1989: Balance halten

Zeitgeschichte Bei seinem Auftritt in Dresden darf Helmut Kohl weder eine Wiedervereinigung künstlich anheizen noch deutsch-national klingen, will er kein Unbehagen in der EU schüren
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 50/2014

Die Geschichte – das wird oft übersehen – spielt gern ihre ganz eigenen ironischen Spielchen. Dass Helmut Kohl mit einer improvisierten Rede in die Geschichtsbücher eingehen würde, hätten die wenigsten Deutschen erwartet, die ihn am 19. Dezember 1989 schon sieben Jahre als Bundeskanzler kannten. Aber genau dazu kam es an diesem Tag in Dresden, als der Gast nach Gesprächen mit dem damaligen DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow vor der Ruine der Frauenkirche zu einigen Zehntausend Menschen sprach. 40 Tage nach dem Mauerfall begann am Abend des 19. Dezember die Wiedervereinigung.

Helmut Kohl war bis dahin von weiten Teilen der Bevölkerung in der alten Bundesrepublik als Kanzler eher bespöttelt als bewundert worden. Damit war insofern kaum zu r