"Ich würde gerne einen ESC-Beitrag schreiben"

Interview Moderatorin Veronika Emily Pohl ist als weiblicher Eurovision-Fan eine Rarität. Mit freitag.de spricht sie über ihre Vorbilder und Favoriten.

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http://www.emilysescape.com/wp-content/uploads/2015/05/Veronika-Emily-Pohl_Fotografin-Xenia-Bluhm_WEB.jpgFoto: Xenia Bluhm / www.xeniabluhm.com

Daniel Koch: Du bist ja sowohl Moderatorin als auch professivonelle Sängerin, wie du es ja bei der Sendung „Soundcheck" auf eurovision.de bewiesen hast. Worauf hast du geachtet, wenn du dich für die Sendung vorbereitet hast?

Veronika Emily Pohl: Zum einen schaue ich auf das Arrangement – also wie sich der Song entwickelt und wann er seinen Höhepunkt erreicht. Als Songwriterin liegen mir auch die Texte sehr am Herzen. Mich interessiert, welche Geschichte das Lied erzählt. Beim Eurovision Song Contest wundere ich mich ehrlich gesagt so manches Mal, dass Länder immer wieder Songs ins Rennen schicken, die falsches Englisch benutzen. Manchmal machen ganze Sätze gar keinen Sinn!

In deiner Sendung hattest du interessante Gäste wie Conchitas Vocal Coach und Elaiza. Gibt es etwas, was man von den Künstlerinnen lernen kann?

Elaiza habe ich als Gast und Künstlerin sehr zu schätzen gelernt. Ich mag ihre Authentizität. Ela ist einfach Ela. Dabei ist sie dann noch wahnsinnig höflich zu allen und eine bodenständige, professionelle Musikerin, die ihr Leben selbst managt. Monika Ballwein, Conchitas „Co-Entdeckerin“ und Vocal Coach, hatte ich in Wien auf einer Musikertagung kennengelernt und war sofort begeistert von ihrer charmanten Art und ihrem Wissen. Ihr zuzuhören, was sie aus den Songs und den Stimmen der Künstler raushört, ist wahnsinnig spannend.


Mit Elaiza hast du „Rhythm Inside” und mit Monika „Tonight Again” im Studio gesungen.

Das war ein aufregendes Experiment – sich musikalisch zu begegnen und in kürzester Zeit etwas zusammen zu erarbeiten. Die beiden sind Musikerinnen durch und durch, daher ist es dann wirklich toll geworden.

Als Emily's Escape hast du gerade aktuelle ESC-Liedern völlig neu interpretiert, darunter auch „Heroes" von Måns Zelmerlöw. Wie kam es zu dieser Idee und was hatte dich an dem schwedischen Beitrag fasziniert?

„Heroes“ hat mich gepackt, weil es ein Beispiel für wirklich gutes Songwriting ist. Der Song erzählt eine Geschichte, die mich berührt. Ich finde, dass der Song fast etwas religiöses hat: Er beschreibt für mich einen Moment, in dem man verzweifelt und enttäuscht von der Welt ist – und dann eine innere Stimme zu Dir spricht und Dir sagt: Du kannst die Welt doch gestalten! Also gehe los und sei Dein eigener Held!

Viele Fans haben eine starke Leidenschaft für Songs aus dem Balkan und aus Skandinavien. Welche Länder bringen deiner Meinung sehr gute Musik für den Wettbewerb zum Vorschein? Welche Länder werden meistens unterschätzt?

Ich habe neulich erst bemerkt, dass bei mir tatsächlich die skandinavischen Songs hängen bleiben. Auch „Birds“ von Anouk hat mich vor zwei Jahren sehr beeindruckt. Was mich freut ist, dass in diesem Jahr einige baltische Länder zu den Favoriten gehören, oder auch Slowenien mit „Here for you“. Diese Länder werden wohl wirklich eher unterschätzt. Mich beeindruckt zum Beispiel auch immer wieder, wie viele Talente aus dem Kaukasus kommen! Aus Albanien zum Beispiel: Ich fand Rona Nishliu 2012 schon großartig und jetzt genauso Elhaida Dani dieses Jahr. Was für eine Sängerin!

Beim Eurovision.de Soundcheck gewann der norwegische Beitrag „A Monster Like Me”, eine unheimlich traurig-schöne Ballade. Für welche(n) Song(s) schlägt dein Herz in diesem Jahr?

Also „Heroes" natürlich auf jeden Fall und auch „Rythm Inside“ finde ich super. Die Lieder gehören meiner Meinung nach zu Recht zu den Favoriten bisher. Außerdem machen „Walk Along“ und „Here for You“ einfach Spaß. Geheimtipps, die nicht genug Aufmerksamkeit bekommen haben bisher, sind meiner Meinung nach „Playing With Numbers“ aus Irland oder „Autumn Leaves“ aus Mazedonien. Das sind richtig schöne Songs, die es aber schwer haben werden, sich durchzusetzen. Gesanglich beeindrucken mich Aminata Savadogo aus Lettland – ein echt cooler, moderner Song! – und wie schon gesagt Elhaida Dani mit „I’m Alive“.

Schlummert insgeheim bei dir der Wunsch, nicht selbst beim Eurovision Song Contest teilzunehmen? Vielleicht als Sängerin, Komponistin oder Texterin?

Aber klar! Die Herausforderung, einen Song zu schreiben, der ehrlich ist, gut gemacht und im Rahmen des Eurovision Song Contest funktioniert, finde ich super spannend. Irgendwann probiere ich es vielleicht mal. Als Künstlerin teilzunehmen, wäre mit Sicherheit aufregend. Ich denke es ist wichtig zu wissen, worauf man sich einlässt, wenn man es tut. Inzwischen habe ich mich so viel mit dem ESC beschäftigt, dass ich Lust dazu hätte und glaube ich anders daran gehen würde, als ich es sonst getan hätte. Vor allem die Möglichkeit, sich dabei international auszutauschen, die anderen Künstler kennenzulernen und einen Song zu präsentieren, mit dem man sich voll ausdrückt - das ist schon toll. Jetzt drücke ich erstmal allen Sängerinnen und Sängerin dieses Jahr die Daumen.

Die Hamburgerin Veronika Emily Pohl oder kurz „Emily”, moderiert seit 2013 den eurovision.de Soundcheck. Als Sängerin ist sie mit ihrer Band „Emily's Escape” unterwegs und interpretiert auf ihrer EP „Emily’s ESC“ Eurovision-Songs neu.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Daniel Koch

Schreibt über den Eurovision Song Contest, die Teilnehmer, die Länder und die TV-Shows

Daniel Koch

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