Schrill, schriller, Altmaier

Worte Ein Welt-Interview bringt Peter Altmaier in Bedrängnis. Er greift ein Wort des CSU-Generalsekretärs, Alexander Dobrindt, auf: schrill.

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Ach ja, die Sache mit den Interviews. Das Gesagte nicht gemeint zu haben, das Gemeinte umständlich verklausuliert? Und überhaupt, etwas ganz Anderes gemeint zu haben und jetzt ungerechtfertigt Prügel einzustecken. Was ist da passiert?

Der Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) wurde von der Zeitung "Die Welt" befragt. Einmal querbeet zur politischen Lage in Deutschland und nicht immer nur zur Energiewende. Im letzten Drittel des Interviews fragt die Welt, was drin sei bei der Bundestagswahl, "40 Prozent + x?". Altmaier antwortet: "durchaus."

Die Welt fragt weiter, "was für einen Wahlkampf erfordert das? Sollte die Union ganz auf konservative Stammwähler setzen, wie die CSU verlangt?"

Daraufhin folgt ein Lapsus, der Peter Altmaier zu einer anschließenden Rechtfertigung auf Twitter nötigt: "Die CDU war in ihren besten Zeiten immer eine Volkspartei, und sie wird auch nur als Volkspartei erfolgreich sein können. Lager- oder Stammwählerwahlkampf sollte man vermeiden. Man sollte aber auch nicht schrillen Einzelgruppen hinterherlaufen."

Da war es wieder, dieses Wort: schrill. In der medialen Schnelligkeit ist es ja fast schon wieder in der Versenkung verschwunden gewesen. Vor ein paar Wochen sprach Alexander Dobrindt von "schrillen Minderheiten" und meinte Homosexuelle, die für sich die Gleichstellung mit der herkömmlichen Ehe begehren.

Es bleibt bizzar, von einer "schrillen Minderheit" zu sprechen, die ausgerechnet ein durch und durch bürgerliches Institut für sich reklamiert und damit dem Konservatismus viel mehr Chancen bietet, als es so manch ein bayerischer Haudegen wahrhaben will.

Nun spricht Peter Altmaier von "schrillen Einzelgruppen" und will damit nun aber um Gottes willen nicht gleichgeschlechtliche Partnerschaften gemeint haben, die für mehr bürgerliche Rechte eintreten. Er will darüber hinaus nichts davon gewusst haben, dass Dobrindt vor einigen Wochen "schrill" schon einmal etikettiert hat, weil er sich auf die Energiewende konzentriert habe.

Leider bleibt ungeklärt, warum er auf die folgende Einlassung der Welt-Journalisten, "CSU-Generalsekretär Dobrindt wird erleichtert sein", nicht irritiert zurückgefragt habe, in welchem Kontext auf einmal Alexander Dobrindt persönlich eingestreut wird.

Es ist nicht zu übersehen, dass Altmaier der dobrindt'sche Kontext bekannt gewesen sein muss. Vielleicht sollte er lieber eingestehen, dass diese Formulierung missglückt ist und die Sache aus der Welt räumen. Denn eigentlich ist der Bundesumweltminister weit davon entfernt, dem bayerischen Konservatismus anzugehören.

Im Netz wird nun gefordert, Altmaier sollte ein Blog einrichten, seine zahlreichen Tweets als Rechtfertigung seien zu unübersichtlich. Er äußerte sich zu dieser Forderung bislang nicht.

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Geschrieben von

Daniel Martienssen

Enttarnung durch Analyse: ein privates Blog zu Demokratie und Rechtsstaat, Soziales und ein bisschen Kultur.

Daniel Martienssen

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