Left forever

Politik Nachlese zur Niedersachsenwahl und Vorlese allgemein

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Eigentlich wollte ich mich mit politik-thematischen Blog-Artikeln zurückhalten, aber da das Drumherum der Landtagswahl in Niedersachsen meinen Geist beschäftigt, äußere ich mich hiermit, wobei ich auch auf meine kürzlichen Blog-Artikel 'Niedersachsen' und 'Politjustiz' hinweise.

Wenn ich die negativen Haltungen überhaupt, die gegenüber der Partei Die Linke beobachtet werden können, kritisch benenne: ignorieren, verreißen, abwählen, kriminalisieren, ausschließen. Mich als alternativ-emanzipatorischer Linker mit anarchistisch-linkslibertären Sympathien verwundert das nicht, ist Deutschland doch von jeher ein antilinkes Land.

Herb war kürzlich auch das Gebaren des DGB, siehe dazu den Nachdenkseiten-Artikel 'Vorstandsklausur des DGB: Sieht so der Kampf für einen „Kurswechsel“ aus?', wo es darin geht, dass zwar die SPD, die CDU und die Grünen zur jährlichen Klausursitzung des DGB-Bundesvorstand am 15. und 16. Januar eingeladen worden waren, jedoch nicht Die Linke.

Das trifft insbesondere alle gewerkschaftlichen Genoss_innen, die wie in unserem Kreisverband eng mit den Mainstream-Gewerkschaften zusammenarbeiten, und auch für sie tätig sind. Erst im Dezember, wo ein DGB-Mitglied vortragsmäßig in unserem Ortsverband zu Gast war, hatte ich eine aufgeladene Diskussion. Ich denke, dass meine kritische Haltung nun besser verstanden werden wird.

Zurück zu den Wahlen: Von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gibt es einen Wahlnachtbericht zur Landtagswahl in Niedersachsen.

Ich habe das Interview der Woche »Wir sind eben anders als die anderen« der Linksfraktion im Bundestag gelesen, wo Gregor Gysi für den Bundestagswahlkampf 2013 Stellung nimmt.

Daraus zitiert: "Im Gegenteil - DIE LINKE hat ihre Lehren daraus gezogen, sich nicht jede Debatte aufnötigen zu lassen, sondern endlich ihre politischen Vorstellungen und die Interessen der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ins Zentrum ihrer Politik zu stellen. Wir werden für unsere politischen Überzeugungen gewählt und nicht, wenn wir uns mit uns selbst beschäftigen."

Thematisch vertritt Die Linke die Interessen der Mehrheit der Bürger_innen bereits, siehe auch im großen Lesestoff: Programm der Partei DIE LINKE, Publikationen der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, weitere Folder und Broschüren, u.v.m. von den verschiedenen Unterstrukturen.

Allerdings soziopolitisch ist das offensichtlich nicht der Fall. Es gibt inzwischen viele Menschen, die politisch unzufrieden sind, aber sie kommen nicht oder nicht dauerhaft bei Der Linken an, was auch meine konkrete Erfahrung ist. Mit links, sozialistisch, gar kommunistisch kann man die Mehrheit der Deutschen regelrecht jagen. Es wäre besser gewesen, Die Linke in die Zukunft schauend als neue demokratische und soziale Partei aufzubauen, die auch soziokulturell, technologisch und bewegungsmäßig im 21. Jahrhundert firm ist. Stattdessen wird zu viel in die teilweise verklärte Vergangenheit geschaut. Wohlmeinend ins 19. und anfängliche 20. Jahrhundert — in die Arbeiterklassenzeit —, und in die 50er bis 70er — in die Wirtschaftswunderzeit. Eine linkskonservative Ausrichtung beißt sich jedoch selber, denn die entsprechende Bevölkerung, die man damit ansprechen will, befindet sich psychomental großteils noch in der Vergangenheit, nämlich quasi in: Linkspartei = DDR-SED = böse und SPD = sozialdemokratisch = gut.

Auf der anderen Seite werden vorhandene Sympathien verscherzt. Das heißt, die kommunale und regionale Verankerung wird vernachlässigt und zu stark nur auf den Bund gesetzt. Zudem werden die alternativen und emanzipatorischen Linken und Citoyens zu wenig beachtet. Gerade im Westen gibt es außerparlamentarisch und im Kleineren viele linksbewegte Menschen. Aber aus eigener Erfahrung muss ich leider sagen, dass es auf die Dauer allzu anstrengend ist, in einem autoritär-konservativ ausgerichteten Kreisverband tätig zu sein.

Die Linken (im eigentlichen Sinne) haben im Westen eine größere Basis als Die Linke (die Partei), nur werden wir alternativ-emanzipatorische und außerparlamentarisch-bewegte Linke von jeher unzureichend wahrgenommen. Da hat sich offensichtlich eine parlamentaristische Gemeinsamkeit ergeben. Jedenfalls segelt das Schiff Die Linke mit einer linkskonservativen und linkspopulistischen Ausrichtung an allen Häfen vorbei: da, wo das Schiff einlaufen will, wird es nicht hineingelassen; und da, wo es aufgenommen würde, will es nicht einlaufen.

Zu den vielen Nichtwähler_innen: Die Linke soll den größten Stimmpacken an die Nichtwählerschaft verloren haben, siehe Wählerwanderung. Ich kann die Nichtwählenden soziopsychologisch gut verstehen, doch Nichtwählen ist keine reelle Lösung, denn im herrschenden System kräht kein Hahn nach denen, die sich nicht rühren. Den Mainstream-Parteien ist doch nur wichtig, dass sie ihre Prozente zum Regieren kriegen.

Selbst wer unzufrieden mit Der Linken ist oder Zweifel ihrerbezüglich hat, so ist sie doch eine notwendige Partei, damit es nicht noch schlimmer in der neoliberal-neokonservativen BRD zugeht. Allein, dass sie in den Parlamenten als Opposition anwesend ist, ist in dem Sinne schon von Vorteil.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

Red Bavarian

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