Abwrackprämie? Teure Hilfe für veraltete Autos

Ökoblog Ein Neuwagen kostet durchschnittlich 25.000 Euro. Das jährliche Durchschnittseinkommen liegt bei 27.000 Euro.Wie das gehen soll? Genau. Gar nicht

Also schön. Hier kommt’s: Ich finde es gar nicht schlimm, dass die Zahl der neu zugelassenen Pkw im vergangenen Jahr um 1,8 Prozent zurückgegangen ist. Ich weiß. Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Jeder siebte Arbeitsplatz. Aber jetzt mal ernsthaft: Wir haben schon gut 41 Millionen Autos. 3,1 Millionen Neuwagen kamen 2008 trotz allem noch hinzu. Das muss reichen.

Ich will hier nicht von der Störung der Krötenwanderung anfangen, von der Erderwärmung und anderen Problemen, die wir ohne die gigantische Blechlawine nicht hätten. Aber es handelt sich bei Autos doch schlicht um Produkte, die sich normale Menschen kaum noch leisten können. Schon 2007 kostete ein Neuwagen im Durchschnitt 24.953 Euro. Gleichzeitig lag das Bruttojahreseinkommen von Arbeitnehmern bei durchschnittlich 27.083 Euro. Wie soll das gehen? Genau: Gar nicht.

Tatsächlich sind längst über 60 Prozent der neu zugelassenen Autos Firmenwagen. Die hutzeligen Vernunftautos, die Polos und Puntos, die werden noch ab und zu neu von Privatmenschen gekauft. Aber in der Klasse ab 200 PS werden nach Berechnungen von Greenpeace 70 Prozent der Neuwagen von Firmen angeschafft, einige Modelle sogar zu 100 Prozent. Und wieso können die sich das leisten? Weil die Steuerzahler dafür blechen. Unternehmen und Freiberufler dürfen sämtliche Fahrzeugkosten von der Steuer absetzen.

Und so halten vor allem wir großmütigen Steuersubventionszahler die Maschinerie der hochgejazzten Zulassungszahlen am Laufen. Zwei, drei Jahre Leasing und dann das neueste Modell, während die alte Karre an Privatleute durchgereicht wird, die sie aus eigener Tasche zahlen und viele Jahre damit herumjuckeln. Es ist kein Zufall, dass das Durchschnittsalter der in Deutschland zugelassenen Autos inzwischen bei 8,5 Jahren liegt. Mehr als jeder zehnte Wagen ist sogar so alt, dass er nur die Abgasnorm Euro eins schafft – oder noch nicht einmal das.

Womit wir bei der Abwrackprämie wären. Ist das nicht eine tolle Sache, die alten Dreckschleudern von der Straße zu bekommen? Ja bitte, auf den Schrottplatz damit, meinetwegen auch mit etwas Nachhilfe vom Staat. Aber ersetzen? Auf meine Kosten? Nur weil ein Industriezweig Produkte absetzen will, die ihre Kunden nicht finanzieren können?

Bleibt noch das Argument, dass die neuen Autos umweltfreundlicher seien. Aber Vorsicht: Der Fortschritt ist eine Schnecke. In den zehn Jahren bis 2007 ging der durchschnittliche CO2-Ausstoß von neuen Diesel-Autos gerade mal von 178 auf 171 Gramm pro Kilometer zurück. Benziner pusten im Schnitt immer noch gut 168 Gramm in die Luft.
Ein zehn Jahre alter Opel Corsa verbraucht nach Berechnungen des Verkehrsclub Deutschland mit 5,6 Litern Benzin genauso viel wie ein vergleichbarer Corsa Baujahr 2009. Wenn das alte Ding noch fährt, ­warum soll ich über 48 Monate ­einen neuen abstottern, der nach Ablauf des Kredits nur noch die ­Hälfte wert ist?

Deshalb, liebe Autobauer: Macht mir ein gutes Angebot, dann reden wir wieder. Aber meine Steuermilliarden für eure veralteten Schüsseln? Eher nicht.

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