Das ist doch ewig her: The Last Witch Hunter

Kino In "The Last Witch Hunter" kämpft sich Vin Diesel wortkarg durch unwertes Leben: "Hexen". Das Martyrium 10.000er Frauen als Popcorn-Unterhaltung. Ab heute im Kino.

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Nur symbolisch, aber ähnlich sensibel: "Hexenverbrennung" zu Fastensonntag // Foto: Friedrich Böhringer

Der Fantasy-Streifen The Last Witch Hunter zeigt den Hauptdarsteller Vin Diesel als testosteronstrotzenden Überberserker zunächst im Mittelalter. Dort wird er als Rache von einem seiner Opfer zu ewigem Leben verdammt. So überdauert er die Jahrhunderte, bis er im New York der Gegenwart in seine letzte große Schlacht gegen das absolut Böse ziehen muss: Auf dem Spiel steht die gesamte Menschheit! Ganz klar, dass er zwischenzeitlich nicht mehr nur mit scharfen Klingen herumfuchtelt, sondern auch eine stattliche Sammlung halb- und vollautomatischer Waffen sein Eigen nennt. Mit diesen, einer Reihe anderer Utensilien und natürlich althergebrachter Muskelpower schlachtet er brutalst möglich alles ab, was ihm in die Quere kommt. Dabei an seiner Seite: Game of Thrones-Amazone Rose Leslie als natürlich rothaarige Bibi Blocksberg, der zweifache Oscar-Gewinner Michael Cane als väterlicher Inquisitor und als sein Nachfolger die Hobbit-Inkarnation Elijah Wood.

Der Film könnte trotz oder wegen seines einfallslosen Plots Basis eines unterhaltsamen, wenn bewusst geistlos gehaltenen Abends sein. Das also, was von einem Action-Film erwartet wird. Doch muss The Last Witch Hunter schon vorab das Prädikat „geschmacklos“ verliehen werden. Dafür ist nicht die gewohnt überbetont positive Darstellung roher Gewalt und schlichtester Rollenmodelle hauptverantwortlich, sondern Diesels Leinwandkontrahentinnen: Er bekämpft nicht als durchaus interessanter Charakter außerirdische Schattenwesen oder James Bond-(das ist absurd)-Hyperbel seit jeher aufs Gemeinsein abonnierte Russen. Im Auftrag und mit Unterstützung der katholischen Kirche mordet Diesel: „Hexen“.

In abstoßender, zynischer Manier verarbeitet dieses Ding eines der finstersten realen Kapitel europäischer und amerikanischer Geschichte. Der Film macht einen von menschenverachtender Propaganda angeheizten Massenmord zum Sujet leichter Unterhaltung. Er glorifiziert die systematische, von Staat und Kirche betriebene und geförderte Denunziation, Erniedrigung, Folter, Vergewaltigung, Erdrosselung, Ertränkung, lebendige Verbrennung; verharmlost die unvorstellbaren Schmerzen, das Martyrium, die Ermordung zehntausender unschuldiger Frauen. Und macht die Vollstrecker eines gesellschaftlichen Kollektivamoklaufs zu „Helden“. Ihr blutdürstiger Aberglaube wird auf der Leinwand Wirklichkeit. Angenommen, Hollywood (oder Babelsberg) destillierte aus den Wahnvorstellungen von einer "jüdischen Weltverschwörung" ein ähnliches Spektakel um einen letzten, unbeirrten SS-Supermann als Hauptfigur.

Im Film werden „Hexen“ bis in die Gegenwart gemordet – so auch, beispielsweise in Burkina Faso, in der Realität. Deutschlands letzte „Hexe“ wurde am 2. April 1756 verbrannt. Veronika Zeritschin war 15 Jahre alt.

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Geschrieben von

David Danys

Pfarrers Kind und Müllers Vieh, // Gedeihen selten oder nie.

David Danys

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