Malmö erfindet den Song Contest neu

Eurovision Der ESC in Malmö ist ein Popspektakel, bei dem sich die Schweden selbst auf die Schippe nehmen und auch vor Themen wie Homo-Ehe nicht zurückschrecken. Das ist gut so.

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Malmö - Es ist soweit. Heute Abend schaut ganz Europa auf Malmö. Der Eurovision Song Contest ist das größte Musikspektalel über 120 Millionen Zuschauer werden ab 21 Uhr dabei sein, wenn 26 Länder ihre Songs präsentieren.

Die Favoriten

Zu den großen Favoriten gehört die Dänin Emmelie de Forest. Barfüßig und spärlich bekleidet schmettert sie umrahmt von uniformierten Trommlern ihren Folkpopsong "Only Teardrops".

Auch die Ukraine kann auf einen Sieg hoffen. Zlata Ognevichs "Gravity" ist ein nach Disney klingender Song für die ganze Familie. Ein über 2.40 Meter große Riese wird die ukrainische Sänger aufs Podest hieven. Sehenswert!

Zu den weiteren musikalischen Höhepunkten zählt Amandine Bourgoise, die den Wettbewerb mit ihrem Rocksong "L'enfer et moi" eröffnen wird. Die niederländische Rocksängerin "Anouk" tritt mit der melancholischen Ballade "Birds"auf, die von Beobachtern bereits als Jury-Gewinner gehandelt wird.

Cascada ergatterten die Startnummer 11. Nathalie Horler hat das Publikum im Griff und heizt die Halle mit dem Song "Glorious" ordentlich auf, weil die Acts der ersten Showhälfte doch etwas ruhig dahinplätschern.

Dracula trifft Homo-Hochzeit

Natürlich gibt es auch wieder viel Platz für Kitsch und Trash. Beim rumänischen Beitrag "It's my life" erwartet uns eine knallrote Opernshow, in der uns Kauntertenor Cezar als Dracula verkleidet einen wüsten Mix aus Dubsteb, Pop, Klassik anmaßt. Die schrille Kristá Siegfrids feiert für Finnland mit "Marry Me" eine Hochzeit im Stil einer Kate Perry oder Carla Rae Jepsen. Am Ende küsst sie überraschend eine Frau, was zu tobenden Applaus in der Halle führen wird. Historisch!

Überhaupt schrecken die Schweden nicht vor schweren Themen zurück. Im Intervall-Act zeigen sie in einem Musical im Stil von "Chicago", warum die Schweden so ein verrücktes Volk sind und zum einen liberal und weltoffen und zu anderen gleichzeitig auch spießig und harmoniesüchtig sind. Es heiraten zwei Männer, Männer werden zu Vätern mit mütterlichen Gefühlen und es wird in der Schlange gestanden.

Ein echter Genuss sind die Einspieler mit der Comedyfigur Lynda Woodruf, die eine tapsige EBU-Vertreterin spielt und so einiges verwechselt. Auch Loreen wird sich die Ehre geben und eine waghalsige Tanzperformance abliefern.

Das Showprogramm erreicht mit satten 45 Minuten eine bis dahin noch nie gekannte Länge, so dass erst mit dem Ergebnis des Votings erst gegen 0.15 Uhr zu rechnen ist. Dass das schwedische Produktionsteam mit dem Finale neue Maßstäbe gesetzt hat, ist schon jetzt sicher. Sie haben den Wandel zum Popevent weiter fortgesetzt und dennoch nicht die Wurzeln des Musikwettbewerbs vergessen. Auch die viel diskutierte Festlegung der Startreihenfolge durch Christer Björkman und seinem Team erweist sich als richtig. Die Balladen kommen zwischen Uptemponummer viel besser zur Geltung, Umgekehrt strahlt "Glorious" noch besser, da er eher zwischen harmlosen Songs eingebunden ist. Ob es für den Sieg reicht? Seit 2003 hat noch nie ein Beitrag gewonnen, der in der ersten Hälfte der Show gestartet ist. Kurz nach Mitternacht werden wir es wissen.

Die ARD überträgt das Finale live um 21 Uhr. Eurovision-Experte und NDR-Radiomoderator Peter Urban kommentiert das Ereignisß

Über Eurovision.tv gibt es einen unkommentierten Livestream

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Geschrieben von

Daniel Koch

Schreibt über den Eurovision Song Contest, die Teilnehmer, die Länder und die TV-Shows

Daniel Koch

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