"Ich bin kein Nazi, aber..."

AfD/Pegida Wer die wahren Sorgen, Nöte und Ängste der AfD- und Pegida-Anhänger_innen wissen will, braucht nur zuhören: Sie schreien es heraus.

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Frauke Petry am 7.11. in Berlin; Foto: eigene Arbeit

Sigmar Gabriel (SPD) hat schon. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Baden-Württembergs Winfried Kretschmann (Grüne) möchten und auch Sahra Wagenknecht (Linke) würde gerne: mit Pegida reden. Der AfD-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag Björn Höcke zu Gast bei Günther Jauch, die Bundessprecherin Frauke Petry bei Maybritt Illner. Und doch behaupten sie, ihre Meinungsfreiheit würde eingeschränkt, man ließe sie, die sie ja „die Stimme des Volkes“ wären, nicht zu Wort kommen. Schließlich, so ist sich die Politik einig und die Medien überschlagen sich darin, wer es am häufigsten schreibt: Müssten die „wahren“ Ängste dieser Menschen gehört und ernst genommen werden. Die Nöte der Abgehängten, sozial Schwachen, der „besorgten Bürger_innen“. Wo waren sie, diese „besorgten Bürger_innen“, als 2003 die Hartz 4-Gesetze verabschiedet, als 2007 Pleitebanken für 30 Milliarden Euro gerettet wurden und nicht Menschen, als die Regierung 2010 eine Rentennullrunde durchboxte? Warum zeigen sie plötzlich so viel Empathie für die „deutschen“ Obdachlosen, die ihnen vorher gleichgültig oder Sozialschmarotzer waren, wie auch die verhaßten Arbeitslosen? Seit wann nehmen diese Männer und Frauen, die in Dresden auf dem Theaterplatz wie in der ganzen Bundesrepublik sich versammeln, so viel Anteil an dem Schicksal von Vergewaltigungs- und Gewaltopfern?

Dabei schreien sie es unüberhörbar heraus: „Lügenpresse! Halt die Fresse!" Auf der AfD-Kundgebung vorvergangenen Samstag in Berlin hieß es, die Gegendemonstrant_innen würden für ihre Anwesenheit bezahlt. Selbst Frauke Petry erklärte, diese wären in Wahrheit von der Regierung vorgeschoben, von den „Konsensparteien“, der „größten Koalition in der Geschichte Deutschlands von der CSU bis zur Linken.“. So gesehen, müssten sie gar nicht beachtet werden, seien sie doch nur Statisten, wie die "Merkel-Diktatur" selbst. Frau Dr. Petry unterstellte Angela Merkel, den Zuzug einer Million Einwander_innen jährlich zu planen. Sie stellte wildeste Spekulationen und Gerüchte als Tatsachen dar. Der Begriff „Lügenpresse“, einst eine Goebbelsche Lieblingsphrase, bringt es auf den Punkt: Diese Männer und Frauen lehnen nicht nur die Positionen derer ab, die anders denken als sie – sie lehnen deren komplette Realität ab. Ihre eigene stückeln sie sich dann aus netzplanet, pi-news, deutsche wirtschaftsnachrichten, Compact, Junge Freiheit und vielen anderen "Alternativmedien" zusammen, so wie es individuell beliebt – Blogs und Zeitungen, in denen davon, dass "Migration der einzige Grund für Gewalt an Schulen sei" bis zu einem „Genozid am deutschen Volk“ die Rede ist. Ja, es muss anerkannt werden, dass die Parteigänger_innen von AfD und Pegida ihre öffentliche Besorgnis zur Sozialverträglichkeit der Migration oder zum angespannten Arbeitsmarkt nur zur Camouflage ihres eigentlichen Problems nutzen. Dass sie vor keinem Schicksal zu viel Respekt haben, um es nicht für ihre Zwecke zu missbrauchen: sei es das Leid in Teilen des Islams unterdrückter Frauen oder die französischen Fahnen, die sie Montag schwenken werden. Ihr Problem sind nicht die Angst vor sozialem Abstieg oder der Zunahme von Straftaten. Ihr Problem sind Ausländer_innen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

David Danys

Pfarrers Kind und Müllers Vieh, // Gedeihen selten oder nie.

David Danys

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