Wer einmal damit angefangen habe, Kinder zu missbrauchen, der höre damit nicht auf. So hieß es jüngst in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zum Fall des ehemaligen Lehrers und taz-Mitarbeiters Diedrich W., der sich während seiner Tätigkeit an der Odenwaldschule mehrfach an Schülern vergangen hatte. Hatte er es später wieder getan? Niemand weiß es, aber die FAS meint: ja. Dass es nicht anders sein kann, wisse „jeder, der sich mit dem Thema Pädokriminalität befasst“.
Es fiele leicht zuzustimmen, das Urteil passt ins akzeptierte Bild des Pädosexuellen, von dem die Öffentlichkeit oft nur zwei Typen kennt, wie Hans-Ludwig Kröber von der Berliner Charité es beschreibt: Den Mann aus dem Dunkel, der wahllos Kinder vergewaltigt und umbringt. Und den Familienvater, der sich hinter verschlossener Tür an der Tochter vergreift. Beides gibt es, sagt Kröber. Auch. Aber eben nicht nur. Es seien extreme Zerrbilder jener Pädokriminellen, mit denen Sexualforscher wie er täglich zu tun haben – und von denen sie ein differenziertes Bild entwerfen.
13.000 Anzeigen wegen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen gab es 2009. Die Dunkelziffer ist hoch. Es ist ein Delikt, das im Verborgenen geschieht, in Schlafzimmern, Flurecken, hinter Schulmauern, und das aus Scham im Schweigen versinkt. Wie oft, ließ die Berliner Männer-Studie erahnen. Der Sexualmediziner Klaus Beier von der Berliner Charité erkundigte sich 2004 bei 6.000 Berlinern nach Erektionsstörungen und den Folgen für das Befinden. 373 lud er zu einem Interview ein, in dem er auch nach Sexfantasien und -praktiken fragte. 14 Männer räumten mindestens einen sexuellen Kontakt zu Kindern ein. Der Schock saß tief: Denn hochgerechnet hieß das, dass bundesweit etwa 60.000 bis 70.000 Männer Kinder sexuell missbrauchen. „Eine Riesenzahl“, sagt der Kieler Sexualmediziner Hartmut Bosinski. Im Juni 2005 startete Beier das Dunkelfeldprojekt. Nicht straffällige Pädophile können sich seither anonym in Berlin, Kiel oder Regensburg melden und an einer Therapie teilnehmen. Weit mehr als Tausend riefen an, Männer aus allen Berufen und Schichten. Und wenn die Erkenntnisse überhaupt ein Pauschalurteil zulassen, dann dieses: Die Täter sind überwiegend Männer. Und sie missbrauchen vorwiegend Mädchen.
Erwachsene haben in dieser Welt nichts verloren
Von den bereits Angezeigten vergeht sich jeder zweite an einem Kind im nahen Verwandten- oder Bekanntenkreis. „Es sind entgegen dem Klischee selten die leiblichen Väter“, stellt Kröber klar. „Es ist viel häufiger der neue Freund der Mutter oder der Onkel, der sich an ihrer Tochter in der frühen Phase der Pubertät vergreift.“ Diese Männer „leben in einer heterosexuellen Beziehung mit einer gleichaltrigen Frau, haben eigentlich heterosexuelle Neigungen, nutzen aber pubertäre Kinder sexuell aus“, erklärt Kröber. Unter Forschern heißen solche Täter Gelegenheitspädophile. Landen sie vor Gericht, sind sie meist fürs Leben bedient. „Die Rückfallquote ist im Unterschied zu anderen Pädokriminellen sehr gering und liegt bei etwa zehn Prozent“, sagt Kröber.
Kröber spricht bedacht. Es fällt dennoch schwer zu verstehen, was er da sagt. Was geht in einem Mann vor, der sich an einem Kind vergreift, obwohl er sich auch von Frauen angezogen fühlt – und seine Sexualität ohne Missbrauch ausleben kann? „Wir machen einen Fehler, wenn wir Kinder als sexuelles Neutrum ansehen. Sie haben ihre eigene Sexualität“, sagt Bosinski. Nur hätten Erwachsene in dieser Welt rein gar nichts verloren. Was die Täter dazu bringt, die Grenze zu übertreten, können Forscher nicht erklären. Sie können nur über Auslöser mutmaßen: Das enge Zusammenleben, die glatte Haut, die kindliche Unbefangenheit, Mädchen mit zarten Zügen der Frau.
Verstörend erscheinen in diesem Zusammenhang vor allem die Arbeiten des kanadischen Sexualforschers Ray Blanchard. Er zeigte pädophilen wie auch heterosexuellen Männern Fotos von nackten Kindern, Teenies und Erwachsenen. Dabei maß er Umfang und Länge des Penis. Diese Phallometrie genannte Methode der Sexualdiagnostik wird weltweit zu Forschungszwecken genutzt, häufig wenn ein Patient sich seiner sexuellen Neigung unsicher ist und diese bestimmen lassen möchte. In Blanchards Experiment allerdings reagierten im direkten Vergleich tatsächlich die 130 heterosexuellen Männer stärker auf Mädchen als die 272 bekennenden Pädophilen. Nur innerhalb der Gruppen entsprachen die Ergebnisse der Erwartung: Die ausgeprägteste Erektion bekamen Heterosexuelle letztlich beim Anblick gleichaltriger Frauen. Die Pädophilen reagierten stärker auf Mädchen oder Jungen. Die Studie, die 2009 in der Zeitschrift Sex Abuse veröffentlicht wurde, offenbart, dass unerwartet viele Männer nackte Kinder zu einem gewissen Grad auch sexuell betrachten – obwohl sie nicht pädosexuell sind, sagt Blanchard. Es sei naheliegend, aber nicht erwiesen, dass die Gefahr einer Gelegenheitstat bei diesen Männern größer sein könnte.
Gut vernetzte Täter
Auf der anderen Seite des Spektrums der Pädosexuellen aber gibt es sie: die Wiederholungstäter. Es sind vor allem jene, die Lisa Cohen, Psychologin am Beth Israel Medical Center in New York, als „wahre Pädophile“ betitelte. Sie haben eine eindeutige Präferenz für Kinder und keine erotischen Beziehungen zu Erwachsenen. Daher beuten sie Mädchen oder Jungen immer wieder sexuell aus. „Die sind untereinander oft sehr gut vernetzt und haben ihre eigenen Gepflogenheiten“, sagt Kröber. Es sind diese Täter, die nicht aufhören können. Die Rückfallquote beträgt zwischen 50 und 90 Prozent. Einige haben bis zu hundert Opfer auf dem Gewissen. Entgegen dem Klischee „wenden sie aber selten körperliche Gewalt an“, sagt Kröber. Cohen pflichtet ihm bei: „Alle halten Pädophile für brutal. Das stimmt nicht.“ Über Wochen bahnen sie den Kontakt zu den Kindern an, so lange, bis sie glauben, das Opfer würde „einwilligen“. Es seien Pädokriminelle, aber sie morden so selten wie die übrige Bevölkerung, stellt Kröber klar. Weit überwiegend seien es überhaupt keine Pädosexuellen, die Kinder vergewaltigten und umbrächten, sondern Menschen mit einer massiven sozialen Störung. „Diese Täter nehmen sich alles, was sie haben wollen und werfen weg, was sie nicht mehr brauchen“. Oft sind sie wegen anderer Delikte vorbestraft.
Die Unterteilung der Täterschaft in Gelegenheitspädophile aus dem familiären Umfeld und Bekanntenkreis in „wahre Pädophile“ und soziopathische Gewalttäter ist eine Momentaufnahme, die so alt nicht ist und vor allem Klischees zertrümmert hat. Jahrelang suchte man nach psychologischen Absonderlichkeiten. Vergeblich. „Die Persönlichkeiten von Pädophilen sind ähnlich vielfältig wie jene von Heterosexuellen“, fasst Kröber zusammen. Es gibt Psychopathen, keine Frage, aber die einzelnen Personen unterscheiden sich stark in ihrem Wesen. Sie sind in der Summe geringfügig impulsiver, aber nicht aggressiver, nicht nennenswert dümmer und nicht gefühlskälter als andere Menschen, das erbrachten Tests aus den USA und Europa. Die individuellen Unterschiede sind zu groß, als dass sich ein Charakterzug als „typisch pädosexuell“ herausschälen würde.
Nie so umfassend analysiert
Nur zwei Befunde ließen sich erhärten: Pädosexuelle neigen dazu, ihr eigenes Verhalten völlig verzerrt darzustellen und massiv zu rechtfertigen. Ob dies Folge oder Ursache der Übergriffe an Kindern ist, bleibt im Dunkeln. Nicht mehr wegzudiskutieren ist aber, dass viele Täter als Kind selbst Opfer von Pädokriminellen waren. Das Risiko, selbst Täter zu werden, sei dann 40-fach erhöht, sagt Cohen, auch wenn ungezählte Missbrauchsopfer engagiert gegen sexuelle Gewalt kämpfen und niemals einem Kind etwas zuleide tun würden.
Die Forscher haben gerade erst begonnen, die jüngsten Missbrauchsskandale aufzuarbeiten. Kröber untersucht mit Kollegen aus Ulm und Essen mehr als hundert Fälle in der katholischen Kirche. Er wagt eine Zwischenbilanz: „Nach allem, was wir ausgewertet haben, ist die deutliche Mehrheit sexuell nicht auf Kinder festgelegt und hat eine massiv angstgeprägte Sexualität“. Dazu passe, dass es vor allem unsittliche Berührungen gebe, kaschiert etwa als Strafe oder Sexualaufklärung. Die „wahren Pädophilen“ gingen rabiater vor. Er sagt es nicht, aber es ist ein Hinweis darauf, dass die insgesamt unterdrückte Sexualität die Übergriffe begünstigt hat.
Auch wenn die hohe Dunkelziffer kein abschließendes Urteil zulässt: Kröber sagt, die Pädokriminalität sei in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Dazu habe zum einen die sexuelle Liberalisierung und zum anderen die Emanzipation der Frauen beigetragen. Sexualität könne offener ausgelebt und angesprochen werden. Zugleich sei auf Initiative der Frauen hin der gesellschaftliche Konsens gewachsen, dass sexuelle Übergriffe auf Kinder ohne jede Diskussion tabu sind. Doch mit dem Tabu hat sich auch eine Kultur des Wegschauens durchgesetzt. Selbst Forscher bekommen sie zu spüren. „Das erforschst du? Also nein, wirklich.“ Angewiderte Reaktionen hat nicht nur Bosinski erlebt. „Manche wollen nicht mehr über Pädophilie wissen, als sie schon zu wissen glauben“, sagt Cohen. Doch nur wer hinsieht, frei von Vorurteil und Voyeurismus, kann ernsthaft vorbeugen.
Susanne Donner schrieb im Freitag zuletzt über Umweltchemikalien und Unfruchtbarkeit.
Kommentare 8
Glauben Sie @mmitt, im Ernst, man könne dem gesamtgesellschaftlichen Drama sexualisierter Gewalt gegen Kinder mit der Justiz beikommen? Nach Dunkelfeldschätzungen: jedes 3.-4. Mädchen, jeder 5.-7. Junge macht mindestens eine Erfahrung sexualisierter Gewalt vor dem 16. Lebensjahr. Haupttatort: die Familie.
Setzen Sie sich mal an einen öffentlichen Ort, z.B. in eine U-Bahn und machen ein gedankliches Experiment: zählen Sie Kinder ab. Und dann zählen Sie bitte auch die Täter ab, nehmen Sie meinetwegen an, einer wäre im Durchschnitt für Übergriffe auf zwei Kindern zuständig - Sie kämen auf etwa jeden 10., der gegenüber Kindern übergriffig ist - möchten Sie jeden 10. präventiv einsperren?
Ich glaube nämlich nicht, daß die Justiz das Allheilmittel ist, die Strafmaße für Kindervergewaltigung liegen unter denen für Eigentumsdelikte (welche Werte gelten hier doch gleich?), die Verjährungsfristen gehen völlig an der Realität der Betroffenen vorbei und gehören gestrichen.
Aber selbst dann: nicht nur, daß nur ein winziger Bruchteil der Verbrechen sexualisierter Gewalt an Kindern zur Anzeige kommt, ein noch geringerer Bruchteil überhaupt zu Verhandlung und Urteil gelangen (Beweislast), die Betroffenen im Rahmen von Verhandlung und Konfrontation mit dem Täter größte Gefahr laufen, re-traumatisiert zu werden - es kommen, wie Sie richtig erwähnen, dabei auch Bewährungsstrafen heraus. An der Realität gehen auch Schmerzensgeld oder Entschädigungen vorbei, die sind nämlich nicht nur ein Trinkgeld, sondern vergewaltigen die Betroffenen ein weiteres Mal, indem sie den Wert ihres Schmerzes, den Preis für ihre Vergewaltigungen von dritter Seite amtlich zugemessen und bestätigt bekommen.
Wie z.B. bei diesem Urteil www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/vater-missbrauchte-tochter-jahrelang-bewaehrungsstrafe/1792028.html , gesprochen mitten in der Diskussion um sexualisierte Gewalt in der RKK im letzten April in Berlin, nach dem ein Vater, der bereits die zweite Tochter vergewaltigt hatte, ab ihrem 7. Lebensjahr und eingestandenermaßen 282 Mal, zu einer 2jährigen Bewährungsstrafe, 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit und 1000€ Schmerzensgeld verurteilt wurde. Macht pro Vergewaltigung einen Schmerz im Wert von etwa 3,54€. Das kommt einer Handlungsempfehlung gleich, ist doch der Griff zur Tochter weit günstiger als 282 Besuche bei Prostituierten oder ausgedehnte Fickferien in Südostasien.
Da wird mir 'komisch' zumute.
Besonders, weil dieser Vater nicht an der Vergewaltigung seiner bereits ZWEITEN Tochter gehindert wurde. Das aber wäre PRÄVENTION, die Sie ja wiederum zugunsten Ihrer Opfer-Mitleids-Verströmungen in der anderen Diskussion wenig zu interessieren scheint.
Prävention bestünde vor allem aus zwei Schwerpunkten: Einesteils Kinder in ihrem Selbstbewußtsein und Selbstwertgefühl so zu stärken, daß sie Erwachsenen zu widersprechen und die Autonomie über ihren Körper und ihre Person zu vertreten lernen. Was in der Folge zu sehr wenig stromlinienförmigen und nicht unbedingt mit Eltern-, Schul-, Leistungs-, Wasweißich-Erwartungen kompatiblen Kindern führen würde.
Anderenteils bestünde Prävention in Forschung an und Therapie-Angeboten für mögliche Pädokriminelle (darunter fallen als für 12-20% der Verbrechen verantwortlich Pädophile, für 80-88% sind überwiegend 'normale' heterosexuelle Männer zuständig, ein geringer Teil entfallen auf Frauen und Homosexuelle), wie z.B. das Therapie- und Forschungs-Projekt 'Kein Täter werden' der Charité in Berlin, mittlerweile mit einer (1) Außenstelle in Kiel und einer (1) in Regensburg. Chronisch unterfinanziert. kein-taeter-werden-ppd.charite.de/
Fazit: es besteht wenig gesellschaftliches oder politisches Interesse an der Prävention sexualisierter Gewalt.
Der Freitag ist eines der wenigen Ausnahmemedien, die nicht widerwärtigen Voyeurismus mit geschwollenem Schritt beim auflagenträchtigen Geglotze an möglichst weit entfernte Orte wie Amstetten, RKK, Elitinternate fördert.
Danke dafür.
Nein, @mmitt, das wollte ich damit nicht sagen.
Würden Sie sich beim Freitag aber mal ein bißchen umsehen und die Artikel zu sexualisierter Gewalt hier mit denen z.B. in Die Zeit zum Thema Amstetten, RKK, Eliteinternate vergleichen, wüßten Sie auch, daß Ihre Kritik gegenstandlos ist.
Da aber voyeuristische Artikel wie Kinderpornos 'millionenfach' gelesen und gesehen werden - wer genau sind denn Ihrer Ansicht nach die Millionen, die das tun?
Langsam kriege ich das Kotzen, welche Themen noch so alles in Richtung 'entsorgte Vätern' entführt werden.
Auch, wenn es Ihnen nicht in den Kram paßt - es SIND überwiegend Männer, die sexualisierte Gewalt gegen Kinder ausüben und zwar gegen mehr Mädchen als Jungen.
In Ihrem Satz 'Der Mann nimmt. Und er nimmt, wenn er den Eindruck hat, dass er darf.' liegt allerdings einige Wahrheit, nämlich die des subjektiven Eindrucks von 'Dürfen'. Der aktiv hergestellt wird und auch in Regelmäßigkeit dazu führt, daß Mythen wie 'Der Junge/das Mädchen/die Schlampe hat ja Sex gewollt und mich dazu verführt' etc. dauerhaft vertreten werden. Diesen Mythos könnte man bei bösartiger Lesart auch bei Ihnen finden: 'Man stelle sich vor, Jungs würden früher reifen und schneller wachsen, dann hätten wir andere Verhältnisse. Eine Frau sucht sich einen Partner dem sie sich hingeben kann, wann sie will und wie sie es will.'
Mit anderen Worten: vergewaltigte Frauen und Mädchen wollen das ganz genau so? Wären Jungen ähnlich schnell entwickelt wie Mädchen, wäre ihre Vergewaltigung durch gleichaltrige Mädchen/erwachsene Frauen Legion?
Ich hoffe inständig, Sie mißverstanden zu haben.
Es ist in der Tat so, daß auch Frauen sexualisierte Gewalt gegen Kinder ausüben. Oft in enger Verbindung mit psychischer Gewalt oder unter dem Deckmantel von Fürsorglichkeit, Hygiene etc., eine informative und hilfreiche Website dazu www.tauwetter.de/index.htm Hier news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/magazine/8022861.stm Zahlen aus verschiedenen Untersuchungen nebst Statements von Betroffenen. Meines Wissens sehr viel häufiger ist aber das Wegsehen von Frauen (oft mit eigener Gewalterfahrung), wenn sich an Kindern vergriffen wird - also eine passive Mittäterschaft.
Es ist ebenfalls so, daß in 'konfliktreichen Trennungen' Frauen Männer zu Unrecht beschuldigen. Die ultimative Waffe sexualisierte Gewalt, bestens geeignet, das Leben eines Manns zu zerstören.
Wenn es von Alice Schwarzer einen klugen Satz gibt, dann: 'Frauen sind nicht die besseren Menschen!'
Die 'entsorgten Väter' (durch den bewußten Falsch-Vorwurf sexualisierter Gewalt) aber als den Regelfall darzustellen, halte ich für eine unlautere Entführung der Themen Pädophilie und Pädokriminalität und für eine Mißachtung des Leids hinter der hohen Dunkelziffer sexualisierter Gewalt gegen Kinder.
@plattfisch
Auch Ihre Gewalterfahrung (die mir ehrlich leid für Sie tut) erklärt nicht, warum Sie das Thema so gründlich verfehlen. Das lautet nicht 'entsorgte Väter', 'prügelnde alleinerziehende Mütter' oder 'Genderrollen', sondern Pädophilie und Pädokriminalität.
Und nein, mir ist nicht aufgefallen, daß Sie 'die Täter, gemäß der Aussage der Sexualforscher ebenfalls in Gruppen aufteilten', sondern mir fiel auf, daß Sie a) das Thema entführen, b) von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Erwachsene mischen, c) Täter-Opfer-Verschiebungen vornehmen, d) zweifelhafte Aussagen über männliches und weibliches Sexualverhalten treffen und e) das Leid der von sexualisierter Gewalt Betroffenen mißbrauchen.
Es wäre mir ganz angenehm, Sie würden nicht über 'Willen', 'Blockaden' oder 'wunde Punkte' bei mir mutmaßen und mir 'klein sabbeln', Ihnen 'blöd ... kommen', 'Manipulation' durch das 'Geschreibsel und Gelaber oben genannter Damen' (die ich bis auf Alice Schwarzer erst mal googlen mußte) etc. unterstellen - ich kann aber schon eine ganze Weile lesen, denken und schreiben und sehe auch keinen Anlaß, warum Sie derartig unhöflich, überpersönlich und aggressiv wurden.
Erfreulich wäre auch, Sie würden realisieren, daß sehr viele Opfer sexualisierter Gewalt enorm viel dafür tun, um eben nicht mehr 'Opfer' zu sein und es als Beleidigung empfinden, ständig derartig abqualifiziert zu werden.
Sinnvoll wäre, Sie würden zwischen Übergriffen auf Kinder und Übergriffen auf Jugendliche unterscheiden - Ihre Darstellung, daß Mädchen im Jugendalter ausschließlich und Jungen im Jugendalter (jeweils mit Erfahrung sexualisierter Gewalt) niemals als Opfer gesehen würden/sich selbst (zunächst) so empfinden, halte ich für nicht zutreffend. Auch die Täter m/w unterscheiden sich.
Wie Erfahrungen sexualisierter Gewalt in Kindheit/Jugend sich äußern und zwar oft erst nach Jahrzehnten, bzw. wie sie verarbeitet werden/werden können, ist so individuell wie die Menschen, die diese Erfahrung machen mußten und auch davon abhängig, in welchem Alter/in welcher Abhängigkeit sie gemacht wurden. Eins ist aber immer gleich: empfundenes Leid ist Leid. Das ist völlig geschlechtsunabhängig, wenn sich Frauen auch etwas leichter zu tun scheinen, sich professionelle Hilfe zu suchen.
Zu weiterer Diskussion wäre notwendig, Sie würden sich zunächst über den Unterschied zwischen Pädophilie und Pädokriminalität informieren - die meisten pädosexuellen Verbrechen gegen Kinder m/w (die überhaupt nicht zwingend Penetration heißen müssen) entfallen nämlich NICHT auf Pädophile, sondern auf 'normale' heterosexuelle Männer.
Sollte es Ihnen um physische Gewalt durch alleinerziehende Mütter gegen ihre Söhne unter Entsorgung der Väter nebst Betrachtung durch Gesellschaft/Justiz gehen, schreiben Sie vielleicht besser einen eigenen Blog dazu - ich werde ihn mit Interesse lesen.
Hier aber geht es um die verschiedenen Tätergruppen und ihre Motive zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Sollten Sie seriöse Quellen zu weiblicher Pädophilie haben, wäre ich Ihnen für links sehr dankbar. Zu weiblicher Pädokriminalität, oft in Verbindung mit psychischer Gewalt habe ich einiges schon gelesen, wäre aber auch dazu für seriöse Quellen dankbar.
Ein mutig formulierter Einblick in erstaunlich kompetente Arbeit abseits boulevardesker Schmalspurtristesse.
@lausemädchen off topic
Meinen Sie das eine (1) Beispiel der mittels unprofessioneller Psychoanalytikerinnen in die Psychose getriebenen Frau? Da kann ich noch ein weiteres hinzufügen, ohne auf Details eingehen zu wollen, nämlich meine eigenen, wirklich üblen Erfahrungen mit zwei Psychoanalytikern. Neben der Therapieform ist Therapieerfolg aber natürlich auch davon abhängig, an wen man gerät, ich hatte zweimal Pech. Die beschriebene Frau noch öfter und vor allem ewig lang.
Wenn Sie die klassische Psychoanalyse für generell gut geeignet halten, Traumapatienten zu helfen - warum begründen Sie das nicht inhaltlich?
Es ist aber in der Tat so, daß die Krankenkassen für Psychoanalyse bereitwillig jede Menge Stunden bewilligen. Das aber trifft aus meiner Sicht keine Aussage darüber, ob diese Form der Therapie immer und überall geeignet und wirksam ist. Sondern eine über idiotische Krankenkassen, me thinks. Auf gut ausgebildete EMDRler muß man ewig warten, bei guter Körpertherapie ist es genau so, was mit der Bewilligungspolitik der Kassen eine ganze Menge zu tun hat.
@plattfisch - ich versuch's mal zunächst mit ein paar Begriffsdefinitionen:
Nach Volkmar Sigusch gibt es 10 Tätertypen:
1. Inzesttäter (z. B. Vater, Onkel oder Bruder bzw. Mutter, Tante, Schwester)
2. Nachbar, oft in gestörten sozialen Verhältnissen lebend, oft alkoholisiert; ist häufig nicht tatsächlich pädophil
3. pubertierender Junge, der erste sexuelle Erfahrungen an kleineren Kindern macht
4. in der Entwicklung zurückgebliebener und/oder dauerhaft behinderter Jugendlicher oder Erwachsener, der in Kindern „angemessenere“ Sexualpartner als in Gleichaltrigen sieht
5. sexuell unreifer Erwachsener, der die ihm fehlenden „Doktorspiele“ bewusst oder unbewusst nachholen will.
6. psychisch kranker Erwachsener, zum Beispiel durch eine Geisteskrankheit enthemmt
7. Sextourist
8. altersabgebauter (=dementer) Mensch, der in seinem bisherigen Leben sexuell unauffällig war und sich jetzt enthemmt an Kindern vergreift
9. „Perverser“, der die Neigung, andere Menschen zu schlagen und zu quälen, z. B. an abhängigen Kindern auslebt (weil er beispielsweise keine anderen Opfer findet)
10. Pädophiler, der ausschließlich Kinder begehrt, die noch nicht in die Phase der Pubertät eingetreten sind, Ephebophiler, der männliche Jugendliche begehrt, oder Parthenophiler, der weibliche Jugendliche begehrt
Der im anderen Artikel interviewte Marco fiele demnach unter die 4. potentielle Tätergruppe. Bitte überlegen Sie selbst, wie viele der anderen Täter als 'normal' durchgingen.
Vielleicht möchten Sie von Volkmar Sigusch mehr lesen: www.zeit.de/2010/20/Interview-Sigusch?page=all Sollten Sie über weibliche Pädokriminalität mehr lesen wollen, könnten Sie das unter den am 12.03.2011 um 16:18 geposteten links zu 'Tauwetter' und zu BBC tun, dort gibt's weit mehr als Berichte von Betroffenen. Weibliche Pädophilie ist kaum erforscht, bei männlicher steckt die Forschung ebenfalls am Anfang - völlig richtig. Das einzige deutsche Therapie- und Forschungsprojekt 'Kein Täter werden' ist chronisch unterfinanziert und kann bei weitem nicht genügend Plätze anbieten.
Um weitere Mißverständnisse möglichst klein zu halten - ich unterscheide zwischen drei Formen von Gewalt gegen Kinder (u.a. auch deswegen, weil sie unterschiedlicher therapeutischer Ansätze bedürfen) nämlich physische, sexualisierte und psychische Gewalt. Wobei bei keiner eine Aussage darüber zu treffen ist, welche unter dem Aspekt möglicher Traumatisierung oder anderer Spätfolgen schwerer wiegt und sie auch gern und oft in Kombination gegen Kinder vorkommen. Es wäre auch sehr freundlich, Sie würden mir nicht die Worte im Mund rumdrehen - ich persönlich bezweifele die Allwirksamkeit von Psychoanalyse, besonders für Traumapatienten und mitnichten die Wirksamkeit jeder professionellen Hilfe. Keine Lust, die ganzen links nochmal zu setzen, bitte folgen Sie bei Interesse z.B. denen zu EMDR in der anderen Diskussion, in Ergänzung oder eingebettet in Gesprächs- und oder Körpertherapie.
Ihre Unterstellung, ich würde Gefahr laufen, Homosexuelle zu diskriminieren, können Sie sich sparen, Homosexualität ist zwar nicht die Norm, für mich aber völlig normal.
Ich finde zwar, daß Sie sich selbst bei Kristina Schröder und auf den Seiten des BMFSFJ umsehen könnten, da Ihnen aber offenbar das ausdrückliche Engagement der Ministerin für Jungen entging, auf die Schnelle: www.kristinaschroeder.de/presse/mitteilungen/2010/geld-fuer-mehr-maennliche-erzi/www.kristinaschroeder.de/presse/mitteilungen/2010/boys-day-ab-2011-auch-in-wiesb/
www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/themen-lotse,thema=thema-runder-tisch-kindesmissbrauch.html hier fänden Sie reichlich Material auch über von Gewalt betroffene Jungen.
Hier www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/servicetelefon-kontakt.html könnten Sie Ihre weitergehenden Vorschläge ans BMFSFJ richten. Kristina Schröder antwortet leider nicht öffentlich via Abgeordnetenwatch, Sie können sie aber unter kristina.schroeder@bundestag.de auch direkt anschreiben.
Ich gebe Ihnen Recht, @mmitt und setze sogar noch einen drauf. Mir wird besonders übel, wen ich an all die Millionen Unverwahrten denke, die da draußen herumlaufen und noch nicht als Hochgefährliche erkannt wurden, aber weiter ohne jede Verjährung frei herumlaufend andere damit gefährden, irgend wann einmal kriminell zu werden. Und das schönste: Im Namen der Menschenrechte künmert das keinen. Unerhört! Da war die STASI viel umsichtiger.