Wie die Bürger aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland kamen, ist für niemanden ein Geheimnis. Mit den türkischen Gastarbeitern und den koreanischen Krankenschwestern ist auch mehr oder weniger alles klar. Bekannt sind ebenfalls die zwei Wellen der vietnamesischen Emigration: im Westen die Boat-People, die sich vor den vietnamesischen Kommunisten, Vietkong genannt, retteten; im Osten der Vietkong selbst, den Jahre später die DDR einlud, damit er Hand in Hand mit den deutschen Kommunisten am Aufbau der sozialistischen Wirtschaft teilnehmen konnte. Aber wie die Chinesen nach Deutschland kamen, weiß nicht jeder.
Mitte der sechziger Jahre hatte die damalige westdeutsche Regierung im Sinne des Kalten Krieges gegen Rot-China Taiwan und Hongkong auf jede mögliche Weise unterstützt. Dazu gehörte auch die Einladung und Aufnahme von 5.000 taiwanesischen Köchen, sanktioniert von der CDU, am Innenministerium vorbei.
Die Ausländerbehörde wusste praktisch nichts von den Köchen, die gleich am Flughafen alle notwendigen Dokumente aus den Händen einiger CDU-Leute empfingen. Laut Gesetz darf jeder Chinese, der ein Restaurant eröffnet, fünf weitere Köche für die Dauer von fünf Jahren aus seiner Heimat herholen. So stieg die Anzahl der Chinesen gleich im ersten Jahr von 5.000 auf 30.000. Die neuen 25.000 Chinesen eröffneten nach Ablauf der Frist einige Restaurants. Und so lief es weiter und weiter. Doch ein chinesisches Restaurant ist ein teurer Spaß, vor allem wegen seiner kostenintensiven Ausstattung. Man muss da schon mindestens eine halbe Million investieren. Dabei ist die Profitspanne sehr gering. Der sogenannte chinesische Boom Anfang der neunziger Jahre, eine Zeit, in der die Gästezahl jeden Tag wuchs, kam schnell zu einem Ende. Das deutsche Publikum überfraß sich mit Pekingenten und nomadisierte zuerst zum Italiener, dann weiter zu Türken, Griechen und Jugoslawen, zum Inder - und löste sich bei McDonalds auf.
Wie kommen Chinesen an das Geld, wie kommen sie über die Runden? Der gerade gelandete Koch lebt äußerst bescheiden und arbeitet hart. Auf diese Weise schafft er es, jeden Monat 2.000 DM zu sparen. So hat er in fünf Jahren das Startkapital in Höhe von 10.000 DM zusammen. Weitere 100.000 bekommt er von der Brauerei, seinem zukünftigen Bierlieferanten. Um die fehlende Summe aufzutreiben, wendet der Chinese sich entweder an eine deutsche Bank oder an eine sogenannte chinesische Genossenschaftsbank. Letztere existiert nicht wirklich, sondern ist viel mehr ein Kreis aus fünf bis sechs reichen Chinesen, die gemeinsame Investitionen, beispielsweise in chinesische Existenzgründungen, tätigen. Allerdings muss der ehemalige Chef des Kochs für den Kreditnehmer bürgen. Hat der junge Mann fünf Jahre lang gut gearbeitet und sich von der besten Seite gezeigt, so wird er auch in Zukunft als Geschäftsmann zuverlässig und fleißig sein. Er bekommt in diesem Fall einen Kredit mit günstigen Zinssatz und kann weitere fünf Landsleute in eigener Verantwortung herholen. Die Chinesen haben eine ganz andere Philosophie der Ökonomie. Die Tatsache, dass sie in kurzer Zeit keine großen Gewinne aus dem Geschäft ziehen können, schreckt sie nicht ab. Ein Restaurant ist für sie eine Art Immobilienanlage, ein Lebensschwerpunkt als Rechtfertigung ihrer Existenz, mitsamt ihrer Familie und fünf weiteren Menschen, die im Restaurant mitarbeiten und hinter denen ebenfalls Familien stehen. So ein Geschäft kann sich über 30, 40 Jahre rentieren, in drei Generationen. Das Geld fürs tägliche Brot verdient so ein Restaurantbesitzer oft in einer anderen Branche, nicht selten mit Import-Export, indem er einerseits pharmazeutische Fabriken hier mit Rohstoffen aus China beliefert und andererseits chinesische Großhändler dort mit deutschen Kräutertees und Niveau-Lotions für zarte Haut versorgt.
Chinesen leben sehr ruhig und zurückhaltend, die Philosophie ist, sich in jeder Situation zu engagieren, niemals auffallen. Deswegen kommen sie nie in die Schlagzeilen und werden nur dann von Rechtsradikalen angegriffen, wenn diese sie irrtümlicherweise für Vietnamesen halten. Doch einmal, zur Zeit der Wiedervereinigung, als sie sich von der Goldgräberstimmung im Osten anstecken ließen, gerieten auch die Chinesen kurz in Verruf. In der DDR hatte es bis dahin nur ein einziges China-Restaurant gegeben, nun eröffneten sie dort so viele, dass es nicht genügend Köche dafür gab. In dieser Not schleusten einige Restaurantbesitzer illegal welche nach Deutschland. Die Kosten verrechneten sie mit deren Löhnen, wobei manche Restaurantbesitzer zu weit gingen und es zu Auseinandersetzungen zwischen ihnen und ihren Köchen kam. Die Folge war eine polizeiliche Sonderkommission »China-Mafia«, sowie eine neue rassistische »Tatort«-Folge.
Ein chinesisches Sprichwort sagt: Nur der Vogel, der vorne fliegt, wird abgeschossen! Selbst die reichen Chinesen verbergen ihr Hab und Gut. Das Glück und die Harmonie in der Familie ist das Wichtigste. Einmal jedoch, beim chinesischen Neujahrsfest, treffen sie sich und feiern dann volle Pulle. Dabei essen sie sogar Hunde, aber das darf keiner wissen.
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