Die Engländerin kaufte das kleine Haus an der Kirche, das Heinrich der IV. den Barmherzigen Schwestern vom reinen Herzen Jesu geschenkt hatte. Sie öffnete das einzige Fenster, das auf das Portal der Kirche hinausging, die die Barmherzigen Schwestern nach dem Erdbeben von 1755 wieder aufgebaut hatten und atmete tief die Abgase der Motorräder ein, die die Jugend des Dorfes um die Kirche der Barmherzigen Schwestern herumfuhren. Sie schloss das Fenster und setzte sich hinter das geschlossene Fenster und sah in das blaue Himmelsstück, das zwischen dem kleinen Haus und ihrer Kirche gespannt war. Die Motorräder dröhnten, aber sie stanken nicht mehr. Die Engländerin stopfte alle Prospekte über die Algarve in die Ritzen des Fensterrahmens und setzte sich hinter das geschlossene und abgedichtete Fenster und sah auf das Portal der Kirche der Barmherzigen Schwestern und auf das kleine blaue Himmelstuch, das zwischen dem Kirchendach und ihrem Dach gespannt war. Die Motorräder dröhnten nicht mehr und stanken nicht mehr. Der Bäcker klingelte vergeblich. Der Briefträger klopfte umsonst. Das blaue Himmelstuch zwischen der Kirche der Barmherzigen Schwestern und dem Häuschen der Engländerin, das Heinrich IV den Barmherzigen Schwestern vom reinen Herzen Jesu geschenkt hatte, leuchtete unbeirrbar. Jede Nacht um drei Uhr nahm die Engländerin eine Nase Dorfluft am offenen Fenster, trug sie ins Zimmer und atmete von ihr. So verlebte die Engländerin in aller Stille ihren Lebensabend im sonnigen Süden.
Ulla Lessmann wurde 1952 geboren. Die studierte Volkswirtin arbeitet als freie Journalistin und schreibt bevorzugt Kriminalromane, Satiren und kriminelle Kurzgeschichten. Sie lebt in Köln.
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