An einem Sonntagnachmittag trafen sie sich an einem Brunnen in einem Park - zufällig. "Lange nicht gesehen" - die Frau schaute zum Mann hinauf. "Wie geht´s dir?" - er setzte sich neben sie. "Danke gut" - nickte sie, als wollte sie ihren Worten Nachdruck verleihen - "Und selbst?" "Ach, es geht so. Ich kann mich nicht beschweren." "Gut." Die beiden fanden keine weiteren Worte. Die Frau lächelte ihm zu. Der Mann lächelte zurück. Der Brunnen in ihrem Rücken plätscherte. Dann fiel der Frau doch noch etwas ein: "Und wie geht´s deiner Frau?" "Danke, es geht ihr ganz gut." "Das freut mich." "Und deinem Mann?" "Ihm geht´s auch ganz gut - eigentlich hervorragend." "Schön." Der Mann lächelte ihr zu. Die Frau lächelte zurück. Einen Moment lang schauten die beiden sich lächelnd an, als ob jeder darauf wartete, dass der andere etwas sagt. Aber alles, was sie zu hören bekamen, war das Plätschern des Brunnens. "Na dann", sagte die Frau schließlich und stand auf. "Mach´s gut", sagte der Mann. Die Frau ging. Der Mann sah ihr nach. Als ob sie in Eile wäre, entfernte sich die Frau mit schnellen Schritten. Dann hielt sie plötzlich inne, drehte sich zu ihm um und sagte: "... ... ..." Ihre Stimme wurde vom Plätschern des Brunnens übertönt. "Was?", rief er ihr zu. Ihr Gesicht war blass. Ihre Augen glänzten fiebrig, ihr Mund zitterte leicht, als wolle sie gleich weinen. "Was hast du gesagt?", er stand auf. Sie starrte ihn noch einen Moment an. Dann verschwand aus ihrem Gesicht wieder alles, was ihre innere Anspannung verraten hatte. Sie lächelte leise, wie zuvor. Dann schüttelte sie den Kopf, sagte: "Ach nichts" und lief davon.
Seitdem sahen sich die beiden nicht mehr - nicht einmal zufällig.
Miyuki Tsuji wurde 1968 in Osaka geboren. Nach einem Slavistik-Studium in Tokio reiste sie die Seidenstraße entlang bis nach Europa und ließ sich schließlich in Hamburg nieder. Außer Kurzgeschichten schreibt sie Texte für Comics und Reiseessays.
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