Auch in der Krise steigen die Gewinne

Daimler Erst kassiert der Konzern Hilfen, dann zahlt er üppige Dividenden aus. Das ist die Logik dieses Systems
Ausgabe 14/2021
Die Bewegung „Finanzwende“ demonstriert gegen die geplante Ausschüttung der Dividende an Daimler-Aktionäre
Die Bewegung „Finanzwende“ demonstriert gegen die geplante Ausschüttung der Dividende an Daimler-Aktionäre

Foto: Jens Schicke/IMAGO

Jüngst hat, wie in jedem Jahr, die Saison der Hauptversammlungen wichtiger DAX-Konzerne begonnen. Jahresberichte und Bilanzen werden vorgestellt und Gewinne vorgerechnet, Aufsichtsräte und Vorstände besetzt. Wenig überraschend: Diversity ist kein großes Thema, wenn es um die gut bezahlten Posten geht. Gesellschaftspolitik spielt eben kaum eine Rolle.

Im zweiten Corona-Jahr bleiben die Hauptversammlungen digital-virtuell, Beschlüsse zu Personal und Dividenden können auch auf diese Weise getroffen werden. Das spart Kosten und wird sicherlich bald als Zukunftsmodell festgeschrieben. Denn Kostensenkungen tragen zu höheren Gewinnen bei. Wenn Sie Aktien haben, erzähle ich Ihnen da gewiss nichts Neues.

Was vielen Leuten aber nicht einleuchten will, egal ob mit Aktienbesitz oder nicht: Wie kann ein Unternehmen, das wegen der Corona-Pandemie Milliarden an Staatshilfen erhalten hat – welche es ja offenbar benötigt haben muss, um Engpässe, Verdienstausfälle, Profiteinbrüche und Absatzschwierigkeiten abzufedern –, seine Dividendenausschüttung erhöhen?

Daimler hat genau das vorgemacht. Kurzarbeit ermöglichte, dass der Konzern Beschäftigte gehalten hat, obwohl die Bänder wegen Corona still standen. Dafür floss viel Geld, rund 700 Millionen Euro sparte man so. Die Konzern-bilanz wurde entlastet, die Krisenkosten wurden für das Unternehmen gesenkt. Was nicht zuletzt dazu führte, dass 2020 der Gewinn stieg. Also in der Konsequenz auch die Dividenden. Diese legten um beachtliche 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Die Aktienkurse setzen zu immer neuen Höhenflügen an. Alle haben verstanden: Kurzarbeitergeld und hohe Gewinne – das schließt sich nicht aus.

Corona hat für viele Menschen großes Leid gebracht. Doch auch in Krisenzeiten können die Gewinne von Unternehmen steigen. Das gehört zu den Grundfesten unseres Wirtschaftssystems. Und Dividenden werden nun mal auf Basis von Gewinnen ausgeschüttet.

Wenn Unternehmen wie Daimler bei steigenden Gewinnen höhere Dividenden ausschütten, folgen sie einzig und allein der Systemlogik – auch in Zeiten von Wirtschaftskrisen. Gewiss werden Daimler weitere Unternehmen folgen, allerdings wird in Zukunft die Verkaufe, sprich: die Unternehmenskommunikation, wohl geschmeidiger sein.

Im Kapitalismus ist es im Kern egal, wie die Unternehmensgewinne zustande kommen. Das würde zu viele Fragen aufwerfen. Bezahlung, Entlassungen, Produktlogik, Umweltzerstörung und anderes müssten diskutiert werden – wie unschön. In Krisenzeiten kommen weitere Fragen dazu: Staatliche Zuwendungen, Versicherungsleistungen in Form von Kurzarbeitergeld, Bürgschaften oder Corona-Krediten – geht das eigentlich bei hohen Gewinnen? Die Stützungsmaßnahmen scheinen jedoch aktuell etwas Unangreifbares in sich zu tragen. Sie dienen der Systemrettung.

Systemrettung ist Gewinnrettung. Sie finden das ungerecht? Sie haben recht. Wir müssen uns endlich fragen: Was retten wir da eigentlich mit den ganzen Hilfsprogrammen? Konzernzahlen oder Lebensqualität? Wie wäre es mit einer konsequent ökologisch-sozialen Marktwirtschaft, die Lebensqualität über Renditen stellt? Mit einer entsprechenden Besteuerung könnten die Dividenden dann für Bildungsfinanzierung oder anderes verwandt werden. Ja, Steuererhöhungen, Sie haben schon richtig gelesen. Wir werden die Verteilungsfrage stellen müssen.

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