innen für Themen (bzw. politische Marken) werben werden und neben der Zahnpastawerbung die Clips für Klick Dir in 5 Minuten auf den Spot hin Dein perfektes politisches Zukunftsmodell zurecht oder delegiere Deinem Idol Deine Stimme... etc. laufen werden... Verantwortliches Handeln in Gesellschaft, Politik und Medien bedeutet die Schaffung einer lebendigen (vornehmlich sozial (und nicht vornehmlich virtuell) verankerten) Kultur der Mitgestaltung, die durch das Internet und die neuen Partizipationsformen auf freiwilliger Basis ergänzt werden kann, bedeutet ein Handeln, das herrschaftsfreien Diskurs auf hohem Niveau (Diskurs haben wir auch jetzt schon ansatzweise, leider wird er durch die Rhetorik der Wohlstands- und WachstumsFanatiker/innen beherrscht und ist weit davon entfernt ein herrschaftsfreier Diskurs zu sein) unter Beteiligung aller interessierten Menschen zu initiieren und zu moderieren versteht. "Interessierte Menschen", deshalb weil Aussagen wie „alle Menschen“ in vielen Teilen der Welt in offene Wunden schlagen und zwar dahingehend, dass wieder einmal mehr weltweit angelegte Konzepte auferlegten Paternalismus und Maternalismus greifen könnten. Und das Internet ist nicht nur militärischen Ursprungs, sondern wird auch auf weiten Strecken militärisch genutzt und die skeptische Haltung bis hin zur offenen Ablehnung mancher Kulturen gegenüber einer Einbindung in die weltweite Vernetzung durch das Internet kommt nicht von ungefähr und muss geachtet werden. Basis kann immer nur Freiheit sein und ihre Achtung. Teilnahme beruht auf der Freiwilligkeit Interessierter und nicht auf entwicklungspolitischen Sentenzen, welche in Stellvertretung für die ganze Menschheit gesprochen werden. Bitte Vorsicht mit vorschnellen Konzepten - bitte - bitte eine Entschleunigung: Und wer stimmt über die Abstimmungsverfahren ab? – und noch einen Gang weiter zurück geschalten – wer entwirft sie? – eine virtuelle Teilöffentlichkeit von Internetfreaks (und am besten für die ganze Welt – wem gehört sie?) Offenheit des Internets - ja, und aber das Netz darf nicht zum Netz werden, indem ein Kulturkreis dem anderen Vorgaben setzt mit Blick auf zu befolgende Entscheidungskulturen etc., weil diese treffen in anderen Kulturen auf bereits bestehende Entscheidungskulturen und lösen so ggf. die nächtse Welle an Konflikten aus, sobald (intendierte oder nicht intendierte) Zwänge entstehen (die Rede des Westens vom Segen der Demokratie ist höchst fraglich, weil faktisch geht sie mit der kriegerischen Unterwerfung anderer Kulturen einher, mit Drohenfeuer und Unfreiheit und ist alles andere als ein demokratischer Prozess). – Und mit Blick auf uns selbst, wenn die Verfahren dann erst einmal stehen? Abstimmungen sind nicht in fünf Minuten zu haben, auch wenn man das vom Musikdownloads so kennt, sondern das Finden der Stimmen (ich meine die mit Fleisch und Blut – nicht die geklickte) geschieht im Leben, im realen gesellschaftlichen Diskurs und in einem wirklichen Prozess der Befreiung und Emanzipation (nichts ist irgendwie schon gut und gelöst und post, sondern das Post ist ein fataler Fehler – und wenn man Fünfminutentermine für Politik nach Feierabend für möglich hält – sogar eine riskante Fehlannahme), es braucht die reale Dekonstruktion von Machtverhältnissen und Ausbeutungsverhältnissen – Freiheit muss überhaupt erst erlangt werden - in Emanzipationsprozessen und durch den gewaltlosen Widerstand sozialer und gesellschaflicher Bewegungen - denn ohne Gesellschaftskritik und ohne einen Systemwandel grundsätzlicher Art - geht es nicht, werden noch so tolle Abstimmungsverfahren vor allem wieder nur eines: das System in seinen Abhängigkeiten reproduzieren (Abhängige können frei denken, werden aber in den seltensten Fällen frei stimmen (so hält sich wider aller Vernunft eine rückständige Wirtschafspolitik, die auf die Angst der Menschen und existentielle Zwänge setzt (ErwerbsArbeitsplatzverlust etc.) und so haben wir in Jahrzehnten noch Autokonzerne usw. und Massenindustrieanstalten, die unsere Natur zerstören) – d. h. es geht um reale Dekonstruktionsprozesse (darum Plattformen der Macht in Plattformen herrschaftsfreier Beziehungen umzuwandeln)) und sie müssen Hand in Hand gehen mit gelebten herrschaftsfreien Diskursen. Man kann Befreiungsbewegungen nicht verordnen, dennoch erachte ich sie als Bedingung der Möglichkeit - dafür, dass sinnvolle und authentische Ziele in die neuen Beteiligungsformen eingehen und nicht Vorgaben von Oben durch Marktfüher/innen gesetzt werden und Geld- und Machteliten auf Stimmfang gehen und sich bestehende Herrschaftsverhältnisse wieder und wieder durch immanente Systemzwänge, die sich im Abstimmungsverhalten niederschlagen werden, reproduzieren. Und mit Blick auf die Abstimmungsverfahren lässt sich sagen – für sie brauchen wir keine technisch nette Spielereien (jeder Mensch hat eine Stimme. Punkt. - Die unverkäufliche Stimme einer Person, die durch keinen anderen Menschen dieser Welt vertreten werden kann. Jeder Mensch ist einzig). Wir brauchen vor allem soziale und gesellschaftliche Antworten – die Menschen real aus Abhängigkeiten befreien helfen, damit sie und wir alle (wir sind alle Teil des Systems und damit auch abhängig) frei von Zwängen und Ausbeutungsstrukturen - wirklich in Freiheit entscheiden können. Es braucht emanzipatorische Bewegungen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Das Thema Emanzipation des frühen Feminismus (der nicht nur Frauen, sondern auch Männern aus Ausbeutungsverhältnissen befreien wollte) ist wichtiger denn je.

das Objekt lebt – oder über eine neue Medienlandschaft, andere Medienkulturen und Teilhabemodelle auf Basis von Authentizität

Wie anfangen - diese Kultur zu schaffen und zu gestalten? Versuch einer Antwort- mit Blick auf die Medien: Indem Rezipienten/innen die Medienformate mitgestalten und das repräsentative Medienmodell abgeschafft wird, indem die Medien zu mehr werden als Sprachrohren der ewig gleichen Machterbetriebe. Indem Menschen beginnen für ihre eigenen Ideen zu sprechen. Eine Hebamme mit einem berufspolitischen Anliegen z. B. braucht im Interview kein Smartphone, um nachzuschlagen - ehe sie antworten kann, weil sie sich in der gefragten Thematik nicht auskennen würde, sondern ist mit ihrer Arbeit hautnah verwoben und kann deshalb sinnvoll für das sprechen, was ihr bedeutet und das Smartphone ist in ihren Händen ein Informations- und Kommunikationsmedium, das beispielsweise ihr Engagement im Berufsverband und in der Politik unterstützt, aber keine Krücke, mit der man sich Fachgebiete ohne realen Bezug im Schnelldurchgang aneignet. Die Politiker/innen werden aus gutem Grund u. a. deshalb von den Menschen nicht mehr ernst genommen, weil sie kreuz und quer „Fachbereiche“ wechseln und dabei in Vielem konsequent keine Ahnung haben und im Leben jenseits des politischen Parks jede/r einfache Facharbeiter/in, der sich auf eine Stelle bewirbt, mehr Vorbildung auf einem Gebiet vorweisen muss – als die zuständigen Minister/innen, welche die Ressorts wechseln wie andere Menschen Unterwäsche. (Es geht auch nicht um Zeugnisse, Schulnoten und Zettel- und Scheinnachweise, sondern um die Verwobenheit im realen Leben und die Liebe zu dem, was man tut – es gibt wunderbare Handwerker/innen ohne Lehrabschluss, die Feuer und Flamme sind für ihre Arbeit, Politiker/innen übernehmen häufig Themenfelder, die ihnen fern und fremd sind und bleiben, setzen aber die Vorgaben für Menschen, die real in diesen Felder arbeiten) Und die Medien liefern den Abklatsch – inhaltlich wie strukturell – vom Sport zur Politik: Wenige reden über alles und oft mit wenig Substanz - über Themen, mit denen sie nicht verwoben sind – häufig im luftleeren Raum und in wilden Urteilen über Berufswelten, Projekte und Ideen der anderen. Der Witz an den Plagiatsaffären ist, dass sie die ganze Verlogenheit der Systeme offenbaren – nicht nur der wissenschaftlichen, sondern auch der politischen und wirtschaftlichen Systeme und der Medienwelt. Gefragt sind v. a. Wiederkäuer/innen, nicht Denker/innen. Selbsternannte, systemerschaffene oder durch StimmABGABE ernannte Repräsentanten/innen der Macht, nach Möglichkeit leere wie austauschbare Menschen auf repräsentativen Funktionsposten, sie zitieren fremde Ideen und das oft noch nicht einmal richtig, indem Person und Werk der bzw. des anderen geachtet bleiben würden, sondern namen- und antlitzslos im Einverleibungsmodus und auf dem Weg der Entstellung. Und die Würde des Menschen? Und in den Medien wurden (und werden leider immer noch) Lebensverläufe nicht nur beschrieben sondern auch geschrieben, Berufslaufbahnen beendet, und über Künstler/innenSchicksale entschieden – in der Rezensionsarbeit oft KünstlerLeben besiegelt. Und plötzlich erwachen die Objekte zum Leben, bekommen eine Stimme durch das Internet etc. sprechen für sich und sind weder mehr ausgeliefert noch Opfer oder Glückspilz oder beides und mal so und mal so je nach medialer Laune in der von Außen aufgestempelten Medienmache.

über das Ende von Über… Show – aber was? Das Ende der Repräsentation.

Personen, Menschen und Kulturen sprechen für sich selbst in den Medienformaten der Zukunft

Das Schicksal der neuen Medien wird sich deshalb an der Frage der Authentizität entscheiden. Qualität wird sich an einem Wandel manifestieren, in dem die Showformate der „Sprecher/innen“ über andere in andere Formate übersetzt werden und neue Formate kreiert werden, in denen Menschen für sich und ihre Arbeit sprechen – authentisch und mit Herz und Verstand und Haut und Haaren. Ich glaube nicht, dass z. B. ein Mensch, der ein Projekt für kriegstraumatisierte Menschen aufbaute und mit dieser Arbeit verwoben ist, ein Interview nur mit Smartphone überstehen könnte. Ich kenne aber wohl Menschen, deren Projektarbeit (gerade wenn es um soziale Themen geht und Berichte aus fremden Kulturen) durch die Medienberichterstattung szenenweise so entstellt wurden, dass sie ihr eigenes Projekt kaum wiedererkannten. Das passiert nur in substanzlosen repräsentativen Systemen – im Sprechen über andere und über die Ideen der anderen - über Ideen, die ein anderes Antlitz tragen, dann wenn Menschen nicht für sich selbst sprechen und für das, wofür sie ihr Herzblut geben, sondern mal kurz etwas zu Repräsentationszwecken angeeignet wurde. Ich glaube nicht, dass zum Beispiel der Kameramann Frank Sputh, der in seinen Filmen bedrohte indigene Kulturen für sich selbst sprechen lässt und das Projekt Sacred Earth zu ihrer Unterstützung ins Leben rief, Wikipedia nachgucken muss – er sitzt bei seinen Filmvorstellungen am Rand links Außen kaum sichtbar und am anderen Rand und auch Außen der Regisseur Rainer Simon – in der Mitte auf der Bühne sitzen die Menschen, denen das filmerische Schaffen gewidmet ist und sprechen für sich und ihre Kultur und bei ihnen sitzt ein/e Übersetzer/in, der bzw. die sprachlich Brücken baut. (Also alles genau umgekehrt als in den imperialen Machtverhältnissen wie sie der Kapitalismus produziert – und das ist mehr als symbolisch gemeint) Moderation - man hört sieht kaum etwas von Frank Sputh – geschieht in stiller Demut und hat mit der Fähigkeit nicht vor allem Sprechen zu können, sondern ganz vor allem der Fähigkeit Zuhören zu können zu tun – und es entstehen Gespräche zwischen Menschen entfernter Kulturen, in denen die miteinander Sprechenden (Publikum und Gäste) oft die Zeit über die entstehende Nähe vergessen, weil Stunden vergehen und man sich später gemeinsam beim Essen und auf Festen, die Kulturen über alle Grenzen hinweg verbinden, findet und vor allem entstehen Bewegungen, neue Arbeiten, neue Projekte aus solchen Abenden, weil Netzwerke geknüpft werden (ich schreib das nur so, weil es sonst wieder als naiv klingt – in Wirklichkeit begegnen sich nämlich Menschen und entstehen Bekanntschaften und manchmal Freundschaften, die zudem durch gemeinsame Interessen und die gemeinsame Arbeit für diese Interessen getragen werden). Das ist keine Show – einmal gesehen und man rennt auseinander und vergisst nach ein paar Tagen alles über die nächste neue Show, die ansteht – und das ist kein Reden über andere und über Themen. Es sind Gespräche nicht über, sondern miteinander und es sind Taten, die die Welt verändern.

bewegt und bewegen

Das Schicksal der Medien wird sich daran entscheiden, ob sie hohl und leer auf dem Show- und Programmformat stehen bleiben wollen – oder ob sie sich wandeln und neuen Formen der Mitgestaltung eröffnen werden. Die Menschen – sind nicht länger stumme Rezipienten/innen und ausgelieferte Objekte der Berichterstattung – sondern Subjekte der Teilhabe und Mitgestaltung.

der Freitag - zukunftsweisend? begegnen und bewegen

Ich dachte eigentlich Freitag wäre der Prototyp eines Mediums der Zukunft - und ich dachte er wäre zukunftsweisend. Die Idee jedenfalls ist es. Und wäre es wirklich: Wenn ihr Leben eingehaucht wird – der Idee der Community jenseits des Netzes, indem sich Menschen wirklich (und frei von Netzen) begegnen und indem nicht nur geschrieben und geredet wird, sondern die ein oder andere Veranstaltung zum Anfang einer besseren Welt wird, indem Menschen sich begegnen und etwas bewegen.

MedienDiskurs - DiskursMedien

Und wo bleiben die neuen Print-, Fernseh- und Radioformate – verknüpft mit dem Internet und darüber hinaus im wirklichen Diskurs mit Rezipienten/innen, die selbst zu Mitgestaltenden werden und die Sendungen mit Leben und Authentizität füllen – für sich und ihre Arbeit sprechen und mit anderen sprechen? - Hebammen über Hebammenkunst und Zimmerer/innen über die Kunst des Bauens und Architekten/innen über Architektur und Poeten/innen über Poesie, Sportler/innen über Sport, Kinder über das Kindsein, Menschen die schon einmal kochten, über das Kochen und über alle diese Grenzen hinweg begegnen Menschen Menschen sich in Gesprächen… …wer jetzt sagt, dieses Genre gibt es schon und heißt Dokumentarfilm, täuscht sich, weil ich meine nicht das Dokumentieren und Filmerische festhalten, sondern das befreien – und ich meine nicht die Politik, die Aktenberge schafft an Dokumenten, welche Regelwerke festlegen, sondern lebendige und offene Dialog- und Verständigungsprozesse auf Augenhöhe, in denen sich Menschen begegnen in Bewegungen, die auf Freiheit setzen, um von daher die Welt zu verändern und ich meine auch nicht 90 Minuten mit Anfang, Zeitpfeil, Endpunkt, Abspann, sondern die Offenheit von Begegnungen im Leben, herrschaftsfreiem Diskurs, in dem sich Menschen begegnen und etwas bewegen ….

ein pazifistischer Aufruf

Da ich Pazifistin bin, versehe ich diesen Appell nicht mit einem Aufruf die Fabriken mit den Webstühlen der Medienmache wie in Zeiten der Industrialisierung zu stürmen, sondern setze einen einfachen Appell an die Vernunft und die Freiheit der Medien an diese Stelle und hoffe, dass sie sich öffnen – für die Menschen und die Zukunft und herrschaftsfreien Diskurs, Verständigungsarbeit und gerechte Formen der Beteiligung und Mitgestaltung ermöglichen. Schöne Grüße auch Daniela Waldmann

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.

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