51st State of America

Sportplatz Kolumne

Wenn am Freitag die Basketball-Europameisterschaften in Serbien und Montenegro angepfiffen werden, dürften sich die Vereinsbosse der deutschen Basketball-Bundesliga (BBL) in Vorfreude über das vergleichsweise große Medieninteresse und in der Hoffnung auf steigende Sponsoreneinnahmen die Hände reiben. Die Deutschen, die sich nach einem enttäuschenden neunten Platz bei der EM 2003, nicht für Olympia qualifizieren konnten, müssen sich neu beweisen. Geradezu schockiert war die Basketballwelt 2003, dass die Auswahlmannschaft, die doch ein Jahr zuvor so sensationell Bronze bei der Weltmeisterschaft in den USA geholt hatte, dermaßen kläglich ausschied. Doch dieses Jahr soll alles anders werden. Dem deutschen Basketball einen Schub geben, wollen sie, allen voran Deutschlands Exportschlager Dirk Nowitzki. Der hat sich in der besten Basketballliga der Welt, der nordamerikanischen NBA, nicht nur durchgesetzt, sondern ist dort zu einem Superstar mit zweistelligem Millionengehalt geworden. Letzte Saison hat man ihn gar zum drittwertvollsten Spieler gewählt. Als Idol im Gigantenolymp ist er natürlich auch die Attraktion für den deutschen Basketball.

Ob die deutsche Mannschaft in Serbien und Montenegro überhaupt antreten würde, war allerdings vorübergehend nicht ganz klar. Einige Nationalspieler drohten mit Streik, um ihren Protest gegenüber der Politik der Basketball-Bundesligaführung Publik zu machen. Denn die Bundesliga-Oberen ließen vor wenigen Wochen die letzten "Ausländerbeschränkungen" fallen. Bereits im letzten Jahr war nur etwa 30 Prozent der Bundesliga-Mannschaften mit Spielern deutscher Staatsangehörigkeit besetzt, von denen nur ein Bruchteil regelmäßig auf dem Parkett zu sehen war. Diese Saison werden es voraussichtlich noch weniger sein. Kommt Sport ohne Patriotismus aus? Wie wichtig ist die Nationalität der Spieler für das Interesse und die Identifikation mit den Mannschaften? Liga-Geschäftsführer Jan Pommer begründet den Einsatz ausländischer Spieler mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Die Globalisierung macht eben auch vor der BBL nicht halt, im nächsten Jahr werden noch mehr routinierte Spieler vornehmlich aus den USA, Afrika oder Osteuropa geholt. Aufgrund der hohen Zahl der Amerikaner in der Liga, spricht manch einer bereits süffisant vom "51st State of America".

Zu kurz gekommen fühlen sich jetzt vor allem die jungen einheimischen Spieler. Deren Chance sich gegen die erfahrenen Ballzauberer durchzusetzen, ist denkbar gering und so versuchen sich die meisten notgedrungen mit dem Personal in den unterklassigen Ligen auseinander zu setzen oder streben gleich einen Wechsel ins Ausland an. Ein Zustand, den Nationalspieler Dirk Nowitzki scharf kritisiert hat: "Die BBL-Verantwortlichen behaupten immer, von unten, also aus dem Nachwuchs, komme nichts nach. Was die jungen deutschen Spieler brauchen ist Spielzeit. Aber wo sollen sie die herkriegen, wenn sie nur ausländische Profis vor sich haben?"

Fast schon zynisch wirkt der verzweifelte Plan der Liga, den einheimischen Talenten eine Perspektive zu geben. Ihre "Maßnahmen zur Nachwuchsförderung" bewirken eine Anhebung der Quote für deutsche Spieler bis 2010 auf vier. Bei einem Kader von bis zu 18 Mann ist die Möglichkeit, an Spielzeit zu kommen, genau so hoch wie jetzt. Identifikationsfiguren werden den Teams in den kommenden Jahren fehlen. Fast ein Dutzend deutscher Nationalspieler, Größen wie Denis Wucherer und Mithat Demirel darunter, verabschiedete sich kürzlich Richtung Ausland. Bekannte Gesichter fehlen und von der viel gepriesenen neuen Kontinuität ist nichts zu erkennen, denn die meisten "Neu-Stars" sind nur mit Ein-Jahres-Verträgen ausgestattet. Das Fan-Interesse wird sinken. Ob die Ligabosse es wahr haben wollen oder nicht, aber wer sich guten amerikanischen Basketball anschauen will, der verfolgt die NBA und begnügt sich nicht mit drittklassigen Kopien in der Bundesliga.


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