Die DDR war kein Rechtsstaat!

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Die DDR wurde getragen durch ein Unrechtsregime, das gegen Oppositionelle drastische Staatsrepression ausübte und ihnen im äußersten Fall jedwede Freiheit nahm. Ob in einem solchen Regime ein richtiges Leben möglich war, bleibt zu bezweifeln.

In einem Beitrag "Erinnern gegen die Diktatur" eines freitag-Bloggers entzündete sich in wenigen Tagen eine heftige Debatte um die geschichtliche Einordnung der ehemaligen DDR. Dem Autor wurden zum Teil fadenscheinige Einwände entgegengehalten, er sei aufgrund seines jungen Alters gar nicht in der Lage sich kritisch mit der DDR auseinandersetzen zu können, konnte er doch das Lebensgefühl vieler ehemaliger DDR-Bürger nicht teilen.

Diese Abwehrreflexe zeigen, dass man sich einer kritischen Diskussion auch um das eigene junge Leben, das einige in der DDR geführt haben, nicht stellen will. Von Theodor W. Adorno ist der Satz überliefert, dass es ein richtiges Leben im falschen nicht geben könne.

Freilich bezog er dieses Zitat seiner Zeit auf den Alltag der Menschen im Dritten Reich, der aufgrund der Implementierung einer faschistischer Grundordnung und dem Holocaust, nicht mehr als richtig bezeichnet werden kann.

Um gleich eine Debatte über die Gleichsetzung des NS-Regimes mit dem SED-Regime zuvorzukommen, sind die Regime in keinem Fall gleichzusetzen, da eine Gleichsetzung dieser untschiedlichen Diktaturen die automatische Relativierung der NS-Greultaten zur Folge hätte und dies vor dem Hintergrund des Genozids an 6 Millionen Juden in keiner Weise zu rechtfertigen ist.

Kann dieses Zitat: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen." auf das Leben vieler Bürgerinnen und Bürger in der DDR Anwendung finden?

Rechtsstaatliche Strukturen waren der DDR bis zu ihrem Untergang vollkommen fremd. Die Staatsmacht ist mit äußerster Härte gegen echte und vermeintliche Oppositionelle vorgegangen. Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit all die so genannten schlechthin konstitutierenden Grundrechte für eine Demokratie fehlten in der DDR, wenngleich sie formal in der DDR-Verfassung verbürgt waren.

Die bundesrepublikanische Obrigkeit hingegen musste in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren schmerzhaft erlernen, was es bedeutet, Grundrechte als subjektive Abwehrrechte gegen den Staat nicht nur formal sondern auch materiell zu verbürgen. Sie verlor im Laufe der Zeit auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sukzessive an Eingriffsbefugnissen in die Sphäre des Bürgers.

Die Bundesrepublik hat sich erst im Laufe der Jahrzehnte in einen Staat entwickelt, der als vollgültiger Rechtsstaat beschrieben werden kann. Sicher sind wirtschafts- und sozialpolitische Spannungen und Defizite vorhanden, aber der politische Raum für den Diskurs, die nicht nur formale Möglichkeit für bessere soziale Verhältnisse auf die Straße und in die Parlamente zu gehen und zu streiten ist gegeben.

Wenn die DDR kein Rechtsstaat war, wenn sie auch keine Demokratie war, da allgemeine, freie und geheime Wahlen einfach nicht stattfanden, dann müssen sich die Bürgerinnen und Bürger, die in der DDR gelebt haben, ernsthaft die Frage stellen, habe ich im richtigen System gelebt und kann ich mein Privatleben oder mein Leben im gemeinsamen Wohnblock, Dorf, oder in derselben Straße vom äußeren politischen Regime abkoppeln?

Auch die Leute in diesem Forum sollten sich diesen Fragen öffnen, anstatt immer wieder reflexartig Ausweichargumente zu finden, warum der Autor eines kritischen Beitrags zur DDR ungeeignet sei, diese Kritik zu äußern. Auch der Hinweis, in der Bundesrepublik sei nicht alles toll gewesen und das heutige politische System sei defizitär, sollte nicht als Ausflucht dienen, sich ernsthaft mit der eigenen Vergangenheit, mit der eigenen Rolle seiner vermutlich eher jungen Biografie in der DDR auseinanderzusetzen.

Ein richtiges Leben in der vom Staat abgekoppelten Privatsphäre kann es durchaus gegeben haben, sobald die Wechselwirkung von Gesellschaft und Staat hinzukam, erscheint es doch zweifelhaft, dass hier richtige Leben geführt werden konnten.

Oder um mit einer Vorbildgeberin für die Errichtung der DDR zu sprechen:

"Die Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, die Anhänger einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit."

Und ohne Freiheit kein richtiges Leben. An dieser Stelle sollte es kein grau geben, sondern nur schwarz oder weiß. Denn wer nur einem Individuum die Freheit nimmt, der wird niemals in einer freien und gerechten Gesellschaft leben. Die DDR hat zigtausenden Menschen die Freiheit genommen, es wird Zeit dies anzuerkennen und den ummantelten Idealen dieses Unrechtsregimes nicht (mehr) hinterherzutrauern.

Diese Ideale verloren sich rasch in der Etablierung des Ein-Parteien-Staates: DDR.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Daniel Martienssen

Enttarnung durch Analyse: ein privates Blog zu Demokratie und Rechtsstaat, Soziales und ein bisschen Kultur.

Daniel Martienssen

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