Medienverantwortung

Demokratie Wie demokratisch und offen sind die Medien?

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Offen sind die Diskurse der Wissenschaft….

Offen sind … die sozialen Lebenswelten….

Offen ist die moderne Persönlichkeit selbst.

Offen sind auch alle politischen Systeme, die den Boden der modernen Kultur nicht mutwillig preisgeben.“ Thomas Meyer.

Wie ist das mit den Medien?

Den Mediendiskurs bestimmen oft nicht Offene, sondern Extremisten/innen. Sarrazin stellt sein drittes Buch vor, in dem er gegen Ausländer/innen hetzt, und die Medien machen sich bereitwillig zu seinen Handlanger/innen. Abdel-Samad bezeichnet den Islam von seinen Urzügen her als faschistoid und spricht von Islamofaschismus. (Abdel-Samad 2014, Der islamische Faschismus S. 11 u. a.) Problem ist bei Abdel-Samad nicht etwa der Fundamentalismus (in all seinen Variationen), christlicher Fundamentalismus, islamistischer Fundamentalismus, sondern „der“ Islam, eine Weltreligion wird zum Sündenbock. Abdel-Samad ist gern gesehener Gast in Talk-Shows und Kulturzeit widmet ihm ein Portrait. Evangelikale, Antifeministen/innen wie Kelle, Homophobe wie Blüm, Militaristen/innen, Zyniker/innen, die Hartz-IV-Empfänger/innen stigmatisieren – sie alle sind geladene Gäste in Talk-Shows und Zeitungen und Magazine widmen ihnen Seiten...

Das hat auch nichts zu tun mit dem Satz, die Kranken brauchen den Arzt bzw. die Ärztin oder mit Zöllnern/innen an einen Tisch finden, weil die Zöllner/innen werden ja gar nicht hinterfragt bei diesen Mainstream-Medien-Talks, sondern ihre Positionen werden, obwohl sie alles negieren, worauf unsere offene und freie Gesellschaft beruht, gleichberechtigt diskutiert, so als seien es Einstellungen, die man mal haben könnte, schon irgendwie okay wären, so als wären es Meinungen wie andere Meinungen auch. Nein, das sind sie nicht, weil die Sarrazins et al. mit ihren sog. Meinungen alles verneinen, was Menschenrechte, Freiheit, Gleichheit, Offenheit bedeuten. Es ist nicht okay, ganz und gar nicht okay, wenn in Talkshows Leute wie Sarrazin ein Forum bekommen und gegen Ausländer/innen hetzen, nicht okay, ganz und gar nicht okay, wenn Antifeminismus verbreitet wird usw. Es ist geradezu schizophren, wenn man/frau bedenkt, dass Tag für Tag Menschen in der Jugendarbeit in der Sozialarbeit viel Zeit darauf verwenden gegen Extremismus jedweder Couleur anzuarbeiten, sich einsetzen dafür, dass Vorurteile gegen Ausländer/innen, Minderheiten, Homosexuelle usw. abgebaut werden, sich engagieren für interkulturelle und interreligiöse Verständigung, sich engagieren für feministische und emanzipatorische Sozialarbeit …. Am Abend drehen die Kids dann den Fernseher auf und hören Sarrazin, Kelle, Abdel-Samad…. Was am Tag im Unsichtbaren in kleinen Schritten an interkultureller Verständigung, Feminismus usw. gegangen wurde, wird am Abend in der großen breiten Öffentlichkeit wieder eingerissen.

Nein, und diese Meinungen die Sarrazins, Abdel-Samads et al. von sich geben sind eben nicht Meinungen wie andere Meinungen auch, weil sie grundlegende Voraussetzungen negieren, die unsere offene Gesellschaft ausmachen: Gleichheit und Freiheit, Religionsfreiheit, Pluralismus usw.

Die Medien setzen vor, darunter eine große Portion an Antifeminismus, Extremismus, Homophobie, Militarismus, Ressentiment gegen Ausländer/innen, nicht einmal die Würde der Kinder bleibt gewahrt, in anti-pädagogischen Shows werden Kinder zu Objekten eines autoritären Machtspiels wie zu schlimmsten viktorianischen Zeiten.

Die Medien setzen vor. Die Mehrheit der Europäer/innen lehnt laut Studien Kriegseinsätze ab, aber in den Medien sprechen und schreiben Tag für Tag Militaristen/innen, da wird dann auch bemüht, was die bürgerlichen Medien selbst oft verbal mit Füßen treten: Menschenrechte und Frauenrechte, dieselben reaktionären und fürchterlichen Politmenschen, die von Herdpremien schwafeln und kaltblütig an den europäischen Grenzen Menschen ertrinken lassen, entdecken plötzlich medienwirksam die Frauen- und Menschenrechte, wenn es um die Legitimation von Kriegseinsätzen geht.

Es ist erschütternd, erschreckend und beängstigend, dass der politische Diskurs nicht frei ist von Militarismus und Antifeminismus, Rassismus und Homophobie. Warum lehnen sich die Medien nicht auf, warum leisten sie nicht Widerstand? Warum transportieren sie Positionen, die weder mit unserem Grundgesetz noch mit den Menschenrechten vereinbar sind? Warum lassen sich die Medien instrumentalisieren für Talk-Show-Produktionen am Hindukusch und für Kriegspropaganda, obwohl der europäische Gründungsgedanke besagt: „Nie mehr Krieg, nie mehr Auschwitz“?

Die Mehrheit der Europäer/innen lehnt Kriegseinsätze ab, aber die Medien stellen sich nicht hinter die Bürger/innen. Die Mainstream-Medien leisten keinen Widerstand gegen die Kriege, gegen Militarismus.

Und warum geben sie Leuten wie Sarrazin und Abdel-Samad ein Forum?

Warum unterstützen sie nicht viel mehr all die Projekte, die sich für interkulturelle und interreligiöse Verständigung einsetzen? Warum wird so wenig über sozialistischen Feminismus berichtet? Warum so wenig über Pazifismus?

Warum werden die Menschenrechte nicht zur Basis der Medienarbeit gemacht?

Warum wird in den Menschen vorgesetzt? Warum öffnen sich die Medien nicht und gestalten Öffentlichkeit demokratisch mit allen Menschen im Sinne von Gleichheit, Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit und Freiheit?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden