Deutsche Bar

Spotkritik Dein Auto? Mein ICE! Ein Werbespot der Deutschen Bahn spielt erfrischend selbstironisch mit den Männerbildern, die sonst so in der Werbung vorherrschen
"12.877 PS, 330 Spitze, morgen früh, 8.43 Uhr, Gleis 7"
"12.877 PS, 330 Spitze, morgen früh, 8.43 Uhr, Gleis 7"

Screenshot: Youtube

Sich einfach mal freuen, über die Deutsche Bahn. Lachen mit ihr. Wer dazu grundsätzlich bereit ist, der könnte sich den neuen DB-Werbespot ansehen. Der beginnt mit der plumpesten Anmache seit Carl Benz’ Lebzeiten: Ein Mann setzt sich an die Bar, neben ihm eine Frau, dunkel, geheimnisvoll, in Abendrobe. Lässig schiebt er ihr seine Autoschlüssel rüber. „400 PS, 12 Zylinder, 296 km/h Spitze“, zählt er stolz auf und fragt, wie sollte sie auch nein sagen: „Morgen Abend, 19 Uhr?“

Statt ihm aus Vorfreude auf die Spritztour um den Hals zu fallen, schiebt sie ihren Schlüssel rüber. Eindeutig größer als seiner. „12.877 PS, 330 Spitze, morgen früh, 8.43 Uhr“, antwortet sie eiskalt. Sie blickt ihn ruhig an, fügt hinzu: „Gleis 7.“ Er starrt, schluckt. Schnitt. In der nächsten Szene sieht man die vermeintliche Femme fatale in Bahnuniform an Gleis 7 neben ihrer ICE-Lok. Die Frau sieht wirklich so aus, wie eine Lokführerin aussehen könnte. Vielleicht ist sie sogar eine, jedenfalls ist sie kein glattes, blondes Werbemodel. Und die Reaktion des Mannes – sein Gesichtsausdruck sagt etwas zwischen „oh, wie peinlich“ und „mein Auto ist aber trotzdem toll, oder?“ – spielt erfrischend selbstironisch mit den Männerbildern, die sonst so in der Werbung herrschen.

Den Spot lässt die Bahn auf Sendern mit übersichtlicher Zuschauerzahl wie n-tv oder Sport 1 ausstrahlen. Man hofft, dass er sich über soziale Netzwerke verbreitet und für die Deutsche Bahn als Arbeitgeber, Frauenversteher und Männerbelächler wirbt.

Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Geschrieben von

Daniela Zinser

Redakteurin Alltag

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