A-Z In L.A. werden zum 83. Mal die berühmten Filmpreise verliehen. Ein guter Anlass zu fragen: Wie wichtig sind die Oscars heute? Eine Begutachtung von Lafontaine bis Wilde
Das Anagramm von Oskar ist Karos. Auch so eine Gedankenarbeit, die kaum gewürdigt wird: das Anagrammieren von Namen. Vermutlich muss man lange suchen, bis man einen findet, der es nicht schon mal gemacht hat. Ich etwa heiße oft Leachim Elegna. Ich bin dann der Ehemann von Lea Rosh, weiß aber keiner, denn wir haben beschlossen, dass es für beide besser ist, wenn wir in der Öffentlichkeit getrennte Wege gehen. Ein sensationelles Anagramm hat die Bundeskanzlerin: Bankzinsenluder! Ob Angela Merkel, die in gewissen CDU-Kreisen nur Klare Maengel heißt, das weiß?
Krass: Oskar ➝ Lafontaine ist überhaupt nur das Produkt eines Buchstabenaustauschs. Eigentlich heißt der Mann Oskar „Neon“ Aftai und ist vor sich selbst auf der Fluch
r „Neon“ Aftai und ist vor sich selbst auf der Flucht. Michael AngeleKokoschka, OskarWie viel Geld wäre Ihnen das Gemälde „Hermann Schwarzwald II“ wert? Kommt auf den Künstler an? Richtig: Wenn es ein Kokoschka (1886-1980) ist, kann es einen Preis von umgerechnet 2,16 Millionen Euro erzielen. So ist es im Februar auf einer Christies-Auktion geschehen, wo das Bild eine stattliche Wertsteigerung erfuhr – das Porträt aus dem Jahr 1916 war auf nur 1,4 bis 1,8 Millionen Euro geschätzt worden.Aus Geld machte sich der expressionistische Maler, Grafiker und Schriftsteller nicht allzuviel. Sein Preisgeld von 70.000 österreichischen Schilling für den 1976 an ihn verliehenen Lovis-Corinth-Preis der Künstlergilde stiftete er Amnesty International. Kokoschka blieb ohne Nachkommen, aber ein Neffe meint, verblüffende Ähnlichkeit mit einem Oscar-Preisträger festgestellt zu haben. Ob der US-Regisseur Peter Foges vielleicht ein Sohn Kokoschkas ist, das will er nun untersuchen. Bei seiner Liebe zum Dadaistischen hätte diese Spekulation Oskar Kokoschka sicherlich amüsiert. Tobias PrüwerLafontaineAuch allgemein: Os¦kar, der; -[s], (m. Vorn.), gehört eigentlich zu den Forschungsgegenständen der Parteiensoziologie. Das Phänomen kommt seit einigen Jahren vor allem in der Linkspartei vor. Unterarten wie „der Gregor“ und „die Sahra“ sind seltener belegt. Wahrscheinlich handelt es sich um bloße Nachahmungen des ursprünglichen Prinzips.Im Alltag tritt „der Oskar“ meist in Verbindung mit „hat gesagt“ und nachdrücklichem Kopfnicken in Erscheinung. Seine Anwendung löst mitunter abwehrende Reaktionen wie „gerade der!“ oder „hör mir uff“ aus. Neuerdings sind abgewandelte Formen verbürgt, die sich, auf Babystrampler gedruckt („Frech wie Oskar“), am Rand von Parteitagen in Verkauf bringen lassen. Zuerst beobachtet wurde das Phänomen bei der SPD, wo es ebenfalls große Verbreitung fand, dann aber plötzlich weitgehend verschwand (Meteoritentheorie). Ob „der Oskar“ noch einmal in eine andere Partei überwechseln könnte, ist umstritten. Tom StrohschneiderMaria Graf, OskarEr war ein Radikaler, und das Volk war ihm alles, besonders als es in seiner bayrischen Heimat den Aufstand übte und für eine kurze Zeit eine Räterepublik errichtete: „Wir müssen einen ganz radikalen Generalstreik machen“, schlug er 1918 vor, damit „kein Wasser, kein Licht, kein Brot, überhaupt nichts mehr da ist“.Mit permanenter Revolution und direkter Demokratie ist es in München dann doch nichts geworden („bevor wir nicht brauchbare Menschen haben, kann auch keine Revolution werden“), doch für den 1894 am Starnberger See geborenen Oskar Graf begann eine Karriere am Theater und als Schriftsteller. Das Volk spielt in seinen Büchern die Hauptrolle, doch im Unterschied zu den Heimatdichtern hatte Graf eine ziemlich genaue Vorstellung von der geschundenen, geduckten Menschheit: „Das Mitleid gewöhne dir früh ab“, schrieb er den Städtebewohnern erstmals unter dem künftigen Namen Oskar Maria Graf ins Stammbuch.Als die Nazis ihn bei der Bücherverbrennung 1933 vergaßen, rief er ihnen aus Wien, wo er sich im freiwilligen Exil befand, zu: „Verbrennt mich!“ Denn er habe „das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen.“ In New York, wohin er Anfang der vierziger Jahre floh und wo er 1967 starb, pflegte Graf in Lederhosen spazieren zu gehen. Ulrike BaureithelMatzerath, OskarEr darf von sich behaupten, der berühmteste Oskar der deutschsprachigen Literatur zu sein. Mit Drei weigerte sich der Protagonist von Günter Grass’ Blechtrommel bekanntermaßen, weiter zu wachsen. Er bekämpfte Spießigkeit, und passte ihm etwas nicht, hob er bockig seine Stimme in solch schrille Höhen, dass Gläser zersprangen. „Ich gehörte zu den hellhörigen Säuglingen, deren geistige Entwicklung schon bei der Geburt abgeschlossen ist und sich fortan nur noch bestätigen muss.“Als eine Art Schelmenfigur kommentiert er Nationalsozialismus und die bundesdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Das den Infantilismus predigende Sittengemälde, 1959 erstmals erschienen, gehört längst zum Bildungskanon und ist Schullektüre. Wie Oskar selbst auf ein solches Diktat reagiert hätte, kann man sich leicht ausmalen. Er hätte auf seiner Trommel herumgeschlagen – schließlich pries er sich unter anderem für seine „Fähigkeit, mittels einer Kinderblechtrommel zwischen mir und den Erwachsenen eine notwendige Distanz ertrommeln zu können“. TPNegt, OskarEr gilt als einer der bedeutendsten deutschen Sozialphilosophen der Gegenwart. Nachdem er bei Theodor W. Adorno studiert und sich als Assistent von Jürgen Habermas betätigt hatte, hatte er lange einen Lehrstuhl in Hannover. Daneben nahm er häufig zu tagespolitischen Themen Stellung, etwa im Zug der Studentenbewegung 1968, als er auch gegen seinen Lehrer Habermas wetterte (wofür er sich später öffentlich entschuldigte).Er setzte sich stetig mit der Rolle der Gewerkschaften auseinander und engagierte sich für die Arbeiterbewegung; 1998 unterstützte er Gerhard Schröder und wurde schließlich Teil seines Beraterstabs. Im Zusammenhang mit den Bürgerprotesten gegen Stuttgart21 verteidigte er das Aufbegehren quer durch alle Gesellschaftsschichten als Reaktion auf das „Nicht-demokratisch-wahrgenommen-werden“ des Einzelnen. Ein Oskar also, der hoffentlich noch lange seinen Senf dazu gibt. Sophia HoffmannOst-CarIm April ist es 20 Jahre her, dass die letzten fabrikneuen Trabis und Wartburgs vom Band rollten. Allein rund drei Millionen Trabis wurden von 1957 bis 1991 im VEB Sachsenring Zwickau gebaut. Eine Menge „Rennpappen“ landeten nach der Wende auf der Deponie oder ausgesetzt am Straßenrand, weil die Ex-Besitzer so schnell wie möglich einen Golf oder Opel anschafften. Wie viele von ihnen wohl ins Lenkrad beißen, wenn sie heute die Angebote von Gebrauchtwagen-Märkten sehen? Der Trabi, vor allem aus der populären P 601-Serie mit Heckflosse, ist scheckheftgepflegt richtig viel Geld wert. Sagenhafte 10.000 Euro legen Käufer teilweise für die Duroplast-Oldtimer auf den Tisch, wahrscheinlich ein Vielfaches des reinen Materialwertes. Und es sieht nicht so aus, als würden die Preise sinken. Denn es werden ja nicht mehr Pkw „made in GDR“. Um die 40.000 sollen noch beim Kraftfahrt-Bundesamt registriert sein.Den Kultstatus des Trabis will sich auch der Fahrzeugbauer Indikar zunutze machen. Er stellte im Herbst 2009 auf der Internationalen Automobilausstellung einen Prototypen des „New Trabant“ vor, eine umweltfreundliche Variante des alten DDR-Stinkers, mit Elektromotor. Der „New Trabant“ sollte eigentlich schon 2012 in die Serienfertigung gehen. Doch es fehlt bis heute an einem potenten Investor. Mark StöhrSchindler, OskarDie Geschichte des Koffers hat die Exilforschung bislang noch nicht geschrieben. In einem Koffer fanden sich 2002 in Zürich die Arbeitspapiere Brechts, vor einiger Zeit konnte man in Berlin einen über viele Umwege nach Deutschland gelangten Koffer mit dem Nachlass des Sexualforschers Magnus Hirschfeld besichtigen, und in Prag lagerte vergessen ein Koffer Heinrich Manns mit lange vermissten Dokumenten.Eine der heroischsten NS-Geschichten verdanken wir allerdings einem Koffer, in dem sich 1999 die berühmte Liste von Oskar Schindler fand. Darauf verzeichnet waren die Namen der rund 1.200 jüdischen (Zwangs-)Arbeitskräfte, die Schindler größtenteils aus dem Krakauer Ghetto rettete, indem er sie als „unabkömmlich“ für seine florierende Fabrik deklarierte.War der als lebefreudig und durchaus korrupt beschriebene Fabrikant zunächst auf eigenen Vorteil bedacht, setzte er schließlich sein Vermögen ein, um seine Belegschaft vor den Nazis zu schützen. Offenbar war er auf diese humane Spannung in einem durch und durch kriminellen Umfeld angewiesen, um als Unternehmer reüssieren zu können. Nach dem Krieg gelang ihm nichts mehr, und erst Steven Spielbergs Films Schindlers Liste, siebenfach Oscar-prämiert(!), hat seine Anstrengung für das Archiv der Völker aufbewahrt. ubaSesamstraße„Ich bin sauer, weil ich so froh bin, und froh, weil ich so sauer bin“, sang Oscar aus der Sesamstraße, der alte Griesgram und Messie. Lange her. Der grüne Zottel wurde im deutschen Abguss der US-Kinderserie rasch von Rumpel abgelöst, einem Müllmonster wie Oscar, nur nicht ganz so miesepetrig. Lieblingsfiguren der Eltern sind und waren die Anarchos nie – aber spielt die Serie heute überhaupt noch eine Rolle bei den Kindern? Seit der NDR sie 2003 wegen sinkender Quoten vom 18-Uhr-Platz ins Morgenfernsehen abgeschoben hat, ist es stiller geworden um Ernie, Bert und Co. Aber Fans hat die Sesamstraße immer noch. Und deren Eltern leben zumeist jenseits des Mülls: in der bürgerlichen Mitte. MSVorname I Eine deutsche Schauspielerin enthüllte einmal, sie habe ihren Sohn Oscar genannt, „weil ich auch einen bekommen wollte“. Trotz ambitionierter Recherche lässt sich aber kein Trend bei der Namenswahl der C-Prominenz ablesen. SHVorname IIOskars Eltern entscheiden sich für einen Trend: den Retrotrend. Oskar wird heute im passend ramponierten Kinderwagen über den Prenzlauer Berg geschoben. Er weiß nichts davon, dass sein Vorname Mitte des 20. Jahrhunderts selten gewählt wurde und erst kürzlich wie einige andere seinen Weg zurück auf hiesige Beliebtheitsskalen fand. Eher ein „Emma, Lina, Paul“ denn „Karl-Heinz, Günther, Franz“, kommentiert Netz-User tholylou in einem Namensforum. Und Oskar ist eher wie Lina und Paul. Eins aber ist klar, in literarischen Werken befindet der Name Oskar sich seit 1900 im Aufwind (➝ Matzerath). Nico SchmidtWilde, OscarDenkt man Dandy, denkt man Oscar Wilde. Seine umfangreiche Sammlung von Bonmots (ob sie alle von ihm stammen, sei dahingestellt) gehört zu den Dandy-Accessoires. Wilde ist für das Dandytum, was Michael Jackson für die Popmusik wurde. Deshalb verwundert es auch nicht, dass er für Mode-Blogger als Identifikationsfigur unentbehrlich ist. Unter Namen wie Dandy Diaries, The Dandy Project oder Dandy Club wird der Lebensstil neu interpretiert und zelebriert. Wildes offen gelebte Homosexualität, die auch zu gesellschaftlicher Ächtung führte, macht ihn erst recht zur schillernden Figur. Nur eine Eigenschaft Wildes verkommt bei dieser Image-Aneignung gerne zur Nebensache: dass er hochgebildet und superschlau war. Also, Modern Dandys, ab und zu ein Buch ohne Bilder – das hat noch keinem geschadet! SH-zzy statt -scar Ozzy ist die Verniedlichung von Oscar. Der Heavy-Metal-Sänger Ozzy Osbourne, Ex-Frontmann von Black Sabbath, hieß zwar bürgerlich gar nicht Oscar, sondern John Michael – aber was soll’s? 1948 in Birmingham geboren, soll er schon in der Grundschule Ozzy gerufen worden sein. Schon früh gab er die Rampensau. Als Jugendlicher stach er sich die Buchstaben seines Spitz- und Künstlernamens mit Nähnadel und Tinte in die Handknöchel.Nach seinem Ausstieg bei Black Sabbath veröffentlichte er mit wechselnden Musikerbesetzungen zahlreiche Platten, darunter Scheiben mit so schönen Namen wie „Blizzard of Ozz“ und „Ozzmosis“. Popularität gewann er mit einem MTV-Reality-Format, in dem er sich als von früheren Drogenexzessen zerstörter und nicht unsympathischer Familienvater präsentierte. Aber an die Nummer von 1982, als er auf der Bühne einer Fledermaus den Kopf abbiss, kommt er heute destruktionstechnisch nicht mehr ran. TP
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