Der Mut zu Utopien - Sitzung IV

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Dies ist der vierte Teil meiner Blog-Serie 'Der Mut zu Utopien' nach dem 1. Teil, 2. Teil und 3. Teil.

Nachfolgend hoffentlich nicht zu wirre Nachtgedanken ;-)

Der Aufstieg einer neuen Utopie:

Die BGE-Diskussionen scheinen ein Geburtshelfer einer neuen Utopie zu sein, siehe die Freitags-Artikel 'Ein Grundeinkommen - aber welches?', 'Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE), eine Verdeckungsdebatte?' und 'Das BGE als Emanzipation'.

Im Größeren geht es überhaupt um ein Aus- und Einkommen für alle Menschen: BGE (Existenz- und Teilhabesicherung) + Wertschöpfungsentgelt (Honorierung von Arbeit jeglicher Form) = emanzipatorisches Einkommen.

Aus einem anderen Blickwinkel heraus kann man das auch als Versuch betrachten, den Kapitalismus durch gleichmäßigere und gerechtere Verteilung des Gesamtvermögens zu bewahren.

Die Krise der Arbeit:

Zentral sehe ich die industrielle Revolution (Maschinen), die in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Ausgangspunkt hat, und den Produktionskapitalismus hervorgebracht hat, sowie die informationstechnologische Revolution (Computer), die ihren Ausgangspunkt in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts hat, und den Finanzmarktkapitalismus hervorgebracht hat.

Die Maschinen nehmen den Menschen zunehmend die Arbeit ab. Eigentlich müssten sich die Menschen freuen: Kein biblisches "im Schweiße deines Angesichts" mehr. Tatsächlich beklagen sie sich aber, weil es immer weniger Arbeit gibt. Der Produktionskapitalismus: die Produktionsmittel und die Erzeugnisse gehören den kapitalistischen Unternehmern, die Masse arbeitet für Lohn bei ihnen, und gilt als Kostenfaktor. Die Unternehmer heißen Arbeitgeber, die Lohnarbeitenden heißen Arbeitnehmer. Tatsächlich ist es umgekehrt: die Unternehmer nehmen die Arbeit der Arbeitenden, die ihre Arbeit ja den Unternehmern geben. Die Unternehmer gelten als Wertschöpfer. Tatsächlich sind die Arbeitenden die Wertschöpfer. Die Sozialisten haben zwar diese Drehwürmer des Kapitalismus erkannt, aber nicht die arbeitsbefreiende Wirkung der Maschinen.

Die Computer nehmen den Menschen noch mehr Arbeit ab, und darüber hinaus zunehmend das Denken. Der Finanzmarktkapitalismus ist durch Computer erst richtig möglich geworden: mit ihrer Hilfe werden riesige Geldströme blitzschnell über die Welt gejagt. Oder besser muss man sagen: sie jagen um die Welt, immer weniger beherrschbar durch die Menschen.

Mamonismus:

Die Bibel schon kennt den Mamon - den Besitz in Sachwerten oder in Geld -, der den Menschen versklavt und sein neuer Herr wird. Die Gier - eines der drei "Geistesgifte" in der buddhistischen Lehre - schluckt letztendlich sogar das Ego. In Geld baden wie Onkel Dagobert, nur geistig. Vom Produktionskapitalismus über den Finanzkapitalismus zum Mamonismus. Die Kapitalisten haben ehemals noch an ihre Nachkommen gedacht - X & Söhne typischerweise -, dann nur noch an sich selber, dann nur noch an das Geld. Heute in Form von unbeherrschbaren - somit beherrschenden - computergelenkten Geldströmen. Die Geister, die man rief, und die man nicht mehr los wird.

Die Zukunft:

Maschinen plus Computer, heute Industrieroboter, morgen KIs. Der Lohnarbeiter ist dem Kapitalisten ein Kostenfaktor. Er muss billiger werden, aber gegen die billig und massiv arbeitenden Maschinen und Roboter kommt der teuer arbeitende Mensch nicht an. Aber die Kapitalisten haben sich mit ihrem Finanzkapitalismus selber eine Falle gestellt: sie kommen gegen die billig und massiv arbeitenden Computer nicht mehr an. Diese managen die Geldströme. Geister und Geist. Entwickelt sich aus der Leistung des blitzschnellen Geldmanagens Intelligenz? Resultierend in kapitalistisch denkenden KIs - Mamoniden. Die Finanzkapitalisten - ihr Ego und ihren Geist verspielt habend - Lohnarbeiter für die Mamoniden?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

Red Bavarian

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