Die "political revolution" ist (vorerst) vorbei. Nach der Wahlniederlage in Kalifornien ist klar: Hillary Clinton liegt nun auch nach pledged delegates uneinholbar vorne und wird als erste Frau der großen Parteien Präsidentschaftskandidatin werden. Historisch. Dieser Begriff passt jedoch in vielerlei Hinsicht zum diesjährigen Rennen um die Nominierungen. Während mit Donald Trump ein klarer Anti-Establishment-Kandidat die republikanische Partei spaltet, hat auch Bernie Sanders Geschichte geschrieben.
Ein demokratischer Sozialist, der Milionen amerikanische Wähler*innen überzeugt und Stadien füllt? Bis vor kurzem war dies unvorstellbar. Doch der 74 jährige Bernie Sanders machte es möglich. Trotz des heftigen Gegenwinds aus Medien, dem Parteiestablishment und Superdelegates. Letztere werden Hillary Clinton zur Kandidatin küren, eventuell gar in einer contested convention. Dies alleine kann als Erfolg für den linken Senator aus Vermont verbucht werden, wurden seiner Kampagne noch vor Monaten kaum Chancen zugerechnet.
Doch der jahrzehntelang als unabhängiger Kandidat angetretene Sanders hat mit seinem Kampf gegen Lobbyismus, Ungleichheit und Rassismus Hillary Clinton inhaltlich vor sich her getrieben. Von Woche zu Woche hat er Themen wie Freihandelsabkommen, Studiendarlehnen und Wahlkampffinanzierung gesetzt. Wie viel davon im Präsidentschaftswahlkampf einer Hillary Clinton und in den ersten Jahren danach die Debatten beherrscht, bleibt abzuwarten. Dazu muss eine Präsidentschaft von Donald Trump mit allen Mitteln verhindert werden.
Fakt ist aber, dass Bernie Sanders linken Kräften auf Dauer eine Plattform geschaffen hat. Eine Bewegung, die die Erneuerung der demokratischen Partei vorantreiben wird. Sein Einfluss ist größer denn je, und wer Sanders kennt, weiß, dass er ihn nutzen wird, um die Demokraten zu öffnen und Reformen voranzubringen. Vielleicht kann er schon in den kommenden Verhandlungen mit Obama und Clinton den Grundstein dafür legen.
Seine Kampagne hat bewiesen, dass jahrzehntelange Standhaftigkeit Menschen überzeugt und für Politik begeistert – ähnlich wie im Fall des Sozialisten Jeremy Corbyn. Der Wert der Glaubwürdigkeit wird zum zentralen Moment politischer Kampagnen – ein klares Zeichen an alle politischen Akteure der weltweiten Linken.
Mit seinen Auftritten hat er (unabhängig davon, ob man ihn nach eigenen Maßstäben als Sozialisten bezeichnen mag) Begriffe wie den "demokratischen Sozialismus" wieder salonfähig gemacht. Mit all dem Enthusiasmus ist dank Bernie Sanders rund um eine jahrzehntelang geschmähte Vision eine neue politische Bewegung entstanden. Ein Movement, das vor allem junge Menschen begeistert – stärker als Trump, Obama und Clinton es jemals konnten.
Dabei hat sich auf der Grundlage der unorganisierten Occupy-Wall-Street-Akteure eine wahre Graswurzelbewegung entwickelt. Eine Bewegung mit dem Potenzial, die Politik der Vereinigten Staaten auf Dauer nach links zu verschieben und dem Kapitalismus etwas entgegenzusetzen. Bernies Niederlage ist in Wahrheit ein völlig unerwarteter Sieg, der seinen eigenen Worten nach die Zustände verändern wird. Denn "it is more than Bernie. It is all of us together. Our vision must and will be the future".
Kommentare 7
Das Erstaunliche: Völlig unerwartet haben sich viele Menschen aus der bürgerlichen Mitte herausbewegt. Das träge Schweigen hat dort ein Ende gefunden. Zentral sind die horrenden Gesundheitskosten-Explosionen der letzten Zeit, die nicht mehr nur die Armen zuerst treffen. Gerade wenn es den Leuten vor ihrer Haustür massiv an die Substanz geht, werden sie aktiv. Das ist besonders am mittlerweile riesigen Stop Fracking-Movement deutlich. Bernie Sanders hat entschieden 'frack off" gesagt. Auch dass er den Weltpolizisten USA ablösen will imponiert sehr vielen in dem, früher eher konservativen, Mittelstand. Sie sind kriegsmüde und trauen der aggressiven Aussenpolitik der Hillary Clinton nicht über den Weg. Lybien und Haiti und weitere Verbrechen gegen die Humanität sind unbestritten und unvergessen. Die schmutzigen Waffendeals während ihrer Amtszeit kommen hinzu. Clinton hat unrühmliche Geschichte geschrieben, da hilft auch Wahlmanipuation nichts. Bernie Sanders hätte einem Trump die Stirn bieten können. Der DNC will lieber eine Niederlage mit dem Wunschkandidaten HRC hinlegen als 'Change' mit POTUS Bernie Sanders zu wagen. Das darf getrost als Masochismus bezeichnet werden. Bernie Sanders hat Geschichte geschrieben und die ist noch nicht zu Ende.
Vietnam hatte wohl nicht gereicht, aber jetzt ...
Danke für den Hinweis auf dieses zuglich berührende und Mut machende Video. Das Logo links unten sieht mir so aus wie von "Democracy Now": ist der Originalbericht von diesem Sender? (Eine faire Nennung der Originalquelle gehört m.E. eigentlich in die Beschreibung zum Video)
Wissen Sie um was für einen eigenartigen Orden es sich da handelt, der so inflationär vergeben wird?
Du fragst Sachen :-)
Orden an sich werden vergeben, damit !man! sich die an die Brust nageln kann und alle Welt sieht: "Was für ein Held."
Ich selbst bin in Bremen aufgewachsen und Hanseaten nehmen so was nicht, das gilt dort als unfein - ich bin gegen Orden also immun.
Zum deutschen Hintergrund: Artikel 109 WRV
Orden waren in der Weimarer Republik also verboten und als Adolf zu Hindenburg ging, um sich um den Reichskanzlers zu bewerben, sagte er: "Bei mir gibt es Orden satt," und schon hatte er den Job.
Besonders Militärköppe vergeben jede Menge Orden - wenn so'n Dödel überlebt hat - das hebt die Stimmung und alle machen weiter.
Es habdelt sich bei den weggeworfenen Orden also um militärische Orden beliebiger Verdienststufe - da gibt es große Unterschiede.
Der Oberverweser von Orden ist in der Berliner Republik Deutschland BRD der BundesPräses und in den Ländern die Ministerpräses.
Korrektur:
Es handelt sich bei den weggeworfenen Orden also um
Hab' jetzt das Original gefunden: ist tatsächlich ein Beitrag des Senders "Democracy Now", wo's sogar ein Transcript gibt:
"No NATO, No War": U.S. Veterans of Iraq and Afghanistan Return War Medals at NATO Summit (Democracy Now)
Das Video sollte man sich regelmäßig angucken, um sich daran zu erinnern, dass es in den USA nicht nur Breszinski, Wolfowitz und Hillary gibt. (Für Nostalgiker: mal wieder "Sprache der Mörder" von Degenhardt hören).
Gibt es eigentlich in D einen vergleichbaren Sender?
Danke für das Original, ich hatte das Video von YouTube.
Welche Sender es hier in D gibt, weiß ich nicht, ich hab nur einen Kläpptopp und keine Glotze.