Der unerträgliche Populismus der CSU

Asyldebatte Mit unterschwellig rassistischer Rhetorik und billigem Stammtisch-Populismus geht die CSU auf Stimmenfang. Eine Partei der Mitte ist sie dabei längst nicht mehr

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Horst Seehofer in Pose
Horst Seehofer in Pose

Bild: Alexander Hassenstein/Getty Images

Eins hat uns die heftige Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen gelehrt: die CSU ist eine radikale Partei. In der Mitte waren und sind die bajuwarischen Christsozialen nicht beheimatet. Mit unerträglich dumpfem Populismus und latent fremdenfeindlicher Rhetorik fischt die Partei seit jeher am rechten Rand. Warum also behandeln wir die CSU so, als gehöre sie der moderaten Mitte an?

Da ist zum Beispiel der Klassiker-Spruch: " Wir sind nicht das Sozialamt für die ganze Welt". Er fand sich auf Plakaten von AfD und NPD, aber auch CSU-Chef Horst Seehofer nimmt ihn gern in den Mund. Da ist sein fragwürdiges Versprechen, sich in der Berliner Koalition "bis zur letzten Patrone" gegen "Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme" zu wehren. Da ist auch der mantraartig wiederholte Kampfbegriff "massenhafter Asylmissbrauch" - der übrigens völliger Unfug ist: jeder hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen; Missbrauch ist daran gar nichts.

Und anders als es die CSU darstellen will, haben auch Menschen vom Balkan reale Gründe zu fliehen - ein Drittel der Asylbewerber vom Balkan etwa sind Angehörige der Roma-Minderheit, die in ihren Heimatländern systematisch diskriminiert wird. Klar ist: das Asylrecht deckt aktuell Flucht aus wirtschaftlichen Gründen nicht ab. Wer aus dem Balkan vor ökonomischem Elend flieht, kann hier kaum auf Asyl hoffen. Doch die Antwort der CSU - Express-Abschiebezentren einzurichten, ist falsch. Stattdessen muss es ein Einwanderungsgesetz mit Arbeitsvisa für diese Menschen geben. Und dreimal darf man raten, wer sich dagegen sperrt: es ist natürlich die CSU.

Anstatt an konstruktiven Lösungen zu arbeiten, pflegen die Christsozialen jedoch ihren Hetz-Populismus. Und gehen zu völlig absurder Panikmache über. Andreas Scheuer etwa sagt mit gegelten Haaren in Fernsehkameras, "60 Millionen" stünden "an den Grenzen". Wie solle man dieser "Massen" Herr werden. So kreiert er ein unrealistisches Drohszenario: natürlich weiß ein Andreas Scheuer, dass nicht 60 Millionen an Deutschlands Grenzen ausharren. Aber sagen tut er das nicht. Ebenso abwegig ist sein Bild von einer neuen 'Völkerwanderung' - die zum 'Implodieren' der Gesellschaft führen könne - mit dem er gezielt Angst vor einer vermeintlichen 'Überfremdung' schürt. Ein anderes Mal hört man Scheuer sagen, das Asylrecht sei nicht für "Sozialtouristen, die einen Freifahrtschein ins All-inclusive-Sozialparadies buchen wollen" gemacht. Das ist verbale Brandstiftung in Reinform, ebenso wie sein Gerede von Menschen, die sich in Deutschlands "soziale Hängematte legen" wollten. So viel Zynismus und Kaltschnäuzigkeit macht sprachlos.

Und wenn der Blogger Sascha Lobo bei Maybritt Illner kess, wenngleich nicht unberechtigt, vorschlägt, man könne die Flüchtlinge doch Vertriebene nennen, sagt Bayerns CDU-Innenminister Joachim Herrmann empört, das sei doch eine ' Beleidigung' für alle 'wirklich damals Vertriebenen'. Warum eine Beleidigung, Herr Herrmann? Etwa weil die Menschen aus Syrien oder Afghanistan weniger wert sind in ihrem Weltbild? Und warum eigentlich nicht? Schließlich sind diese Menschen völlig richtig als Vertriebene zu beschreiben - vertrieben etwa durch Krieg oder die Terrormiliz IS.

Die CSU hat sich den Rassisten in der Asyldebatte angebiedert wie keine andere Partei. Die öffentlichkeitswirksamen Statements, mit denen sich Spitzenpolitiker der Partei jetzt von rechtsterroristischen Anschlägen distanzieren , kann nicht darüber hinwegtäuschen. Kriminelle Ausländer raus, krakeelten sie auf den Straßen von Freital; und die CSU sagte 'wer betrügt, der fliegt'. Mit primitiven Vorurteilen und billiger 'Klartext'-Rhetorik leistete die Partei den rechtsextremen Untaten Vorschub. Sie half, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem Flüchtlinge als Bedrohung und Belastung gesehen werden. Sie gab den "Das-Boot-ist-voll"-Sprüchen und dem "Asylbetrüger"-Rassismus einen Anstrich der Seriosität und Legitimität. Die CSUler hatten keine Skrupel, mit markigen Bierzeltreden die fremdenfeindliche Stimmung anzuheizen, nur um ein paar Wähler einzufangen. Dass sie dabei womöglich mithalfen, die zerstörerischen Kräfte rassistischen, gewaltbereiten Hasses zu entfesseln, kümmerte die Christsozialen wenig.

Der Lack ist ab, und nun kommt das wahre Gesicht dieser Partei mehr zum Vorschein als je zuvor.

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Geschrieben von

David Antonio Ztr

Schülerjournalist und Fotografiefan . Leidenschaftlich politisch engagiert und interessiert bei Themen wie Menschenrechten oder sozialer Ungleichheit.

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