Auf Normalmaß geschrumpft

Hyper-Sarko Seit zwei Jahren ist Nicolas Sarkozy französischer Präsident. Mit seinen vielen Projekten und Plänen gab er von Anfang an den hyperaktiven Hans Dampf in allen Gassen

Es gibt bisher keine einzige Reform von einiger Relevanz, die Nicolas Sarkozy wirklich durchgesetzt hätte. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat sein wichtigstes Vorhaben völlig durchkreuzt. Im Wahlkampf sprach er gern vom "Rückbau des Staates", "von der Reform der Institutionen" und natürlich von der Privatisierung öffentlicher Dienste. Momentan werden nun aber die Aktivitäten des Staates überall ausgedehnt. Mit seinem Versuch, die französische Automobilindustrie durch Abschottung vom europäischen Markt vor der Konkurrenz zu schützen und in aller Ruhe, quasi im Windschatten der Krise, zu sanieren, ist er allerdings grandios gescheitert.

Alle Verschuldungsrekorde gebrochen

Im Wahlkampf versprach Sarkozy, die Menschen müssten "mehr arbeiten, um mehr zu verdienen". Er traut sich heute nicht mehr, dies öffentlich zu wiederholen. Die Regierung musste sogar ein Hilfsprogramm für die riesige Zahl von Arbeitslosen unter 25 auf die Beine stellen, damit sich die sozialen Spannungen nicht weiter verschärfen. Die Arbeitslosenquote liegt bei dieser Gruppe im Landesdurchschnitt bei 20 Prozent, in den Vorstädten aber bei fast 60 Prozent. Gerade noch ein Drittel der Franzosen bejaht die Frage: "Trauen Sie Nicolas Sarkozy zu, die gegenwärtigen Probleme Frankreichs zu lösen?" Damit liegt er deutlich hinter Jacques Chirac zurück, der nach zwei Jahren Amtszeit immerhin noch bei 38 Prozent Zustimmung landete. Statt drei Prozent Wirtschaftswachstum bescherte die Krise Frankreich einen Anstieg der Staatsverschuldung auf 8,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diese liegt somit fast dreimal so hoch wie die in die von der EU erlaubte Quote von maximal drei Prozent. Pierre Cahuc und André Zylberberg, zwei Ökonomen, die Sarkozy im Wahlkampf noch unterstützten, brachten jetzt ein Buch heraus mit dem bezeichnenden Titel: Die gescheiterten Reformen des Präsidenten Sarkozy.

Einen kleinen Erfolg erzielte Sarkozy mit dem Gesetz vom 21. August 2008. Das Gesetz schreibt den Gewerkschaften im Transportsektor vor, dass sie Streiks 48 Stunden im voraus ankündigen und obendrein einen Notdienst einrichten müssen. Außenpolitisch punktete Sarkozy einzig beim zügigen Management der Georgien-Krise im August 2008, als er mit dem Mandat des EU-Ratspräsidentschaft vermittelte, und bei der vollständigen Rückkehr Frankreichs in die NATO.

Nicht nur der Sommer wird heiß

Im Ausland kaum wahrgenommen wird die Krise an den französischen Universitäten. Dort streiken Lehrende, Forschende und Studierende nunmehr seit 14 Wochen. Der Lehr- und Forschungsbetrieb ist fast völlig lahm gelegt worden, die Professoren weigern sich, Prüfungen abzuhalten. Für die Studenten ist damit das Semester verloren. Zu dieser Krise kam es wegen einer "Reform" der Minister Xavier Darcos und Valérie Pécresse, die sich die Universitäten als Denkfabriken der Wirtschaft und die forschenden Professoren vorzugsweise als Sponsoren-Jäger dachten. Sie kürzten Planstellen und erhöhten den Leistungsdruck für Lehrende und Studierende. Die Zeitung Le Monde widmete dem Konflikt jüngst eine achtseitige Sonderbeilage und prophezeite, der Konflikt könne jederzeit eskalieren. Einmal passierte das bereits, als sich Ende März protestierende Arbeiter des von der Schließung bedrohten Continental-Werks mit den streikenden Professoren und Studenten kurzfristig solidarisierten. Nach dem Sommer kommt der Herbst, und der könnte warm werden für Sarkozy.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden