1995: Jede Menge Kunst

Zeitgeschichte Vor 20 Jahren wird in Berlin der Reichstag durch die Künstler Christo und Jeanne-Claude verhüllt. Die Geschichte verschwindet unter dem Mantel eines gnädigen Vergessens
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 24/2015
Verhängt war der Reichstag erst recht eine Offenbarung
Verhängt war der Reichstag erst recht eine Offenbarung

Foto: Detlev Konnerth/Imago

Mag sein, dass der „wrapped Reichstag“ ein historisches Ereignis war, über dessen Substanz man bis heute unterschiedlicher Meinung sein kann. Im Rückblick erscheint der Zeitraum des Geschehens als recht beliebig. Die Verhüllung des damals noch parlamentsfreien Gebäudes im Juni 1995 war nicht nur ein Projekt von Christo und Jeanne-Claude, sondern vor allem ein Prozess. Seit 1971 hatte das Künstlerehepaar Bettelbriefe geschrieben, Politikern aufgelauert und fortwährend neue Konzepte verfasst, in denen stets die Schönheit eines mit Kunststoff verhängten Gemäuers gepriesen wurde. Bis sich dann endlich im Februar 1994 der Bonner Bundestag in einer nicht sonderlich überwältigenden Mehrheit von 292 zu 223 Stimmen für das Vorh