„Das war ein Fehler“

Hotels Der Steuerbonus wurde zum Symbol schwarz-gelber Klientelpolitik. Die Gäste haben wenig davon

Hotelier sein, das ist in FDP-mitregierten Zeiten nicht nur einträglich. Zwar hat die Branche mit der Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Übernachtungen in Hotels und Gaststätten von 19 auf sieben Prozent nach eigenen Worten einen „wichtigen Etappensieg“ errungen. Und immerhin ist das politische Geschenk rund eine Milliarde Euro schwer. Doch in der Öffentlichkeit geriet die von der FDP durchgesetzte Änderung zum Symbol für Lobbyismus und Klientelpolitik. Das färbt ab.

Schon vor Monaten mahnten Verbraucherschützer, das Beherbergungsgewerbe gebe die Steuersenkung nicht an die Kunden weiter. Teilweise stiegen die Übernachtungspreise sogar an. Zwar gibt es starke zeitliche und regionale Schwankungen. Doch noch heute errechnet der Onlineanbieter Trivago einen durchschnittlichen Preis, der über dem zum Zeitpunkt der Entlastung liegt.

834 Millionen Euro zusätzliche Investitionen habe die Branche dadurch seit Januar finanziert und damit rund 6.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen, wiegelt der Dachverband Dehoga ab. Einer Umfrage zufolge, wollten die Hoteliers im Schnitt 29 Prozent der zusätzlichen Mittel für neue Stellen verwenden.

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten will gar nicht bestreiten, dass nun viele Edel-Schlafburgen saniert und erweitert worden sind. Doch eigentlich gehöre das auch ohne Steuervorteile zu den Unternehmeraufgaben. Und ob der Ausbau von Kapazitäten in den Großstädten, wo es vielerorts bereits mehr als genug Betten gibt, sich als wirtschaftlich sinnvoller Weg erweist, muss sich auch erst noch zeigen. Zudem handelt es sich bei den nachholenden Investitionen der Hoteliers um einmalige Ausgaben, die Steuerentlastung wirkt hingegen dauerhaft.

In der öffentlichen Debatte spielen solche Argumente eher am Rande eine Rolle. Die Kritik am FDP-Steuergeschenk dominiert – und viele kleine Betriebe sehen sich dabei zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Doch die Kritik an den „Subventionsempfängern“ reißt nicht ab. Zuletzt hatte eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Expertise alle Aspekte der fiskalischen Dreifaltigkeit aus null, sieben und 19 Prozent beleuchtet, und war zu dem Ergebnis gekommen, dass außer bei Lebensmitteln ein gespaltenes Abgabensystem wegen des enormen Bürokratieaufwands und vieler Ungerechtigkeiten nicht länger vertretbar seien.

Zerknirscht gibt inzwischen der eine oder andere Koalitionspolitiker zu, den angeblich notleidenden Hotels und deren Lobbyisten zu viel Gehör geschenkt hatte. Liberale und konservative „Werte“ wie der Kampf gegen Bürokratie und der Abbau von Subventionen seien im gelebten Lobbyismus untergegangen. „Die Senkung war ein Fehler“, erklärte etwa Unionsfraktionsvize Michael Fuchs, weil sie die „Nachfrage in die falsche Richtung lenkt“. Nur die CSU, die treibende Kraft hinter dem Hotelbonus, bleibt vehement auf Linie: Sie will sich als Partei der bayerischen Touristenhoteliers profilieren. Immerhin 27 Prozent aller Herbergen in Deutschland stehen im Freistaat.

Roland Bunzenthal ist freier Autor und lebt in Frankfurt am Main

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