40 Prozent plus x

Kommentar Ariel Sharons Rede in Herzlyia

"Viel Lärm um nichts". Mit Shakespeare lässt sich der Sharon-Auftritt auf der diesjährigen Sicherheitskonferenz im israelischen Badeort Herzlyia vor wenigen Tagen am treffendsten beschreiben. Um es vorweg zu sagen, sie enthielt nichts Positives für die Palästinenser. Man weiß ohnehin, dass bei Sharon nicht seine Worte, sondern die Taten zählen - und auch die verheißen den Palästinensern nichts Gutes, seit der Likud-Politiker regiert.

Mit seiner Herzlyia-Rede hat er nun einen Plan vorgelegt, der bei Lichte besehen eindeutig weiter auf Krieg und Annexion setzt. Viele namhafte israelische Politiker und Kommentatoren sind zu Recht enttäuscht, auch wenn den Extremisten in der Regierung die "Kompromisse" noch zu weit gehen. Selbst Sharons alter Partner Shimon Peres von der Arbeitspartei zeigt sich desillusioniert - nichts substanziell Neues: 40 Prozent plus x für die Palästinenser, der Rest der besetzten Gebiete wird Israel einverleibt. Nur wenn die Palästinenser kapitulieren, wird Israel ihnen winzige Konzessionen machen - kolonialistische Mentalität als Offenbarungseid.

Sharon hat die israelische Öffentlichkeit jahrelang mit seinen angeblich "schmerzhaften Konzessionen" irregeführt, jetzt musste er Farbe bekennen. Folglich schlug er einen Plan vor, der ein Ziel, einen Zeitplan und Stufen der Umsetzung enthält. Das Herzstück dieser Plattform ist ein Ultimatum: Wiederaufnahme der Verhandlungen über einen Palästinenserstaat in den Grenzen, wie sie die Road Map vorgibt. Zuvor allerdings müssen die Palästinenser die "Infrastruktur des Terrors" auflösen und sich politisch reformieren. Damit hat Sharon wie üblich der Autonomiebehörde den Schwarzen Peter zugeschoben. Sollten Yassir Arafat und Premierminister Ahmed Qureia nicht darauf eingehen, tritt der "Entflechtungsplan" in Kraft: Auflösung einer begrenzten Anzahl isolierter Siedlungen und intensivierte Kontrolle Israels über das Jordantal, Groß-Jerusalem und den westlichen Teil der Westbank. Im Hintergrund steht dabei die Drohung mit einem Mauerbau auch im Osten - dies in Absprache mit den USA.

Mit anderen Worten, Sharon hat einen "Friedensplan" von Israelis für Israelis präsentiert - die Palästinenser haben nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Man fühlt sich in Jerusalem und Tel Aviv mehr denn je bestärkt durch den Sieg der USA über Saddam Hussein und die sich damit für Israel ergebenden politischen Optionen im Nahen Osten. Benjamin Netanyahu, ein Vorgänger Sharons, der viel dafür tat, den Oslo-Prozess scheitern zu lassen, will in den besetzten Gebieten am liebsten das US-Modell für den Irak einführen, um "Arafat und seine Bande" zu deportieren. Eine Kampfansage, die in Herzlyia durch sorgenvolle Anmerkungen zu Israels sozialer Situation und Zukunft ergänzt wurde. Offenbar besteht Anlass dazu.


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