Ach, Bräutigam

Linksbündig Das päpstliche Papier zur "Zusammenarbeit von Mann und Frau" klingt wie gewohnt: monosexuell

Soeben schickt mir die Deutsche Bischofskonferenz das neue Papstschreiben. Ich bin immer ganz gerührt darüber, dass sie mir das so treu schicken, wo sie sich doch genau vorstellen können, was ich damit anfange. Erst dachte ich, ich muss wieder Schmerzensgeld beantragen, weil ich immer dasselbe lese. Aber diesmal waren zwei Sätze neu: 1). "so macht sich die Frau, um wirklich Frau zu sein, zum Gegner des Mannes." 2) "eine Perspektive, in der die Männer als Feinde betrachtet werden, die zu besiegen wären." Hilfe! Von welchen Frauen redet der Papst? Von mir jedenfalls nicht, da ich mit dem Nobelpreisträger James Watson, dem Entdecker der Doppelhelix, glaube, "dass die Evolution auf dem einfachen und schönen Prinzip der Paarbildung beruht" und in der Einswerdung eines Paares eine Schönheit der Liebe ahne, die selbst der Tod nicht trennt, während der Papst die Einswerdung nur zum Zwecke der Fortpflanzung seiner Macho-Kirche duldet.

Die Times (vom 2. 8. 04) zitiert den Satz, dass "der Feminismus Homosexualität und Heterosexualität virtuell gleichsetzt". Dass der Papst sich mit Homosexualität beschäftigen muss, ist erst seit den Pädophilieskandalen akut. Wieso aber trägt der Feminismus die Schuld an dem Problem? Dass das katholische Christentum in seinem Kern nur noch aus einem einzigen Geschlecht besteht und die Kirche monosexuell strukturiert ist, mit dem Vatikan als dem idealen Biotop für Homosexuelle, beruht auf der Vertreibung der Frauen, wie sie seit der Hochzeit des Mönches Luther mit einer Nonne im Programm steht. Er sollte "die Frauen fliehen, weil sie ein Hindernis sind für jeden, der im geistlichen Leben vorankommen will", schreibt Francesco Pucci 1610, Priester-Seminarist unter dem Reformator der Priesterausbildung, dem hl. Philipp Neri. Der Papst ist nach der erfolgreichen Vertreibung der Frauen jetzt mit der Entsexualisierung der Homosexuellen befasst. Statt dessen sollte er einsehen: solange zwangsentsexualisierte homosexuelle Priester mit Kindern und Jugendlichen in dunklem Beichtstuhlgeflüster vereint sind ("Hast Du Unkeusches getan allein oder mit anderen?"-"Mit anderen." - "Mit wem?"), wird der Beichtstuhl zur Kontaktbörse für Homosexuelle und sollte für Kinder und Jugendliche verboten werden.

Abgesehen davon, dass die Frauen neuerdings Männerfeinde und Ursache für Homosexuellenprobleme sind, steht im Papstschreiben nichts Neues. Er zitiert ständig sein "Apostolisches Schreiben" mit dem Titel Die Würde der Frau von 1988. Das Wort "Würde" stellt sich immer hilfreich ein, wenn den mit solcher Würde Bedachten gerade etwas Wichtiges abhanden kommt. Es taucht auf in "würdiges Sterben", "Würde des Alters" und hier: dass sie natürlich kein Priesteramt haben können. (Alle Hirten sind Männer, alle Frauen sind Schafe).

Unfehlbar heißt unbelehrbar: Damals, in Die Würde der Frau, schrieb der Papst (Kapitel 25): "Was der Epheserbrief mit dem Begriff des "Bräutigam" ausdrückt". Im gesamten Epheserbrief kommen die Worte "Bräutigam" und "Braut" nicht vor. Im Epheserbrief befindet sich vielmehr die neutestamentliche Hauptstelle über die Ehe. Nachdem ich 86 mal (in Worten: sechsundachtzig Mal) "Bräutigam" und "Braut" statt "Ehemann" und "Ehefrau" gezählt hatte, rannte ich die Treppe runter und sagte zu meinem Mann, zu meinem Bräutigam: "stell Dir vor, der Papst übersetzt Epheser 5 mit ›Bräutigam und Braut‹". Sagt mein Bräutigam: "Vielleicht hat er eine polnische Übersetzung zugrunde gelegt, wo die Worte ›Bräutigam‹ und ›Braut‹ keuscher, enthaltsamer klingen, mehr nach Marien- und Josefsehe". Damals, im November 1990, hat sich die deutsche Bischofskonferenz in einem Brief bei mir für den "philologischen Hinweis" bedankt, dass sich im Epheserbrief die Begriffe Bräutigam und Braut nicht finden, und zugegeben, dass im Papsttext eine "Ungenauigkeit zu konstatieren" ist. Das macht aber nichts. Im neuen Schreiben taucht wieder der Epheserbrief mit "Braut" auf.

Denn nachdem in der Würde der Frau (Kapitel 20) der Papst "die Jungfräulichkeit" als das eigentlich Neue der Botschaft Jesu entdeckt hat, sind auch hier die "Ehelosigkeit", das "zölibatär leben", "die christliche Berufung zur Jungfräulichkeit ... als echte Herausforderung" und die Jungfrau Maria der Höhepunkt des Textes.


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