Es ist die Zeit der Grenzbefestigungen. Während Großbritannien in seinen Brexit-Verhandlungen mit harten und weichen Grenzen zwischen Irland und Nordirland hadert, schloss Bayern im Sommer letzten Jahres seine Grenze nach Österreich aus Angst vor „schwer integrierbaren Männern“. Gerade erst feierte Deutschland 30 Jahre Mauerfall und auf der anderen Seite des Atlantiks verlangt US-Präsident Donald Trump schon seit seinem Wahlkampf lautstark nach einer Mauer zwischen Mexiko und den USA. Trotz allen Lärms ist auch nach drei Jahren Amtszeit allerdings noch kein Meter der rund 3.200 Kilometer langen Grenze vermauert.
Im Windschatten von derlei Schlagzeilen hat sich in diesen Tagen eine ganz andere Linie geschlossen. Dänemark zog einen Zaun entlang der deutsch-dänischen Grenze. Der Grund: Man wolle die deutschen Schweine im eigenen Land nicht mehr haben. Was für eine Frechheit! In fixen zehn Monaten Bauzeit zog Dänemark einen 70 Kilometer langen Zaun von der Ost- bis zur Nordsee. Dänen und Deutsche stehen sich nun traurig winkend auf beiden Seiten des Zaunes gegenüber, so sieht sie aus, die Abschottungsrealität. „Es ist ein guter Tag für die dänische Schweinefleischindustrie“, freute sich Asger Krogsgaard, Vorsitzender des dänischen Schweineschlachtereiverbandes, als das letzte Zaunteil nahe dem Grenzübergang Sofiedal in den Boden gerammt wurde. Also ja, es geht um echte Schweine, nicht um metaphorische, genauer: Es geht um Wildschweine, die sich normalerweise nicht an Grenzen halten.
Denn Dänemark hat Angst vor der Afrikanischen Schweinepest. Würde die auf dänischem Boden nachgewiesen, dürfte das Land kein Schweinefleisch mehr in Nicht-EU-Länder exportieren. Und mit dem Fleisch haben die Dänen letztes Jahr 1,3 Milliarden Euro verdient. Das würden sie auch gerne nächstes Jahr wieder. Deswegen der Zaun. Der soll infizierte Wildschweine von der unbefugten Einreise nach Dänemark abhalten. Der Witz: Es gibt überhaupt keine infizierten Schweine in Deutschland. Sondern in Belgien und Polen. Und selbst wenn es hier welche gäbe, dann wären es vermutlich nicht die kranken Tiere, die das Virus weiter verbreiten würden, sondern Menschen, urteilen Experten. Zum Beispiel, indem sie Wurstbrote wegwerfen, die das Virus enthalten. Die könnten dann von Wildschweinen gefressen werden.
Statt also sechs Millionen Euro in den Zaunbau zu versenken, hätte Dänemark besser eine Wurstbrotkontrolle eingeführt. Das hätte sich auch gut vermarkten lassen: „Die erste Veggie-Grenze Europas – den Schweinen zuliebe“.
Kommentare 8
da sind wir deutschen aber cleverer:
unsere hirten sollen sich mit teuren hüte-hunden gegen
reiß-wütige wölfe rüsten.
auch eine rüstungs-spirale, die nicht jedem kopf einleuchtet...
Super-Artikel, alles dabei: Schießbefehlmauer-Vergleich, Trump und als Sahnehäubchen, via »Schweinesturm«, noch eine kleine NS-Assoziation. Absolute Krönung: »Die erste Veggie-Grenze Europas – den Schweinen zuliebe«.
Tipp: Vielleicht sollte sich die Autorin mal betreffs basierender Fakten kundig machen (am besten VOR dem Verfassen derartiger Pamphlete): Trumps Mauer ist längs der US-Südgrenze in weiten Teilen traurige Realität. Ansonsten: Angesichts der unter anderem in diesem FAZ-Artikel publizierten Fakten hoffe ich, dass die Zahlenangabe betreffs der Kosten (»sechs Millionen«) nicht auf das zurückzuführen ist, was ich leider befürchte.
Brandenburg und Sachsen haben an die Oder-Neiße-Schweinegrenze auch einen Zaun gebaut. ... Nur ... ist das eher ein Geflügelzaun zur Abschreckung, über den das von Virus befallene Wildgetüm nur Lachen kann.
Der Jäger meint, dass jeglicher Aktionismus in dieser Richtung sinnlos ist.
Der Zaun dient unter einem landwirtschaftlichen Vorwand, der zwar nicht vollkommen abewegig, aber auch alles andere als akut ist, dazu, die Grenze für illegale Einwanderer schwerer passierbar zu machen. Die beiden Nachbarländer Dänemarks, Deutschland und Schweden verfolgen nun einmal eine andere Politik als das kleine Dänemark. Und es gibt ja nicht zufällig auch die ein oder andere Infrarotkamera u.ä. and dem Zaun, damit das dänische Landwirtschaftsministerium auch mitbekommt, wenn ein Wildschwein über den Zaun klettert.
Ja, den Brandenburger Zaun bemerkt ein wildes Schwein gar nicht. Und über den dänischen Zaun hinweg hat man die Leute schon internationale Ballspiele veranstalten sehen.
Unterm Strich: Ja, die Wurstbrotkontrolle wäre es. Denn die soll der Ansteckungsherd sein und gar nicht einmal die Schweine untereinander.
Was mich massiv stört, ist, dass wegen der Massentierhaltung und des Schweinefleischexports die Wildschweine in den Wäldern Brandenburgs fast alle abgeschossen werden. So hat sich die Abschussquote Jahr 2017/18 in DE um 42 % auf 860000 Stück Schwarzwild erhöht. Ich sehe heute nur noch mal ganz vereinzelte Wildschweine, versteckt, in der Schorfheide z.B., einem grossen Waldgebiet nördlich von Berlin.
versteckte wild-wutze zu finden ist schwer.
öffentlich-promenierende in berlin sind aber nicht zu übersehen!
es werden demnächst nachtsichtzielgeräte für ws-jagd erlaubt.
die alternde jägerschaft trifft bei vollmond
nur wutze, die sich bedeckt halten.
die ws sind durch wölfe gewitzter geworden und sind klimatisch verwöhnt.
--->"sauerei im speckgürtel",tagesspiegel vom 12.1.2020