Die Idee des Bedingunslosen Grundeinkommens (BGE) wird zunehmend diskutiert und rückt somit ins öffentliche Bewusstsein. Hier möchte ich einmal meine Gedanken bisher und meine Sicht als bewegter Bürger und alternativer Linker darlegen. Grundsatzmäßig befürworte ich ein BGE.
Es gibt inzwischen eine Reihe von BGE-Modellen. Eine Übersicht zum derzeitigen Stand in Sachen Grundeinkommensmodelle von Ronald Blaschke ist via dem Artikel 'Aktualisierte Modellübersicht Grundsicherungen und Grundeinkommen' auf der Website der BAG Grundeinkommen Der Linken zu finden. Ronald Blaschke teilt die Modelle in drei Gruppen ein: Grundsicherungen, partielle Grundeinkommen und bedingungslose Grundeinkommen.
Interessant ist, dass quer über das demokratische Spektrum - innerhalb und außerhalb der Parteien - Modelle diskutiert werden. Ich betrachte nur die Modelle der letzteren Gruppe als zukunftsweisend (die Erläuterung dazu siehe nachfolgend). Ich stimme der Definition von Ronald Blaschke und des Netzwerks Grundeinkommen Deutschland zu, dass ein BGE existenzsichernd sein muss und eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll, ein individueller Rechtsanspruch auf ihn bestehen soll, es ohne eine sozialadministrative Bedürftigkeitsprüfung zu gewähren ist, sowie ohne einen Zwang zur Arbeit und ohne einen Zwang zu anderen Gegenleistungen zu garantieren ist. Auch sollen alle Menschen einen Rechtsanspruch auf das Grundeinkommen haben.
Zusätzlich zur Existenz- und Teilhabesicherung an sich gilt es, dem Demokratie- und Sozialabbau, sowie der Prekarisierung und der Entwertung bzw. der Geringschätzung von Arbeit bzw. Wertschöpfung entgegenzuwirken. Zudem soll den Veränderungen der modernen Arbeits-, Wertschöpfungs- und Wirtschaftswelt zu Lasten der Allgemeinheit Rechnung getragen werden. Zusammengenommen werden emanzipatorische Effekte in der Bevölkerung erzielt. Weitere Gedanken dazu sind in meinem älteren Blog-Artikel 'Arbeit und Entgelt' zu finden. Siehe auch Artikel 1 (1) GG: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« und Artikel 20 (1): »Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.«
Vom finanziellen Aspekt her bewirkt ein BGE, dass das Gesamtvermögen wirtschaftsdemokratisch von oben nach unten umverteilt wird und in den gemeinwohlorientierten Umlauf gebracht wird. Heutzutage findet aufgrund der kapitalistischen Wirtschaftsmacht und der dazugehörigen neoliberal-neokonservativen Politik eine Umverteilung von unten nach oben statt. Siehe auch Artikel 14 (2) GG: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.«
Es finden sich interessanterweise ebenfalls quer über das demokratische Spektrum Gegner des BGE, auch auf der politisch linken Seite (parteimäßig und außerparteimäßig). Momentan feststellen kann ich Befürworter eher in den alternativ und progressiv linken Reihen, und Gegner eher in den gewerkschaftlich und klassisch linken Reihen. Das hat auch seine Logik, denn im klassischen Sozialismus und der klassischen Sozialdemokratie mit der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung des 19. und anfänglichen 20. Jahrhunderts stand die Lohn- bzw. Erwerbsarbeit mit der Arbeiterschaft auf der einen, und der Unternehmerschaft auf der anderen Seite im breiten Mittelpunkt. Das setzt sich auch bis heute fort, wo sich einerseits gewerkschaftlich bzw. klassisch orientierte Sozialdemokraten, Sozialisten bzw. Linke, und andererseits Neoliberale bzw. Neokonservative gegenüberstehen, jedoch beide Seiten mit einer Lohn- bzw. Erwerbsarbeitsorientierung.
Ich gehe linksalternativ und mit dem Mut zur Utopie darüber hinaus. Das BGE sehe ich als Einkommensgrundrecht für alle Bürger, unabhängig, ob jemand nicht arbeitet, arbeitssuchend ist, Lohn- bzw. Erwerbsarbeit oder andere Wertschöpfung leistet. Sonderbedarfe für entsprechend bedürftige Personen und Personengruppen (chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen, usw.) kommen natürlich dazu.
Als zweites Standbein sehe ich das Wertschöpfungsentgelt, das die Honorierung von Arbeit jeglicher Form (Lohn- bzw. Erwerbsarbeit, selbständige Arbeit, ehrenamtliche bzw. unentgeltliche Arbeit, Kreativarbeit usw.) ist. Dass Wertschöpfung von Menschen (materielle und immaterielle Produkte, Dienstleistungen, Kunst, usw.) nicht allgemein wertgeschätzt wird, sehe ich als ein Grundproblem in unserer Gesellschaft an. Siehe für weitere Gedanken dazu wiederum meinen vorgenannten älteren Blog-Artikel.
Diese Wertschöpfung besser zu ermöglichen und die Wertschätzung dafür indirekt zu erhöhen, dem dient das BGE auch, wenn auch mehr als Übergangslösung, bis ein entsprechendes Allgemeinbewusstsein gebildet wurde.
Das BGE kann darüber hinaus die Verhandlungsposition von Arbeitssuchenden erhöhen, und ihnen in der Zeit der Suche Sicherheit bieten. Allerdings macht es vorgeschriebene Mindestlöhne, Branchen-Tariflöhne und gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit (Leiharbeiter und fest Beschäftigte) nicht überflüssig. Diese Schutzregelungen sind auch heute schon unabhängig vom BGE notwendig, um das massive Lohndumping zu unterbinden. Zusätzlich darf man in dem Zusammenhang nicht diejenigen temporär Beschäftigten aus anderen Staaten vergessen (siehe beispielsweise die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU), die kein BGE erhalten (sofern dieses nur an in der BRD Ansässige bezahlt wird). Diese wären ohne die Lohnschutzrechte ja doppelt angeschmiert.
Auch das Ausspielen der noch sicher Beschäftigten, der prekär Beschäftigten und der Beschäftigungsuchenden gegeneinander kann das BGE mindern. Die noch sicher Beschäftigten schinackln vor Angst um ihren Arbeitsplatz die ganze Zeit unter Druck. Die Prekarisierten pendeln ständig zwischen schlauchender Arbeitssuche und prekären Arbeitsverhältnissen (hoffend auf gute und sichere Arbeit) hin und her. Die ganz aus dem Arbeitsprozess Herausgefallenen fallen mit Hartz4 in die Armut.
Zu Details und zur Finanzierung kann man sich die im vorgenannten PDF-Dokument von Ronald Blaschke aufgeführten BGE-Modelle (Punkt 7.) anschauen. Interessant von diesen erscheint mir eine Kombination des Modells der BAG Grundeinkommen in und bei der Partei Die Linke ("in und bei" = Parteimitglieder und Nicht-Parteimitglieder) und des Modells von Matthias Dilthey. Jedenfalls sollte die Finanzierung sozial gerecht wie schon vorerwähnt von oben nach unten erfolgen.
Wenn die neoliberal-neokonservative Politik, die brachialkapitalistische Wirtschaft und der entsprechende Teil der Bevölkerung so wie bisher weitermachen, dann wird die Schere zwischen Reich und Arm noch weiter auseinandergehen, und es wird soziale Unruhen geben. Welcher Zustand am Ende herrschen wird, ist nicht vorherzusagen, aber ein friedlicher und demokratischer Staat wird es nicht sein, sondern kommen wird entweder eine Diktatur, eine Revolution, ein Bürgerkrieg oder eine Kombination davon. Ein emanzipatorisches BGE tut viel weniger weh.
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14:53 24.11.2010
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Kommentare 43
Da nur ein nach unten abgesichert dynamisiertes BGE hinreichend vor den Gefahrenlagen einer Weltwirtschaft beim Übergang von der Güterproduktions- zur Fianzprodoktgesellschaft schützen kann, wäre es da nicht sinnvoller, das BGE als eine Art vermögensbildenden Investivlohn der deutschen, der europäischen, der globalen Wirtschaft zu organisieren, der aus dem von der Weltwirtschaft aufgestellten Kapitalstock einen Weltfinanzfonds finanziert wird?
Die Verengung der politischen Debatte weg von allgemeiner Partizipation in Gesellschaft und Wirtschaft durch die Etablierung demokratischer Strukturen hin zu einer reinen BGE Debatte birgt die Gefahrenlage, denen auf den Leim zu gehen, die das BGE schon längst über die Agenda 2010/Hartz IV auf Kiel gelegt vom Stapel lassen.
tschüss
JP
>Die Idee des Bedingunslosen Grundeinkommens (BGE) wird zunehmend diskutiert und rückt somit ins öffentliche Bewusstsein. Hier möchte ich einmal meine Gedanken bisher und meine Sicht als bewegter Bürger und alternativer Linker darlegen. Grundsatzmäßig befürworte ich ein BGE.
Ich habe hier zum BGE schon ein paar Male kommentiert, dass es Mausetot ist, weil sich keine politischen Mehrheiten zur Durchsetzung finden werden.
Wer arbeit schon gerne, damit andere ein BGE ohne Arbeit erhalten können!
Ob es der Emanzipation oder für andere Dinge zuträglich wäre, spielt dabei überhaupt keine Rolle.
Die Transfergrenze würde durch ein BGE dermaßen weit abgesenkt werden (z. B. 73 % beim "moderaten" Althausmodell), dass der überwiegende Teil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten draufzahlen müßte.
Keine Partei/Koalition würde vor diesem Hintergrund dafür Mehrheiten erlangen!
Die BGE-Kampagne läuft und läuft und ermüdet nur noch alle Beteiligten. Schade nur, das dieser stumpfe Propaganda-Kram immer auf die Startseite gehoben wird ...
@hadie
>Die BGE-Kampagne läuft und läuft und ermüdet nur noch alle Beteiligten.
Bin mir auch nicht sicher, ob man darüber überhaupt noch bloggen/kommentieren sollte.
Das BGE ist aus den oben erwähnten Gründen m. E. tot!
Andererseits kann ich es menschlich nachempfinden, dass die Klientel der ewig Benachteiligten das Thema immer wieder gut finden.
siehe dazu :
www.freitag.de/community/blogs/joachim-petrick/bedingungsloses-grundeinkommen-bge-eine-verdeckungsdebatte
24.11.2010 | 20:49
Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE), eine Verdeckungsdebatte?
innenpolitik
Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE), eine obskure Verdeckungsdebatte?
Für die schnöde Existenzsicherung, halbwegs ökonomisch begründet, werden immer weniger Menschen gebraucht. Die Zahl der Minderleister, der Unterschichtler oder sonstig und gerade in ökonomischem Sinne nicht weiter verwertbaren Menschen steigt permanent an.
Außer den Koch'schen Bootcamps, dem "universal soldier" zur Sicherung unserer weltweiten Handelsinteressen oder der medikamentösen, ggf. drogenorientierten Ruhigstellung bleibt "irgendwann" nicht mehr viel. Ben Bernanke hatte da schon recht: Geld (oder bunte Glasperlen) vom Helicopter abwerfen kann das Hamsterrad noch etwas weiter drehen - aber es wird immer mehr sein müssen...werden immer mehr Menschen subprimed.
Weiter "Alternativen"?
Das bedingungslose Grundeinkommen als Deal, als Gegenleistung für Wohlverhalten wird kommen. Und dies ausschließlich im Interesse der wenigen, derer, die durch exessive Verfolgung ihrer Partikularinteressen Macht und Besitz, damit beinahe ausschließliche Gestaltungsmöglichkeit haben.
Ein positiv gesteuertes BGE wäre natürlich der Apocalypse vorzuziehen, aber wie heist es so fatalistisch, dennoch treffend:
"Wer viel hat, hat auch viel zu verlieren" vice versa...
@ebertus
Das bedingungslose Grundeinkommen als Deal, als Gegenleistung für Wohlverhalten wird kommen. Und dies ausschließlich im Interesse der wenigen, derer, die durch exessive Verfolgung ihrer Partikularinteressen Macht und Besitz, damit beinahe ausschließliche Gestaltungsmöglichkeit haben.
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Dazu braucht man doch kein BGE!
Viel zu teuer!
Unterschichtenfernsehen auf RTL ist viel billiger!
Da gibt es ordentlich - z. B. bei DSDS - etwas zu jubeln!
Warum gibt es denn eine "Klientel der ewig Benachteiligten"?! Ja doch wohl, weil es in einer Konkurrenzgesellschaft zwangsläufig Verlierer geben muss - sonst könnten andere ja nicht gewinnen. Und es ist keineswegs so, dass man dumm und faul sein muss, um zu den Verlieren bzw. Benachteiligten gehören zu müssen. Ich finde das Bürgergeld zwar auch nicht gut, aber nicht, weil ich es ungerecht fände, wenn die einen dann "für die anderen mitarbeiten müssten" - das ist ja sowieso der Fall. Ich arbeite auch dafür, dass mein Chef sich ein nettes Haus und mehrere Fernreisen pro Jahr leisten kann, die ich mir eben nicht leisten kann, obwohl ich auch jeden Tag antrete um mich ausbeuten zu lassen. Klar, Sozialneid. Aber wenn man für Gier ist, dann muss man auch Neid zulassen.
@modesty
Und es ist keineswegs so, dass man dumm und faul sein muss, um zu den Verlierern bzw. Benachteiligten gehören zu müssen.
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Da haben Sie Recht!
Man muß auch etwas Glück bzw. kein Pech haben.
Z. B., meinen späteren Big Boss hatte ich mal massiv angegriffen.
Da war es Schluß mit der Karriere.
Durfte das Gebäude, in dem er residierte, nicht mehr betreten! Das war Pech!
Das ich nicht ganz aus der Firma flog, war Glück (im Unglück)!
Der Staat kann nun mal nicht jedes Lebensrisiko absichern; es wird immer Gewinner und Verlierer geben- in jedem System auch beim BGE. Wer den Leuten was anderes verspricht, handelt fahrlässig und unredlich.
Ganz platt ausgedrückt: Wer hässlich auf die Welt kommt, hat Schweirigkeiten nee Olle zu finden. Wer strunzendämlich geboren wird, kriegt keinen gutbezahlten Job. Ist das gerecht? Nein. Wird man das jemals ändern können? Nein.
@ ebertus
Selbstverständlich wird das BGE niemals kommen; allerhöchstens in der minimalistischen Althaus-Bürgergeld-Variante nur auch da sehe ich weder politisch noch gesellschaftlich eine Mehrheit dafür.
@Mandelbrot
......jetzt raten Sie mal,
wer davon die Linken wählen wird? ;-)
@Mandelbrot
Darf ich dies als Verneinung der Verneinung verstehen? Immerhin zeigt Ihre Bestätigung (sorry, natürlich suggestiv) dass Sie a) "den Althaus" und seine vorgeschlagene Haustierhaltung zumindest rudimentär kennen und b) eben doch, wenn auch verbrämt, relativierend davon ausgehen, dass so etwas kommt. Politisch-gesellschaftliche Mehrheiten sind irrelevant, wenn die Mehrheit Bezieher ist.
Auch wenn sich die Eliten und ihre politisch-medialen Marionetten von jedem Soziallsinn, jeder Verantwortung gelöst haben, so sind sie nicht blöd, können in jedem Falle rechnen; mindestens.
Daher eben der Deal, wenn Medikamente und Drogen, gern auch RTL und Co. nicht mehr ausreichen, wenn das Kanonenfutter in weltweiten Feuer und Schwert-Einsätzen (sorry, Wirtschaftskriegen) nicht schnell genug verbrannt werden kann, wenn die Bootcamps überquellen, die BW im Inneren auch unterhalten werden muss, die Mauern der Gated Communities ohne exorbitante Kosten nicht mehr höher gezogen werden können, ;
dann wird vor der "Endlösung" das BGE kommen (müssen). Ätzender, morbider, jenseitiger Sarkasmus? Oder "morgen" erwartbare Realität?
@ ebertus
Nein ich gehe nicht davon aus, das das BGE in welcher Form auch immer kommt. Ich könnte mir lediglich vorstellen das man es in Richtung Althaus und Co verwirklicht- das ginge relativ einfach. Denn ein Grundeinkommen hat heute jeder nämlich Hartz 4 bzw Sozialhilfe.
Den Zusatz "Bedigungslos" könnten sie relativ schnell und kostengünstig damit erreichen, indem sie jeden Zwang ausschließen, sprich keiner braucht sich um Arbeit bemühen, keiner muss sich bei der Arge melden, keiner muss einen ein Euro Job oder einen anderen Job annehmen der ihm nicht gefällt ohne Sanktionen fürchten zu müssen.
Dann hätten sie eine Art BGE auf sehr niedrigen Level. Vermutlich wird ihnen das nicht gefallen.
Das ein solches Modell kommt, halte ich aber für unwahrscheinlich aber nicht ausgeschlossen. Es gibt nämlich nicht nur Transferempfänger sondern auch Millionen von Menschen die arbeiten und das ganze erst erwirtschaften müssen. Der Deal ist einfach: Es gibt Sozialleistungen und eine Existenzsicherung dafür muss derjenige sich um einen Job bemühen. Damit sind die meisten Leute die nen Riesenberg an Steuern zahlen einverstanden.
Mit dem BGE Modell, das man eben ohne Bedingung Geld bekommt sind die meisten Leute nicht einverstanden und deshalb wird es dafür keine Mehrheiten geben.
So wie ich das sehe, sind sie ja der Auffassung das BGE muss kommen um die Massen ruhigzustellen.
Wenn das so ist, ähmm welche Massen meinen sie?
Nehmen wir mal die Proteste gegen das Sparpaket in Berlin am 13. Juni. Da sind aus ganz Deutschland Leute hingefahren. Wenn die Wut im Volk kocht und am explodieren ist, müssen da ja Millionen von Menschen dagewesen sein oder?
"In Berlin folgten nach Angaben der Veranstalter zwischen 15.000 bis 20.000 Menschen dem Aufruf des Bündnisses "Wir zahlen nicht für Eure Krise"."
www.ftd.de/politik/deutschland/:schwere-krawalle-in-berlin-zehntausende-protestieren-gegen-sparpaket/50126926.html
Nach Angaben der Veranstaler lol. Ist schon traurig oder? Vermutlich waren also nichtmal 10000 Leute da.
ALLEIN IN BERLIN GIBT ES 700 000 HARTZ 4 BEZIEHER!!!! Und zu so einer Demo kommen nicht einmal 20000 Leute?
Ich hab jetzt Berlin rausgegriffen, weil hier der Gegensatz von Leuten die betroffen sind und Leuten die demonstrieren besonders groß ist. Das gilt aber ich gleicher Weise für die letzten Proteste in diesem Monat. Die Teilnehmerzahlen sind lächerlich.
Hatten die Gewerkschaften nicht einen heißen Herbst angekündigt? Selbst bei den Demos im November waren nicht mehr als 100000 Leute. Wieviele Leute waren bei der Loveparade im Juli dieses Jahres? Wesentlich mehr. Merken sie was? Es gibt keine Massen ruhigzustellen. Die Massen sind ruhig.
Also so wie ich das sehe, kommt das Volk mit dem ach so schlimmen Hartz 4 System noch ganz gut klar. Da muss es nicht mit dem BGE ruhiggestellt werden, so wie sie sich das vorstellen, und deshalb wird es auch nicht kommen- abgesehen von den hunderten anderen Gründen die dagegen sprechen.
@Mandelbrot
ALLEIN IN BERLIN GIBT ES 700 000 HARTZ 4 BEZIEHER!!!! Und zu so einer Demo kommen nicht einmal 20000 Leute?
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Vielleicht sind viele von denen mit ihren Lebensumständen zufrieden?!
Osttürken z. B. mit vielen Kindern sind im Vergleich zu ihren gleichqualifizierten Landleuten in Ihrer Heimat sogar Wohlhanbend!
@ Sozenschreck
Denke ich auch! Solange sowenig Leute zu einer Demo kommen, gibt es keinen Cent zuwenig Hartz 4! Und alles gerade von der Wut die im Volk vorhanden ist, ist Schwachsinn!
Gerede
Also vorab, ich hatte das "morgen" natürlich bewußt in Anführungszeichen gesetzt. Da ist noch einiger Spielraum nach unten. War gerade Samstag in Stuttgart auf der Demo gegen S21 dabei. Das ist eine andere Klientel. Wiederhole hier mal kurz, was ich als Eindruck in meinem Blog geschrieben habe:
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Wahnsinn!!! Auf diese in Mehrheit gutbürgerlichen, eher wohl situierten, überwiegend (unterstellt) intelligenten, staatstreuen (aber undankbaren?), nicht vermummten, gänzlich unbewaffneten (weniger wäre nackt) älteren Bürger einzuknüppeln, wie das am 30.09. von der Staatsmacht - und vielfach medial dokumentiert - beinahe "zelebriert" wurde, das ist schon fast ein Verbrechen.
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Bin oft in den USA und auch die dortigen Verhältnisse sind hier noch nicht vollumfänglich angekommen. Das betrifft sowohl die drüben mehr offen sichtbare Armut und beinahe machohafte Präsenz der Sicherheitskräfte als auch, wie bereits 1993 erlebt, die hermetisch (security gated) abgeschlossenen Wohnsiedlungen der Wohlhabenderen.
Ansonsten, würde es mir "als Einstieg", als reload schon gefallen den Zwang aus der H4-Stigmatisierung wieder etwas heraus zu nehmen. Mir schon, vielleicht aber den Profiteuren nicht, die über den Zwang das Niveau für Hungerlöhne, für die zunehmend prekären Arbeitsverhältnisse immer mehr absinken lassen können, damit ja die Abwärtsspirale beschleunigen. Und überhaupt, was nützt der Zwang, wenn selbst bei diesen Bedingungen nicht mal genug Billigjobs existieren?
Es ist gesellschaftspolitisch und in Perspektive, salopp gesagt, für mich wie im Auto als relativ hilfloser, im Zweifelsfall dennoch betroffener Beifahrer. Manche Fahrer haben Überblick und Weitsicht für sich latent entwickelnde Situationen und Anforderungen, bei anderen ist man als Beifahrer in einer permenenten Nickbewegung; wegen der doch "so plötzlich" auftauchenden Hindernisse.
Mir sind weitsichtige Fahrer lieber!
@Mandelbrot
By the way,
es ist natürlich nicht unbedingt repräsentativ.
Aber die 15 H4ler, die ich aus der Kneipe kenne, arbeiten sämtlich nebenher Schwarz.
Viele erhalten dadurch mehr, als sie mit ihrer Qualifikation im normalen Arbeitsmarkt verdienen könnten.
Der Rekordhalter dabei (Kumpel von mir) arbeitet schon seit ca. 20 Jahren nicht mehr!
Sein größtes Problem ist es, vor dem Sozialamt seinen Besitz (1 Haus, 3 Appartements auf Teneriffa) vor dem Sozialamt zu verheimlichen.
Sein zweitgrößtes war es immer, einen Stempel von möglichen Arbeitgebern zu erhalten, dass er für Jobs angeblich nicht geeignet ist.
Er muß natürlich auch laufend aufpassen, dass er nicht denunziert wird.
Von mir natürlich nicht, weil ich gelegentlich eines seiner Apartements kostengünstig anmiete! ;-)
Die meisten der o. g. H4ler fahren ein Auto (auf Muttern oder Sonstwen angemeldet) und auch regelmäßig in den Urlaub.
Da wundert es z. B. auch nicht, dass Fernsehintendanten ihren Kameraleuten angewiesen haben, beim Filmen von H4-Wohnungen die Unterhaltungselektronik nicht zu filmen.
Die Welten des Klagens, der Realitäten und der Politik liegen oft weit auseinander!
@ Sozenschreck
Ja genau das ist das Problem, viele haben sich mit der Stütze hervorragend eingerichtet, vermutlich wäre es deshalb die beste Lösung Hartz 4 auf fünf Jahre zu beschränken. Die nicht unerheblichen Ersparnisse sollte man in Steuer- und Abgabensenkungen für Klein und Mittelverdiener stecken. Das wäre gerecht und Leistung würde sich wieder lohnen!
Sonst reden die Parlamentaier immer so viel von Vereinfachung der Behörden und kürzen und kürzen an Personal, immer nur zum Schaden der gesamten Bevölkerung. Wenn man aber mal durch eine wirklich soziale und mal nicht verächtliche, sondern menschenfreundliche Vereifachungsmaßnahme wie der Einführung des BGE viel Personal, Energie und Geld einsparen könnte, wird nur gemauert, bzw. wird das von vorn herein als indiskutabel abgelehnt. Solange sich das gesamte Wertebewussein nicht radikal ändert, werden auch die Politiker weiterhin so starrsinnig handeln wie bisher und sich kollektiv den angeblichen Sachzwängen ergeben bis in bürgerkriegsähnliche Zustände hinein !
Das ist meine Prognose, basierend auf den bisherigen Erfahrungen und meiner gegenwärtigen Wahrnehmung einer geistigen Windstille von allen Seiten , vor allem von oben !
Ich find es aber gut und bin dankbar, wenn auf diese oder jene Art an der Transformation des gesamten Bewusstseins gearbeitet wird. Das kann man mit konkreten Vorschlägen machen, wie hier von Ihnen, aber auch mit allen möglichen anderen Gedanken-und Verhaltensansätzen, wie z.B. mit einer erhöhten Achtsamkeit und Kritik,zunächst einmal an sich selbst, aber auch gegenüber anderen. Seine Energie in erhöhte Wachsamkeit gegenüber der eigenen Sensibilität und damit auch jener der anderen investieren. Ich finde, die Transformation der Menschheit, die jetzt notwendig ist, kann nur von innen heraus, aus unseren Herzen ihren Anfang nehmen. Ich hoffe, es kommt mir jetzt hier nicht wieder jemand mit Bigotterie ! Das sind eben so undifferenzierte Allgemeinplätze, die wirklich alles andere als hilfreich sind und nur eine bequeme Vereinfachungsformel darstellen für jene, die meinen sie seien schon schlau genug und bräuchten nichtsmehr dazulernen.
Ehrliches Kompliment, ohne den Versuch der Vereinnahmung.
Mit diesem Text hier sind sie (Mann oder Frau) in meiner Aufmerksamkeit, meiner Achtung und bei dem gleichwohl Erkennen von Differenzen doch erheblich gestiegen. Mag Ihnen egal sein, es muss dennoch so stehen bleiben.
Und das mit der Bigotterie in dem anderen Thread wäre vermeidbar gewesen, wo doch ein "grab your own nose" so naheliegend war. Subjektiv und zugegeben bin ich da natürlich (USA-bedingt, siehe weiter oben) vorbelastet, reagiere schon mal allergisch, akribisch nachlesend.
Danke dennoch für die Diskussion(en), ähnlich wie die Beiträge hier (und anderweitig) von Mandelbrot; trotz erheblicher Differenzen wohl und obwohl sie beide hier ja leider kein (nichtssagendes) Profil unterhalten.
Ja, das mit den "bürgerkriegsähnlichen Zuständen" wird kommen; sicher nicht gleich morgen. Habe da gerade etwas auf der SZ geschrieben, dort wo ich heute und wegen der überwiegenden Hofberichterstattung kaum noch aktiv bin:
www.sueddeutsche.de/kultur/debatte-ueber-der-kommende-aufstand-das-hat-er-vom-vater-1.1027927
Mal wieder ein paar "Kommentarkommentare":
>>Man muß auch etwas Glück bzw. kein Pech haben.
Z. B., meinen späteren Big Boss hatte ich mal massiv angegriffen.
Da war es Schluß mit der Karriere.
Das ist nicht Pech im Sinne von Zufall, sondern folgt aus der Tatsache, dass der „Boss“ in seinem Machtbereich Kritik nicht dulden muss. Unabhängig davon, ob sie inhaltlich richtig oder falsch ist.
Und wie Sie selber sagen, sozenschreck, kann er auch einen Arbeitsvertrag kündigen.
Die meisten Kündigungen sind aber nicht „verhaltensbedingt“, sondern „betriebsbedingt“. Anders gesagt, betriebswirtschaftlich begründet. Daraus wurde das Mantra entwickelt: „Uns geht die Arbeit aus!“
Wer in fortgeschrittenem Alter zwei betriebsbedingte Kündigungen hinter sich hat, wird auf dem „Arbeitsmarkt“, und das heisst auch von der Agentur für Armut, als "Schrott" gehandelt, da nützen die besten Zeugnisse nichts mehr.
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>>Wer strunzendämlich geboren wird, kriegt keinen gutbezahlten Job.
Dagegen spricht die Praxiserfahrung:
Wer sich fachlich sehr engagiert und an seiner/ihrer Stelle gute Arbeitsergebnisse bringt, kann höchstens im Rahmen dieses Tätigkeitsbereiches etwas „aufsteigen“, denn er/sie wird dort gebraucht.
Für den Aufstieg in Hierarchien ist es günstiger, sich fachlich eher mässig zu profilieren und stattdessen Selbstdarstellung, Anpassung/Selbstverleugnung und Intrigen zu erlernen.
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>>Unterschichtenfernsehen auf RTL ist viel billiger!
Nun trifft die Arbeitslosigkeit und Verarmung ja immer mehr Menschen, die nicht durch RTL steuerbar sind und keine Mandelbrote futtern.
Und wenn die sich vom Absturztauma erholen, kann es kritisch werden für „die da oben“. Im Moment überwiegt Resignation: Man versucht sich anzuapssen, irgendwie durchzuwusrschteln. „Man kann ja nichts dran ändern“. Eventuell bleibt das nicht so. Die heute Militäreinsätze im Inland planen, rechnen damit, dass es nicht so bleibt und verlassen sich lieber auf die Erfahrungen von 1919.
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>>Mit dem BGE Modell, das man eben ohne Bedingung Geld bekommt sind die meisten Leute nicht einverstanden und deshalb wird es dafür keine Mehrheiten geben.
Welche „Mehrheiten“ denn?
Eine Bundestagsmehrheit, die etwas beschliesst, braucht ausser einer Bunderatsmehrheit keine andere Mehrheit. Oder dachten Sie, Sie wären hier in der Schweiz, Herr Mandelbrot?
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>>Wenn man aber mal durch eine wirklich soziale und mal nicht verächtliche, sondern menschenfreundliche Vereifachungsmaßnahme wie der Einführung des BGE viel Personal, Energie und Geld einsparen könnte, wird nur gemauert, bzw. wird das von vorn herein als indiskutabel abgelehnt.
Das ist nicht schwer zu verstehen: Die Hartz4-Bürokratie ist rein rechnerisch gesehen natürlich extrem uneffizient. Aber sie schüchtert diejenigen ein, die noch einen der immer knapper werdenden Tarifarbeitsverträge haben. Aus Angst vor Arbeitslosigkeit wird heute schon in erheblichen Mengen unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Bezogen auf Kapitalrenditen ist diese monströse Bürokratur also durchaus effizient.
Es wäre gut, wenn der derzeitige „BGE-hype“ zu mehr grundsätzlichen Diskussionen anregen könnte. Man sollte sich dabei aber nicht von Götz Werners eloquenten Werbeleuten leiten lassen
Sondern mal nachdenken
über den Kreislauf Produktion/Konsumtion und die Beteiligung daran,
die Frage „was ist Arbeit, was bewirkt sie und was tun Käufer der Arbeitskraft mit ihr?“
darüber, wie ökonomische Macht und Politik zusammen wirken?
ob nicht der bekannte „Lobbystaat“ grundlegend refomiert werden müsste, bevor wir ihm unsere Lebensbedingungen anvertrauen?
usw...
Red Bavarians Beitrag hier und der verlinkte ältere Beitrag gehen in diese Richtung. Danke dafür.
1. Das Abschieben von Leuten ab einem bestimmten Alter ist ein riesiger Skandal und ich hoffe das die Wirtschaft da langsam mal umdenkt.
2. Sie brauchen eine gesellschaftliche Akzeptanz die die Politik dann im Idealfall aufnimmt und zu Gesetzen macht. Die BGE Idee ist aber nicht sonderlich verbreitet. Gab es zum Beispiel schon mal eine Talkshow der üblichen Verdächtigen (Plasberg, Maischberger etc.) zu diesem Thema?
Das ganze muss erstmal überhaupt der breiten Gesellschaft bekannt sein um daraus resultierend das Thema in die Politik zu tragen.
3.Für mich stellt sich immer wieder die Frage ob man beim BGE tatsächlich soviel weniger Bürokratie braucht. Weil...
- man Ausnahmeregeln für chronisch Kranke usw braucht, denn die benötigen mehr Geld
- man schon weiter in einem gewissen Maße die Argen braucht, irgendwer müsste dann dort ja auch z.B. Bewerbungskosten erstatten oder Fortbildungen anbieten...
- man ein Korrektiv für die unterschiedlichen Preise in Deutschland braucht. Grob über den Daumen geschätzt, kann es bei einer vergleichbaren Zweizimmerwohnung in Deutschland schon Mietdifferenzen von 100 bis 200€ geben. Hat dann derjenige der in München lebt, einfach weniger Geld zur Verfügung als der Bürger in der Mark Brandenburg? Oder schafft man dort einen Ausgleich? Der braucht dann natürlich auch wieder Bürokratie...
All diese Probleme könnte man natürlich dadurch lösen, indem das BGE hoch genug ausfällt. Doch selbst uneingeschränkte Befürworter werden mir wohl zustimmen, das man das BGE eben auch nicht uneingeschränkt hoch auszahlen kann, allein schon aus finanziellen Gründen.
4. Es werden hier keine Militäreinsätze im Inneren geplant um gegen die Bevölkerung vorzugehen. Es gibt doch übrigens Militärseinsätze im Inneren, was ist denn mit der Hilfe beim Hochwasser? Achso da nennt sich das Amtsbeihilfe- so groß ist der Unterschied aber nicht. In dem einen Fall wird dem THW geholfen, in einem möglichen anderen Fall der Polizei.
Im übrigen ist es ziemlich naiv anzunehmen, das wenn hier in Deutschland irgendwo die Scheiße am dampfen ist und die Polizei nicht weiterkommt, das es dann irgendwen interesiert ob Bundeswehreinsätze im Inneren erlaubt sind oder nicht. Dann wird die Bundeswehr ohne lange Diskussionen natürlich im Inneren eingesetzt...
Eine Art Sammelantwort:
Gestern abend war ich in einer Veranstaltung, wo es um die kommunale Finanzpolitik meiner Stadt gegangen ist (der neue Stadt-Haushalt ist diese Woche verabschiedet worden). Einerseits knallhartes "Sparen" aka Kürzen, auch bei den Krankenhäusern und den sozialen Einrichtungen und Leistungen. Andererseits die Bewilligung einer Wahnsinnssumme für ein zweifelhaftes Großprojekt, und die Weigerung, den Gewerbesteuerhebesatz und damit die kommunalen Einnahmen zu erhöhen, mit der Begründung, dass sonst Gewerbebetriebe wegziehen könnten. Als Krönung noch ein Tut-uns-ja-leid-liebe-Bürger-und-wir-tun-für-euch-was-wir-können-aber-TINA-Mantra vom Botschafter des Stadt-Regimes. Als Trost deutliche Widerworte von bewegter und linker Stadtbürgerseite.
Der Kern meiner größeren Erkenntnis: Die Bürger werden nicht mehr als Menschen betrachtet, sondern als Kostenfaktoren. Wie in kapitalistischen Unternehmen die Erwerbsarbeitenden als Kostenfaktoren, nicht als Wertschöpfer betrachtet werden. Die Logik: Maschinen, Computer und Roboter sind billigere Arbeitskräfte, also müssen die arbeitenden Menschen zu Maschinen, Computern und Robotern werden. Der ultimativ rationalisierte Staat der Zukunft kann und wird ohne Menschen auskommen.
Alles bestärkt mich darin, dass eine emanzipatorische Bürgerbewegung (analog zu den Frauen-, LGBT-, Bürgerrechts-, Sozial- usw. Bewegungen) gegen die inzwischen alles durchdringende neoliberal-neokonservative Ideologie notwendig ist. Die BGE-Bewegung ist eine davon. Es geht darum, ein solidarisches Bewusstsein in der Bevölkerung für bürger- und menschenfreundliche Existenz- und Teilhabe-Modelle zu bilden. Es geht um politökonomische und sozialethische Bildung. Es geht darum, neoliberal-neokonservative "BGE-Mogelpackungen" aka "Hartz5" zu erkennen. Es geht darum, den neoliberal-neokonservativen Mantras zu begegnen wie "Das BGE ist tot!": Je öfters das BGE für tot erklärt wird, umso lebendiger ist es logischerweise". Es geht darum, Einwände wie "Das BGE ist nicht finanzierbar" zu widerlegen. Es geht darum, Aussagen wie "Ich arbeite und zahle doch nicht für Leute, die nicht arbeiten" zu widerlegen: Das BGE bekommen alle, also auch Erwerbsarbeitende zusätzlich zu ihrem Lohn/Gehalt, und eine Mehrbelastung für den BGE-Fond entsteht somit erst bei höheren Einkommen, als sie die Masse hat.
Es fließt ja unglaublich viel und immer mehr Vermögen nach oben und sammelt sich da an, auch durch die korrumpierte Politik der vergangenen Jahre mit ihren diversen Begünstigungen für die eh schon vermögenden Reichen, Unternehmen, Banken und Finanzzocker. Der Finanzmarktkapitalismus wird früher oder später eh zusammenkrachen, weil er reell nicht mehr beherrschbar ist. Ein neues Bewusstsein, dass man Geld sinnvoll, verantwortlich und menschlich einsetzt wie für das BGE, ist somit eh vonnöten.
@ebertus: hat mich doch gefreut, dass Sie nicht auch so einer der schier hoffnungslos Starrsinnigen sind. . Ehrlich gesagt,hat mich dies Kommentar da oben ein bisschen Mut gekostet, aber Mut lohnt sich letztendlich immer und gerade jetzt, wo die bisherigen Werte der Gesellschaft alle ins Schwimmen geraten,ist es so wichtig, Mut zu zeigen ! Den Mut zu sich selbst ! Denn das ist ja das, was letztendlich übrig bleibt von uns allen.
Wenn zwei sich streiten, setzt manchmal ein dritter das i-Tüpfelchen und es gleitet ab ins abwegige(bzl.des anderen blogs).
Der Zusammenbruch unseres kapitalistischen Systems wird aber vor allem die Ärmsten treffen. Glauben sie etwa Sozialleistungen sind ein Automatismus? Wenn der Staat pleite ist, gibts kein Hartz 4 mehr, dann können Millionen Menschen schauen wo sie bleiben. Und beim Neuaufbau des Systems wird dann keiner ans BGE denken, sondern erstmal schauen das es allgemein irgendwie voran geht. Sie sind ziemlich naiv.
>>Der Finanzmarktkapitalismus wird früher oder später eh zusammenkrachen, weil er reell nicht mehr beherrschbar ist.
Falls Sie Dieses Meinen, Mandelbrot:
Dass immer mehr „Kapital“ nicht mehr produktiv investiert wurde und in Spekulationsblasen „investiert“, ist nicht eine neue, produktive Art des Wirtschaftens, sondern ein Symptom der Agonie der antiquierten Wirtschaftenweise.
Einen Zusammenbruch des kapitalistischen Wirtschaftens, der ohne staatliche Sozialhilfe schon weiter fortgeschritten wäre, vorherzusehen, ist nicht naiv, sondern realistisch.
Genau deswegen versuche ich die Frage immer wieder in den Raum zu stellen:
Wir haben ein veraltetes Wirtschaftssystem, das seinerseits vom Staat wachsende Verschuldung verlangt und einen wachsenden Teil der Steuereinnahmen direkt in private Bereicherung verwandelt. Mit den Folgen, die red bavarian oben beschreiben hat (kommunale Finanzpolitik)
Können wir darauf eine nachhaltige Versorgung bauen?
Was ist überhaupt das Geld, das wir von diesem Wirtschaftssystem erwarten?
Wie wird sichergestellt, dass die Dinge, die mit diesem Geld gekauft werden sollen, in zuverlässiger Qualität und unter menschentauglichen Bedingungen hergestellt werden können?
Wie wird sichergestellt, dass „die Wirtschaft“ nicht das Geld genau so entwertet wie heute die Arbeitskraft?
Und dann stelle ich eben die ketzerische Ansicht in den Raum: Ich habe gar nichts dagegen, wenn man von mir für die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Gütern ein Mindesteinsatz meiner Fähigkeiten zwecks Erstellung erwarten würde. Denn von nichts kommt nichts. Das ist kein „protestantische Arbeitsethos“, denn ich habe auch nicht das Geringste einzuwenden dagegen, dass Maschinen uns die Arbeit abnehmen, die sie können. (Nur ist es irrational zu behaupten, dass dann Lebensarbeitszeiten von 75 000 Stunden plötzlich nicht mehr ausreichen sollen.)
Aber ich will mich nicht missbrauchen als Kanonenfutter im Wirtschaftskrieg gegen meine noch irgendwo angestellten Kollegen, die um ihr bis jetzt noch vorhandenes bisschen Tarifgehalt zittern.
Ich will mich ich nicht missbrauchen lassen für Arbeitsprozesse, deren Ergebnisse gegen mich gerichtet werden können, weil die falschen Leute Macht über unsere Arbeitsergebnisse ausüben.
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>>Wenn der Staat pleite ist, gibt’s kein Hartz 4 mehr, dann können Millionen Menschen schauen wo sie bleiben.
Und wer das kommen sieht, soll es einfach laufen lassen und sagen: „Machen wir halt mal so weiter, die Trümmer aufräumen und bei Null anfangen können dann irgendwann mal?
Ausserdem: Schauen, wo sie bleiben, das müssen immer mehr Menschen heute auch. Hartz4 plus Armutsarbeit plus Tafel sind keine Lebensgrundlage, schon gar nicht von nun an bis zum Exitus.
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Die Frage des (Volks-) Einkommens ist die Frage nach der Teilhabe am Kreislauf Produzieren/Konsumieren.
Auf der P-Seite steht alles, was Menschen zum Nutzen der Gesellschaft tun, ob Erziehung, Bereitstellung von Industrie- und Landwirschaftsprodukten, ob Medizin und Pflege, Musik oder ob sie die Bahn betreiben die mich ans Ziel bringt.
Auf der K-Seite steht die Nutzung dieser Arbeitsergebnisse.
Wir müssen beide Seiten in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Wenn Gerhard Schröder verkündete: "Es gibt kein Recht auf Faulheit" dann hat er etwas Grundlegendes ausgelassen: Es gibt auch keine Pflicht zur Armut. Solche "Bürgerpflicht" kann nur unter einem kriminellen Herrschaftssystem gedacht werden.
claudia
Einen Zusammenbruch des kapitalistischen Wirtschaftens, der ohne staatliche Sozialhilfe schon weiter fortgeschritten wäre, vorherzusehen, ist nicht naiv, sondern realistisch.
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Und was soll dann nach dem Zusammenbruch des kapitalistischen Wirtschaftens passieren?
Also, @Claudia, irgendwie finde ich es verdammt schade, daß ich Ihre Beiträge nicht abonnieren. Oder ich habe noch nicht rausgekriegt, wie. Für meine Begriffe treffen Sie einfach dauernd den Kern der Sache.
@ red bavaraian
ein sehr schöner und inhaltlich fundierter blog zum thema bedingungsloses grundeinkommen. ich mache mir auch nun seit einiger zeit schon gedanken zu dem Thema und stehe der idee prinzipiell aufgeschlossen gegenüber.
zentral finde ich auch den emphatischen begriff von arbeit der befürworter eines sozialen grundeinkommensmodells. arbeit ist eben nicht nur erwerbs- bzw. lohnarbeit, sonder auch kindererziehung hausarbeit, die pflege von angehörigen, die schaffung von kunstwerken usw.
ein argument, dass man gegen diesen emphatischen arbeitsbegriff einwenden kann ist: befördert ein bedingungsloses grundeinkommen als monetäre anerkennung all dieser bisher nicht oder nur marginal berücksichtigten aspekte des lebens dann nicht eine ökonomisierung dieser lebensbereiche? wird nicht der ökonomischen aufrechnungslogik tür und tor geöffnet?
antwort: ja, das könnte ein negativer effekt sein.
was wären die möglichen positiven effekte, die dem gegenüber stehen?
sie sprachen bereits an, dass ein grundeinkommen die verhandlungsposition der arbeitnehmer verbessern könnte. die auswirkung auf die bezahlung von arbeit wäre vermutlich sehr inhomogen. heute schlecht bezahlte und unbeliebte arbeit müsste besser bezahlt werden, um überhaupt jemanden zu finden, der sie macht. bei einem grundeinkommensmodell, das bestimmte gesellschaftliche gruppen ausschließt, wären die dann auf diese jobs abonniert. heute begehrte, als erfüllend empfunde und gut bezahlte arbeit würden vermutlich schlechter bezahlt werden.
ein weiterer möglicher positiver effekt, wäre ermöglichung der muße für alle gesellschaftsmitglieder. hier wurde schn von der "demokratiserung der geistesaristokratischen muße" gesprochen.
diese muße könnte tendenziell ein ansatzpunkt für eine gemeinwohlorientierte aktivität ausgehend von der bevölkerung sein.
zu den unterschiedlichen modellen:
man kann unterscheiden zwischen den modellen, die den sozialstaat komplett durch ein grundeinkommen ersetzen wollen und denen, die ein grundeinkomen in den bestehenden sozialstaat integieren wollen. die ersteren landen häufig bei einem modell fdp +, aber keinem bedingingslosen grundeinkommen im sinne einer linken perspektive. die zweiten sind schwieriger umzusetzen und auch zui finanzieren, auch weil das vereinfachungsargument nur noch bedingt zieht.
@ claudia + mabli: Sie sprechen Kerne der Sache an (@ Erdmännchen). Ich selber beschäftige mich erst seit heuer eingehender mit dem BGE, und ein richtiges Bewusstsein dafür habe ich erst diesen Monat entwickelt. Ich habe erkannt, dass beim Themenkreis BGE mehr drin, dran und drumherum steckt, als man denkt, und ich tauche immer tiefer in die Materie ein. Der Vergleichsartikel von Ronald Blaschke ist mächtig informativ. Zudem habe ich kürzlich eine gleichermaßen informative Vortrags- und Diskussionsreihe unter dem Motto 'Mensch sein im Staat' mit dem heurigen thematischen Schwerpunkt des emanzipatorischen BGE besucht, wobei die Themen um die Begriffe Arbeit und Arbeitsethik, Emanzipation, Freiheit, Automatisierung und Sozialstaat kreisen. Veranstaltet wurde die Reihe, deren zweiter Teil im Frühsommer 2011 geplant ist, von einem entsprechenden Verein, deren Mitbegründer Matthias Dilthey der Entwickler des Modells seines Namens (siehe den Punkt 7.3 im Artikel von Ronald Blaschke) ist.
@ mabli: »... antwort: ja, das könnte ein negativer effekt sein. / was wären die möglichen positiven effekte, die dem gegenüber stehen? ...«
Zu bedenken ist, dass sich sämtliche vorgestellte BGE-Modelle, auch die der dritten Gruppe (siehe den Punkt 7. im Artikel von Ronald Blaschke), vom Grundsatz her innerhalb des bestehenden monetären Systems bewegen. Die grundlegende Systemfrage, wie sie auch claudia anspricht, wird nicht gestellt. Es geht bei den bewegten und linksalternativen BGE-Modellen nicht um eine radikalsozialistische oder radikaldemokratische (siehe Frankreich Ende 18. Jahrhundert) Revolution, sondern darum, Mensch zu sein im Staat, wie das Motto der genannten Veranstaltung bezeichnend lautet. In dem Zusammenhang die gleichgestaltigen Dreiklänge: 'Freiheit, soziale Gerechtigkeit, Solidarität' (Demokratischer Sozialismus), 'Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (französische Revolution) und 'Freiheit, Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit' (der vorgenannte Verein).
@ mabli: »zu den unterschiedlichen modellen: ...«
Angesichts der "Mogelpakete" muss man aufpassen wie ein Luchs. Diese Problematik hat Ronald Blaschke durch seinen umfangreichen Vergleich ja deutlich herausgearbeitet. Die Sachlage bezüglich der gängigen Existenz- und Teilhabesicherungs-Modelle und der dahinterliegenden Vorstellungen und Ziele ist komplexer als zwischen einerseits einer linken Perspektive und andererseits einer nichtlinken (nach der Logik der Dichotomie) Perspektive, wie ich inzwischen auch aus Erster Hand festgestellt habe. Das wäre mir ein Thema für einen extra Blog-Artikel, wo ich meine Erkenntnisse ausführlicher darlegen kann, warum eine linke Perspektive heute nicht mehr hinhaut.
@ claudia: »Dass immer mehr „Kapital“ nicht mehr produktiv investiert wurde und in Spekulationsblasen „investiert“, ist nicht eine neue, produktive Art des Wirtschaftens, sondern ein Symptom der Agonie der antiquierten Wirtschaftenweise.
Einen Zusammenbruch des kapitalistischen Wirtschaftens, der ohne staatliche Sozialhilfe schon weiter fortgeschritten wäre, vorherzusehen, ist nicht naiv, sondern realistisch.«
Ohne die diversen staatlichen Rettungspakete - die Steuergelder der Bürger! - wäre es schon zusammengebrochen. Die kapitalistische Welt ist heute ein einziges Flickwerk. Die Wirtschaftsmächtigen und die dergestalt korrumpierten Politiker kommen mir genauso stur und uneinsichtig vor wie das DDR-Regime 1989. Sie feiern quasi das Analogon des 40. Jahrestages der DDR, während ihr System praktisch schon am Ende ist.
Surrealistische Gedanken habe ich mir dort (meine Blog-Serie 'Der Mut zu Utopien') gemacht.
das buch von blaschke habe ich noch nicht gelesen. werde aber mit sicherheit mal ihrer empfehlung folgen und zumindest den teil über den vergleich der unterschiedlichen modelle lesen. sehen sie mir in dem zusammenhang die vereinfachung nach. ich wollte nur auf die möglichen gefahren hinweisen, die ein radikaler umbau des staates mit sich bringen kann.
sehr richtig ist, dass sie darauf aufmerksam machen, dass das leben als bürger im staat die bedingung der ganzen diskussion darstellt.
was ich noch nachtragen möchte ist die frage nach der teilhabe. was kann man im zusammenhang der grundeinkommensdiskussion unter teilhabe verstehen? ist es die rein finanzielle ermächtigung zur materiellen sicherung der lebensgrundlage (inklusive konsum von bildung und kultur) und damit dem konsum der nach wie vor von der lohnarbeit produzierten güter? oder kann die forderung nach gesellschaftlicher teilhabe im zusammenhang der bge diskussion auch mehr beinhalten?
p.s. worauf beziehst du dich damit, dass eine linke perspektive nicht mehr hinhaut?
@mabli,
ich würde da vielleicht ganz abstrakt und auch idealistisch antworten auf die Frage der Teilhabe: wenn ich die Chance habe, mich in Würde einbringen zu können, habe ich viel eher die Möglichkeit, teilzuhaben im positiven Sinne für alle Beteiligten, denn in der Situation, in der ich mich einer stringenten Disziplin unterordnen muß, die mir von der unsichtbaren Hand oder der ganz konkreten Herrschaft einfach aufgedrückt wird. Das BGE soll ja gerade die Möglichkeit eröffnen, Nein sagen zu können zu Zumutungen, die dieses Einbringen in Würde konterkarieren.
Ferner bin ich überzeugt, daß wir mittlerweile einen Produktivitätsstand erreicht haben, der zur Erzeugung der materiellen Güter nur noch einen Bruchteil des Arbeitszeitreservoirs benötigt. Deshalb würde ich nicht so auf den Aspekt der Lohnarbeit bei der Güterproduktion fokussieren. Ich sage mal ganz kühn: kulturell sind wir weitaus mehrheitlich so konditioniert, daß wir uns schon durchaus einbringen wollen. (Ich glaube, @claudia war es, die körperlich oder seelisch stark belastende Tätigkeiten in dem Zusammenhang ansprach: vom eingenommenen "idealen" Standpunkt aus wäre ich selbst da optimistisch für Lösungen.)
Den auch utopischen Gehalt dieser Überlegungen habe ich andernorts schon mehrfach unterstrichen, auch weiß ich nicht, wie das skizzierte emanzipierende BGE auch nur ansatzweise gegen die bestehenden Herrschaftsverhältnisse durchsetzbar wäre. Dennoch bin ich überzeugt - auch hier wiederhole ich mich - daß wir Utopien überlebensnotwendig brauchen. (Daß ich ansonsten zwar nicht depressiv, auch nicht inaktiv, aber sehr, sehr pessimistisch bin, was unsere Zukunft angeht, hatten wir heute gerade in einem anderen Blog angesprochen.)
MfG E.
Bitte gestatten Sie mir, mich noch einmal selbst zu zitieren: das, was ich an meiner DDR-Erfahrung für mein Leben nicht missen möchte, ist, in Verhältnissen gelebt haben zu können, in denen ich die Freiheit hatte, dem Geld in meinem persönlichen Leben eine eher untergeordnete Rolle zuweisen zu können (70er/80er).
Bitte gestatten Sie mir, mich noch einmal selbst zu zitieren: das, was ich an meiner DDR-Erfahrung für mein Leben nicht missen möchte, ist, in Verhältnissen gelebt haben zu können, in denen ich die Freiheit hatte, dem Geld in meinem persönlichen Leben eine eher untergeordnete Rolle zuweisen zu können (70er/80er).
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»das buch von blaschke habe ich noch nicht gelesen. werde aber mit sicherheit mal ihrer empfehlung folgen und zumindest den teil über den vergleich der unterschiedlichen modelle lesen.«
Mehr als den aktualisierten Vergleich habe ich auch noch nicht gelesen. Beim Thema BGE bin ich praktisch auf Weiterbildung.
»was ich noch nachtragen möchte ist die frage nach der teilhabe. was kann man im zusammenhang der grundeinkommensdiskussion unter teilhabe verstehen? ist es die rein finanzielle ermächtigung zur materiellen sicherung der lebensgrundlage (inklusive konsum von bildung und kultur) und damit dem konsum der nach wie vor von der lohnarbeit produzierten güter? oder kann die forderung nach gesellschaftlicher teilhabe im zusammenhang der bge diskussion auch mehr beinhalten?«
Ronald Blaschke verwendet die Begriffe so: Existenzsicherung --> Nahrung, Kleidung, Unterkunft usw. - Teilhabe --> an der Gesellschaft (Kultur, Politik, Bildung, soziale Kontakte usw.).
»p.s. worauf beziehst du dich damit, dass eine linke perspektive nicht mehr hinhaut?«
Es ist die Fragestellung: Was ist heute links? Das war schon einmal ein Freitags-Thema. Meine Antwort ist noch immer die aus meinem Blog-Artikel 'Linksbewegt': »Wenn ich links beschreiben müsste, so ist die kürzeste Antwort, die mir einfällt: Links ist ein Etikett. Die längste: Da müsste ich ein mehrbändiges Werk schreiben.«
Korrektur: Den "Geisterabsatz" am Anfang meines Kommentares bitte wegdenken.
zur Frage der Teilhabe
"wenn ich die Chance habe, mich in Würde einbringen zu können, habe ich viel eher die Möglichkeit, teilzuhaben im positiven Sinne für alle Beteiligten, denn in der Situation, in der ich mich einer stringenten Disziplin unterordnen muß"
"Ronald Blaschke verwendet die Begriffe so: Existenzsicherung --> Nahrung, Kleidung, Unterkunft usw. - Teilhabe --> an der Gesellschaft (Kultur, Politik, Bildung, soziale Kontakte usw.)."
vollkommen einverstanden. meine frage ist jetzt, was sollen wir unter der teilhabe verstehen? unterscheidet sich das wesentlich davon was wir heute darunter verstehen, nämlich, dass man ins kon gehen kann oder ins theater, sich bücher kaufen kaufen kann oder einen internetanschluss leisten kann?
in meinen augen wird in der grundeinkommensdirskussion aber mit einr - mir durchaus symphatischen - normativen erwartung an Vergemeinschaftung, die das Grundeinkommen asl emanzipative Dynamik nach sich ziehen könnte bzw. eigentlich schon voraus setzt.
Damit so etwas wie ein Grundeinkommen in unsrer industrialsierten Gesellschaft möglich würde, müssten sich alle Bürger gegenseitig das vertrauen aussprechen, dass sie sich dann dennoch ihre Pflicht sich in die Gemeinschaft einzubringen wahrnehmen(vom prinzip her jedenfalls). Daneben setzen viele Hoffnungen darauf, dass dann gemeinschaftliche projekte möglich würden jenseits des Staates (ohne staatliche Kontrolle) zu denen heute einfach nur die materielle Basis fehlt.
da sind m.E die zentralen Punkte, an denen Konzepte bzw Strategien zur Umsetzung zum bGe weiterentwicklet werden müssten.
sorry für die fehler im beitrag, hoffe man versteh trotzdem alles. :-)
sorry für die fehler im beitrag, hoffe man versteht trotzdem alles. :-)
Hallo @mabli,
Teilhabe würde ich vielleicht eher aus Sicht des jeweils Betroffenen definieren. Das hängt von Kräften, individuellen Gegebenheiten und auch Vorstellungen und Bedürfnissen ab. Ein Bekannter von mir wird diesen Monat 76, arbeiten tut er immer noch, aber schon lange nicht mehr für Gehalt. Der wird das machen, bis er nicht mehr kann. Und kämpft immer noch (erfolgreich) bei seiner Institution um den Erhalt seines Arbeitszimmers. Und ich kenne mehrere Leute in dem Alter, die noch arbeiten. Andere wenden all ihre Zeit für ihre Kinder auf. Der dritte braucht vielleicht zwei Jahre Ruhe, um zu sich selbst zu kommen, nachdem er sich jahrelang überwinden mußte, durchzuhalten. Der vierte ist mit 50 einfach verschlissen. Ich denke, es geht darum, daß jeder Einzelne nicht ausgeschlossen ist. Vom materiellen Abgesichertsein über kulturelle Bedürfnisse hin zur Teilhabe an Arbeits- und sozialen Prozessen.
In meinem Leben haben schon so viele Leute versucht, mir irgendetwas aufzuoktroyieren, ich sollte irgendwas einsehen usw. Eigentlich egal ob Osten oder Westen. Ich mag mich da eigentlich (gegenüber anderen) nicht auch noch einreihen. Meine Umgebung beobachte ich eigentlich schon interessiert: und ich stelle immer wieder fest, Leute wollen sich einbringen. Und zwar absolut in der Überzahl. Ich sehe da auch keine besonders hohe Korrelation zu Bildungsgrad oder speziellen Fähigkeiten. Natürlich ist immer die Frage nach den Bedingungen zu stellen, und die stimmen vermutlich absolut in der Überzahl überhaupt nicht mehr. Und es wird immer schlimmer. Ich mache mir aber eigentlich keine großen Sorgen, daß da vielleicht ein schwarzes Schaf drunter sein könnte. Die richtigen schwarzen Schafe sitzen schon heute ganz woanders. Und für 40-Stunden-Vollbeschäftigung aller ist sowieso schon lange nicht mehr genügend Arbeit da (und somit eigentlich auch keine Notwendigkeit). Eher haben wir doch die Spaltung in diejenigen, die nicht mehr können, und diejenigen, die gar nichts haben.
Ich kann mir aber - wie gesagt - nicht einmal vorstellen, wie das, was heute Hartz IV heißt, in ausreichender Höhe und unter nicht entwürdigenden Bedingungen durchsetzbar wäre.
Eine Diskussion über die Verständigung über gesellschaftliche (z.B. Produktions-)Ziele und gesellschaftliche Organisation (in letzterem sind wir ja eigentlich recht geübt) zu beginnen, möchte ich nicht. Wir sind ja eh' schon tief genug im Raum der Utopie. Letztere halte ich aber trotzdem für absolut wichtig, z.B. auch als inneren Gradmesser. Ein freundliches Menschenbild erleichtert überdies den eigenen Umgang ungemein (man muß ja dabei nicht gleich naiv sein, aber so richtig böse oder unangenehme Leute sind eigentlich selten). (Ich brauche z.B. innerlich etwas, das ich der Insurrection, qui vient entgegensetzen kann.)
MfG E.
@mabli: »vollkommen einverstanden. meine frage ist jetzt, was sollen wir unter der teilhabe verstehen? unterscheidet sich das wesentlich davon was wir heute darunter verstehen, nämlich, dass man ins kon gehen kann oder ins theater, sich bücher kaufen kaufen kann oder einen internetanschluss leisten kann?«
Teilhabe in Bezug auf das BGE definiere ich im Weiteren dreifach: Erstens das BGE an sich als Teilhabe für alle am Gesamtvermögen. Zweitens die Sicherung der gesellschaftlichen Teilnahme für alle. Drittens die Ermöglichung der Emanzipation aller. Wobei das BGE wie der Name schon sagt, eine Grundlage für Weitergehendes ist, nicht der Endpunkt. Die Betonung liegt auf 'alle Menschen', also nicht nur auf Macht- und Vermögenseliten.
»in meinen augen ... da sind m.E die zentralen Punkte, an denen Konzepte bzw Strategien zur Umsetzung zum bGe weiterentwicklet werden müssten.«
Ja, der Staat als Gemeinschafts- und Vertrauensprojekt aller Bürger, eben als demokratischer und sozialer Bundesstaat, wie im Artikel 20 GG aufgezeichnet. Bei den bürgerinitiativen BGE-Diskussionen geht es ja auch darum.
Die Grundlage für Konzepte und Strategien ist erst einmal, das politökonomische und sozialethische Bewusstsein in der Bevölkerung zu stärken. Das Anliegen drückt sich seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert in gleichartigen Dreiklängen der bewegten und linken Bürger aus: 'Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit' (Französische Revolution), 'Freiheit, soziale Gerechtigkeit, Solidarität' (Demokratischer Sozialismus), 'Freiheit, Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit' (BGE-Initiative in meiner Stadt), 'Freiheit, Würde, Teilhabe' (Piratenpartei).
Übrigens erleben die bewegten Bürger der Mitte heute zunehmend die gleichen Repressionen wie die linken Bürger schon länger.
@Erdmännchen: »Bitte gestatten Sie mir, mich noch einmal selbst zu zitieren: das, was ich an meiner DDR-Erfahrung für mein Leben nicht missen möchte, ist, in Verhältnissen gelebt haben zu können, in denen ich die Freiheit hatte, dem Geld in meinem persönlichen Leben eine eher untergeordnete Rolle zuweisen zu können (70er/80er).«
Als lebenslanger BRD-Bürger kann man ein Lied vom Geld singen, siehe das Video 'Geld/Money' über den Mamonismus.
»In meinem Leben haben schon so viele Leute versucht, mir irgendetwas aufzuoktroyieren, ich sollte irgendwas einsehen usw.«
Dito. Als lebenslanger bayerischer Bürger kann ich sagen: In Bayern ist es die vielbeschworene Leitkultur, die nicht nur ein scheindebattorisches Konstrukt ist, sondern immer noch ausgeübt wird.
»Meine Umgebung beobachte ich eigentlich schon interessiert: und ich stelle immer wieder fest, Leute wollen sich einbringen. Und zwar absolut in der Überzahl.«
Das ist auch meine Erkenntnis. Wenn alle Menschen ihr familiäres, gemeinschaftliches und gesellschaftliches Engagement auf unentgeltlicher und ehrenamtlicher Basis sein ließen, dann bräche die BRD zusammen. Dieses Engagement zu honorieren, ist auch das Ziel der emanzipatorischen Diskussionen.
Vielen Dank für die Antwort, @Red Bavarian. MfG E.