Der Mut zu Utopien - Sitzung II

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Das ist der 2. Teil der meiner Blog-Artikel-Reihe 'Der Mut zu Utopien' mit weiteren Gedanken zu Utopien. Siehe auch den 1. Teil.

Ethik:

Meine Ethik speist sich leitfadenmäßig aus drei Quellen: dem Humanismus, dem Sozialismus, dem Universalismus. Humanistisch heißt, der Mensch als Individuum, die Würde des Menschen. Sozialistisch heißt der Mensch als Gesellschaftswesen, gleiche Rechte und Chancen für alle Menschen. Universalistisch heißt, der Mensch als spirituelles Wesen, die Liebe zu allem Lebendigen.

Diese Quellen sind für mich keine Gegensätze, sondern sie ergänzen sich. Wobei mir im Universalismus auch das Christentum und der Buddhismus enthalten sind.

Philosophie:

Ich nehme die genannten Lehren nicht ideologisch oder religiös, sondern freiheitlich-philosophisch. Die Philosophie als das Streben nach Erkenntnis über den Sinn des Lebens, das Wesen der Welt und die Stellung des Menschen in der Welt.

"Radikal denken, mild handeln":

Das ist eines meiner Mottos im Rahmen meiner Ethik. Wenn man sich den Humanismus, den Sozialismus, den Universalismus, das Christentum und den Buddhismus anschaut, so werden darin ethisch radikale Leitfäden formuliert. Radikal heißt für mich nicht dogmatisch oder fundamentalistisch, sondern es bezieht sich auf die Freiheit und das Ausloten des Denkens. Die Grenzen liegen im Handeln. Das grenzenlose Denken ermöglicht es, die Grenzen des Handelns - also den ethischen Rahmen - zu finden. Es unterscheidet sich von der Intention her erheblich vom grenzenlosen Denken, um grenzenlos zu handeln.

Utopien:

Aus dem Vorgenannten radikal ethisch philosophischen Denken entstehen Utopien. Diese können dann funktionieren, wenn alle Menschen entsprechend ethisch handeln. Nur stellt man in unserer Welt fest, dass das kaum jemals der Fall ist.

Aus der Bibel die Bergpredigt. Sie ist eine Utopie, die noch nicht verwirklicht worden ist.

Der Kommunismus ist nach Karl Marx die auf den Sozialismus folgende Entwicklungsstufe, in der alle Produktionsmittel und Erzeugnisse in das gemeinsame Eigentum der Staatsbürger übergehen und alle Klassengrenzen überwunden sind. Der Kommunismus ist eine Utopie, die noch nicht verwirklicht worden ist.

Ernesto Cardenal hat in einer Grußansprache auf einem Parteitag Der Linken einmal gesagt: »Der katholische englische Schriftsteller - und Humorist - G. K. Chesterton sagte einmal, dass das Christentum nicht gescheitert sei, denn es sei ja noch nie in die Praxis umgesetzt worden. Gleiches sage ich auch jenen, die vom Scheitern des Marxschen Kommunismus sprechen: Er ist nicht gescheitert, denn er ist noch nie in die Praxis umgesetzt worden. Dennoch bleibe ich weiter Christ, und dennoch glaube ich weiter an den Kommunismus.«

Beim Humanismus die Würde des Menschen, die auch im Artikel 1 des Grundgesetzes der BRD steht: »(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.«

Die Würde des Menschen ist eine Grenze, die nicht überschritten werden darf. S21 - "die Kathedrale einer untergehenden Zeit" - und das Drumherum dürfte inzwischen jede(r) kennen. Wenn man sich weiters die gut 60 Jahre BRD anschaut, dann findet man sehr viel, wo die staatliche Gewalt gegen das Grundgesetz verstößt. Das Grundgesetz der BRD ist eine Utopie, die noch nicht verwirklicht worden ist.

Wenn ich mir überhaupt die real existierenden Demokratien anschaue, dann erscheint mir die Demokratie auch noch nie in die Praxis umgesetzt. Dennoch bleibe ich weiterhin Demokrat.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

Red Bavarian

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