Wenn jeder grün wäre

Grüner Wandel Warum die globale Politik keine Schuld am Scheitern der green economy hat.

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Unsere Gesellschaft steht vor gewaltigen Aufgaben. Wir sind dabei, unsere fossilen Ressourcen aufzubrauchen und dabei das Klima sowohl als auch das Ökosystem zu ruinieren, welches wir in dieser Form zum Überleben benötigen. Die Rio +20 Konferenz vor einigen Wochen hat uns noch einmal gezeigt: auf unsere Politiker können wir uns dabei nicht verlassen. Zu groß scheinen die Verknüpfungen zwischen Industrie und den gewählten Volksvertretern.

Vor allem eine überaus gewaltige Forderung stand im Raum: die Subventionen für fossile Brennstoffe müssen weg. Nicht nur, dass Subventionen marktverzerrend sind und Innovationen hemmen, sie kosten uns Milliarden für eine Industrie, die immerhin nichts Geringeres tut, als unsere Lebensgrundlage zu zerstören. Der Appell verhallte im Nichts. Die Hoffnung vieler Tausender Aktivisten und Hundert-Tausender Internet-Sympathisanten wurde nicht einmal ernsthaft diskutiert und einfach aus dem ohnehin zahnlosen Papier gestrichen.

Doch sind es wirklich unsere Politiker, die hier ihre Unfähigkeit und Korruptheit unter Beweis gestellt haben? Schließlich leben fast wir alle noch immer in Demokratien, die Vertreter in Rio waren in der Regel tatsächlich gewählt und vertreten eben nicht nur die Meinung von Öko-Aktivisten sondern auch die der Unternehmen, die immerhin auch Arbeitgeber und Lieferant von Diensten und Gütern für Milliarden sind.

Hier liegt vielleicht ein viel größeres Problem: Die globale Gesellschaft scheint nicht bereit für den grünen Wandel. Die green economy, erträumt von optimistischen Technokraten als Lösung gleich beider Krisen, der Ökologischen und Ökonomischen, findet in der Mehrheit der Bevölkerung noch immer keinen Halt.

Die Verdrängung ist common sense

Die Mehrheit der Menschen verdrängt die katastrophalen Folgen unseres Handelns und ist nicht bereit, einen deutlichen Lebenswandel zu vollziehen. Und ohne Lebenswandel gibt es auch keine Energiewende, kein grünes Wachstum und keinen Schutz unseres Ökosystems. Ohne die Subventionen fossiler Brennstoffe ließen sich aktuelle Preise nicht halten, unsere Wirtschaft würde zum erlahmen kommen, praktisch alles würde sich erheblich verteuern. Millionen von Jobs würden – zumindest zunächst - verloren gehen.

Jeder, wohl selbst Unternehmer, ist sich im Klaren, dass wir hier ein gewaltiges Problem praktisch nur vor uns herschieben. Doch wo ist der Ausweg? Jede Führungskraft eines globalen Unternehmens aber auch jeder Regierungschef eines aufstrebenden Schwellenlandes würde sich selbst ins Abseits manövrieren, wenn er den fossilen Brennstoffen heute abschwören würde. Der geforderte, gemeinsame und stufenweise Abbau der Subventionen könne zwar theoretisch gelingen, doch würde dieser auch immerhin mit gemeinsamen, stufenweisen Verteuerungen einhergehen und keiner kann und will sich das leisten.

Und das betrifft nicht nur die USA oder China, welche oft beschuldigt werden, die internationalen Verhandlungen auffliegen zu lassen. Auch Deutschland, als Öko-Vorreiter gehandelt, hat den Kohle-Subventionsstopp vor 2 Jahren wieder nach hinten verschoben. Auf der besagten Konferenz blieb Merkel gleich ganz fern.

In einer Welt, in der es nur nach oben gehen kann, in der Verzicht auf Wachstum aber auch der Verzicht auf eine Flugreise von Deutschland nach Amerika auf kein Verständnis stoßen, haben diese Ideen einfach keinen Platz.

Unsere Politiker vertraten auf Rio +20 weiterhin die Meinung der Masse. Dass diese immer schizophrener wird, da sich die Angst vor den Veränderungen in unserer Umwelt immer stärker verbreiten, ändert daran noch nichts. Denn solange wir nicht zum freiwilligen Verzicht bereit sind, uns nicht vom consumerism verabschieden, weiterhin Bananen aus Brasilien im Winter haben wollen, wird unsere nächste demokratische Wahl auch das nächste Mal Politiker an die Macht bringen, die keinen Wandel einleiten werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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