Alles Lüge

Magermaße Wenn Models so tun, als ob sie lustvoll naschten. Oder: #youdidnoteatthat
Ausgabe 31/2014
#instafood: gutes Essen trifft auf schöne Menschen
#instafood: gutes Essen trifft auf schöne Menschen

Foto: Jim Watson / AFP / Getty Images

Kleidergröße 34 – trotz Döner, Milchshake und Donuts? Bei der einen oder anderen mag das dank freundlicher Gene oder sportlicher Disziplin funktionieren. Im Allgemeinen schließen sich Fast Food und Magermaße aber eher aus. Dennoch wollen uns zahlreiche Models und Blogger-Mädchen nun weismachen, dass beides geht: naschen und superschlank sein. Ihre Plattform: Instagram.

Nach den #selfies rollte zunächst der #foodporn durchs Netz, nüchterner auch #instafood genannt. Schöne Menschen zeigen sich dabei mit gutem Essen. Eine zeitlos gute Kombination. Noch schnell einen Filter über das Motiv ziehen, einen kleinen Weichzeichner, und schon leuchten die Farben noch appetitanregender. Nun sind wir beim nächsten Level angekommen: beim Essen in der Hand, am Mund, quasi kurz vor dem Verzehr. Aber: „First, let me take a selfie!“ Auf Deutsch: „Schau mal, gleich beiß ich in diese Torte, vorher noch schnell ein Foto!“

So oder so ähnlich ist es etwa beim Blogging-Star Chiara Ferragni zu beobachten. Unglaubliche 2,5 Millionen Follower hat die superdünne Frau, 9.390 Fotos hat sie schon veröffentlicht, und auf vielen spielt Essen eine Rolle. Sie zeigt sich mit Eisbomben am Sunset Boulevard, mit Burger und Pommes in den Straßen von New York oder mit Pizza in Mailand. Neulich war sie VIP-Gast einer PR-Feier der Eismarke Magnum und musste sich dort Dutzende Male mit der Kalorienbombe am Mund ablichten lassen. Schließlich ließ sich Chiara im Bett fotografieren, inmitten von Magnum-Verpackungen. Sie machte ein übertriebenes Gute-Laune-Gesicht dazu und formte ein Peace-Zeichen mit ihrer linken Hand. Knapp 55.000 Menschen gefiel das, laut Instagram. Mindestens 55.000 andere Menschen dachten sich wohl eher: Wie lächerlich! Wie unfair! Wie fern der Realität!

Aus einem ähnlichen Ärger heraus muss auch die Idee zu dem Instagram-Blog und dem dazugehörigen Hashtag #youdidnoteatthat entstanden sein. „Das hast du nicht gegessen“: Fast schamlos werden dort die Fotos von berühmten und weniger berühmten Alibi-Esserinnen und -Essern hochgeladen und überaus bissig, meist auch sehr komisch kommentiert. Endlich ist mal irgendjemand da draußen, der den Frauen die Realität zwischen all den gefilterten Fake-Fotos zurückbringt! Durch die Fotos zu scrollen, lässt eine Normalesserin leicht racheerfüllt schmunzeln, es hinterlässt ein gutes Gefühl. Die Zeit ist langsam reif für das nächste Hashtag: #itotallyatethat.

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