Die Mär von der Balladenflut

Eurovision Die Fans hadern zu Unrecht mit Levina und ihren MitstreiterInnen. Diese Songs haben eine Chance verdient gehört zu werden.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Vergangenen Samstag wählten die Ukrainer ihren Vertreter für den Eurovision Song Contest im eigenen Land. Die Rockband O.Torvald gewann in einer abendfüllenden Fernsehsendung den ukrainischen Vorentscheid mit ihrem Song namens „Time“.

„Time“ ist keine Ballade. Und doch beschweren sich die ersten Eurovision-Fans und Blogger, dass schon zu viele Balladen die nationalen Vorentscheidungen gewonnen haben. Den lautesten Kommentar dazu gab es auf eurovisionaer.de zu lesen: „Wie so viele Fans, will auch der eurovisionaer am 13. Mai nicht eine tränendurchströmte Beerdigung, sondern eine fette Schlagerparty besuchen. Und was guckt sich Europa […] landauf, landab aus? Von Schmerz verzerrte Sänger, wohin man nur schaut, die sich offenbar in elendiger Traurigkeit mit musikalischem Wehklagen gegenseitig überbieten wollen.“ Oliver Rau von aufrechtgehn.de schreibt zur maltesischen Vorentscheidung: „Und noch eine Ballade. Wir haben ja nicht genug davon.“

Ein Blick auf die Zahlen wäre da empfehlenswert: Von den 18 bereits veröffentlichten Beiträgen, lassen sich neun als getragene Popnummern bezeichnen. Es stehen noch nicht mal die Hälfte der Beiträge fest (Anmerkung: 43 Länder nehmen dieses Jahr teil) und schon wird über die Qualität eines ganzen Jahrgangs gelästert. Hinter der Nörgelei steckt das Verlangen, insgeheim das musikalische Rahmenprogramm mitbestimmen zu können.

Zwei weitere Bands wird es beim Eurovision Song Contest geben: Die Elektropop-Band Triana Park wird mit dem progressiven "Line" ihr Heimatland Lettland vertreten. Auch der Epic Sax Guy ist wieder zurück. Moldaus Sun Stroke Project wird in Kiew mit "Hey, Mamma" sein und den ein oder anderen Tanzmuffel von der Couch holen. Das Saxofon darf diesmal natürlich auch nicht wieder fehlen.

Ausgerechnet Italien, das Mutterland der schmachtfetzenden Ballade, schickt mit „Occidentali’s Karma“ von Francesco Gabbani einen Ohrwurm nach Kiew. Gabbani hatte mit diesem Song nicht nur überraschend das Sanremo-Festival vor zwei Wochen gewonnen, sondern seitdem über 30 Millionen Aufrufe bei YouTube eingesammelt.

Für Deutschland wird Levina mit der Midtempo-Nummer „Perfect Life“ beim Song Contest antreten. Sie wurde kürzlich mit über 60 Prozent der Zuschauerstimmen zur Kandidatin gewählt.

Klar, das sind nur einige handverlesene Beispiele, aber sie verdienen es gehört zu werden. Sonst gehen sie in einer viel zu hektisch geführten "Balladenflut"-Diskussion unter.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Daniel Koch

Schreibt über den Eurovision Song Contest, die Teilnehmer, die Länder und die TV-Shows

Daniel Koch

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden