Von wem stammt das folgende Zitat? „Ich bin Feminist, weil ich schon in jungen Jahren überzeugt war, dass niemand frei sein kann, solange auch nur eine Person in Ketten liegt. Es war nicht schwer, daraus zu folgern, dass Männer nicht frei sein können, solange die Unterdrückung der Frauen existiert.“
Ja, das hat Yanis Varoufakis gesagt, der ehemalige griechische Finanzminister. Mann will es kaum glauben und Frau erst recht nicht: War das nicht der Typ, der vor einem Jahr als Motorrad-Macho über alle Bildschirme raste? Der Lederjacken-Lümmel, der sich auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise von seinen europäischen Amtskollegen so gar nicht beeindrucken ließ?
Freitag-Serie
Authentisch, links, unangepasst: Wir porträtieren fünf Köpfe, die sich gegen das Polit-Establishment gestellt haben und damit ziemlich erfolgreich sind. Es geht eben doch anders
Es stimmt schon: Zu dem Bild, das die meisten Medien über den politisierenden Wirtschaftsprofessor aus Athen verbreitet haben, passt ein Bekenntnis zum Feminismus ganz und gar nicht. Aber ob das an Varoufakis liegt? Begegnet man ihm zum Interview, dann kommen zumindest Zweifel an der dominierenden Medienerzählung auf. Sein Auftreten wirkt eher zurückhaltend, wenn auch selbstbewusst in der Sache. Von herrenwitzigem Poltern, wie es ja auch in der deutschen Politik vorkommen soll, ist nichts zu spüren.
Wie auch immer: Bei den persönlichen Eigenschaften des Athener Spieltheoretikers sollte sich nicht allzu lange aufhalten, wer nicht in die Falle seiner politischen Gegner laufen will. Schlimm genug, dass sich mit den gängigen Klischees befassen muss, wer ihn näher betrachtet. Die Betonung äußerlicher und persönlicher Eigenschaften hat – leider ziemlich erfolgreich – das politische Wirken des Yanis Varoufakis in der öffentlichen Wahrnehmung wenn nicht überdeckt, so doch im Übermaß verfärbt. Und zwar mehr noch, als es ohnehin üblich ist in der medialen Inszenierung von Politik als Personality-Show.
Varoufakis selbst hat kürzlich noch einmal an die Medien appelliert: „Attackiert ruhig meine Ansichten, aber redet nicht über die Frage, was ich anziehe. (…) Waren die Leute, die über meine Kleidung schreiben, vielleicht glücklich mit Politikern, die Griechenland in den Abgrund geführt haben und dabei die besten Armani-Anzüge trugen?“ Sicher: Es wäre noch besser gewesen, hätte er auch die teils irrationale Verehrung, die ihm von manchen Anhängern widerfährt, als Problem benannt. Doch ist ihm zuzustimmen, wenn er eine politische Auseinandersetzung mit seinen Positionen verlangt.
Ökonomisches Einmaleins
Betrachtet man also das politische Denken des Yanis Varoufakis, dann lässt sich sagen: Gäbe es derzeit den Hauch einer Aussicht, dass die wirtschaftspolitischen Vorstellungen dieses Mannes in EU-Europa mehrheitsfähig werden, dann wäre der Kontinent schon ein Stück weiter. Wer der Ideologie des Pragmatismus noch nicht ganz verfallen ist, wird sich freuen, wenn es überhaupt noch Figuren mit Charisma gibt, die demokratische und soziale Grundwerte im Gespräch zu halten suchen.
Yanis Varoufakis ist zu einem der wichtigsten Fürsprecher einer linken Idee von Europa geworden. Gar nicht so sehr in seiner kurzen Zeit als griechischer Finanzminister von Januar bis Juli 2015 – da ging es vor allem um den letztlich gescheiterten Abwehrkampf gegen das Dogma der Austerität. Aber jetzt, als Politiker ohne Anstellungsvertrag, scheint sich der Professor in einer Art Suchbewegung bei laufendem Betrieb zu befinden: Stück für Stück entwickelt er in Texten, Vorträgen und Diskussionen die Elemente eines Konzepts, das während der Auseinandersetzungen um Kredite und „Hilfspakete“ oft kaum zu erkennen war.
Man muss hier und da ein bisschen in pathetischen, gelegentlich auch etwas selbstbezogenen Formulierungen kramen, um sich in Varoufakis’ Gedankengebäude zurechtzufinden. Wer sich aber darauf einlässt, stößt zwar nicht auf eine philosophisch fundierte Idee wie etwa bei Jürgen Habermas oder auch Slavoj Žižek, sehr wohl aber auf nützliche Requisiten für eine Neueinrichtung des europäischen Hauses.
Natürlich geht es zunächst weiter um Widerspruch gegen das Diktat der einseitigen Ausgaben-Reduzierung, das die EU, die EZB und der Internationale Währungsfonds nicht nur Griechenland auferlegt haben. Varoufakis wird nicht müde, die ökonomische Unsinnigkeit dieser Politik vorzuführen: „Für eine große Volkswirtschaft ist es furchtbar, wenn der Staat seine Ausgaben aggressiv reduziert, während die Investitionen abnehmen, die Schulden nicht zurückbezahlt werden können und private Unternehmen sowie Haushalte weniger Geld ausgeben“, sagte er etwa im Februar in einem Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. „Wenn der private Sektor und der Staat ihre Ausgaben reduzieren, dann sinkt logischerweise die Summe aus beiden. Damit schrumpft auch das Nationaleinkommen. (…) Das ist nicht Austerität, sondern ein verfehlter Versuch, Schulden zu reduzieren, der die Schulden in Wahrheit steigert.“
Man mag das als pure Selbstverständlichkeit sehen, als x-te Variante des kleinen ökonomischen Einmaleins. Aber die Widersinnigkeit europäischen Krisenmanagements zeigt sich ja gerade darin, dass solche Selbstverständlichkeiten von der herrschenden Politik schlicht ignoriert oder gar geleugnet werden. Und genau deshalb ist jemand wie Varoufakis so wichtig. Mit der Fixierung auf seine Person haben die regierenden Sparkommissare ihm und seiner Sache in Wahrheit auch einen Gefallen getan: Die Prominenz, so negativ sie für viele gefärbt sein mag, macht seine Stimme selbst in einer Öffentlichkeit hörbar, die alternativen Europa-Entwürfen sonst negativ oder gleichgültig gegenübersteht.
Und diese Entwürfe sind es, an denen Varoufakis sich nun versucht – über die Kritik an der herrschenden Politik hinaus. Da sind zunächst Forderungen wie diejenige nach einem Schuldenschnitt und Investitionsprogrammen, die Varoufakis auch als Finanzminister schon erhob. Aber seit seiner Demission vor knapp einem Jahr arbeitet der Ökonom gemeinsam mit anderen daran, Ideen nicht nur für eine andere Wirtschaftspolitik, sondern auch für eine neue, demokratische Union insgesamt zu entwickeln.
Hier und da finden sich die entsprechenden Ansätze schon in Varoufakis’ Rückblicken auf die Zeit als Minister. Im Guardian hat er jüngst einen Text zu seinem neuen Buch And the Weak Suffer What They Must? veröffentlicht, in dem es unter anderem um die Begegnungen mit Wolfgang Schäuble geht. Zwar kommt Varoufakis auch hier nicht ganz ohne kokettierende Selbstdarstellung aus. Zum Beispiel, wenn er seinen Widerstand gegen Schäuble mit Sophokles überhöht, der in seiner Antigone gelehrt habe, „dass gute Frauen und Männer eine Pflicht haben, Regeln zu widersprechen, denen es an politischer und moralischer Legitimität fehlt“. Aber viel wichtiger ist die Botschaft, die hinter solchen Ausschmückungen steckt: Der griechische Ex-Minister entwickelt aus der damaligen Situation eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage der Legitimität und der demokratischen Legitimation europäischer Institutionen. Schäuble sowie Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und die anderen EU-Finanzminister hätten auf seinen Widerspruch gegen ihre oktroyierten Bedingungen eine „Standardantwort“ gehabt, erzählt Yanis Varoufakis, nämlich: „Das sind die Regeln!“ Was natürlich nichts anderes bedeutet als das berühmte Diktum von der „Alternativlosigkeit“.
Lob von Noam Chomsky
Erstaunlich auf den ersten Blick: Diesem Diktum stellt der bekennende Europäer und Brexit-Gegner ausgerechnet in einem britischen Blatt die Forderung nach Wahrung der „nationalen Souveränität“ aller EU-Mitgliedstaaten gegenüber. Nicht ohne sich – in einem geradezu literarisch anmutenden biografischen Brückenschlag – auf seine Kindheitserinnerungen an den griechischen Militärputsch von 1967 und den „Fußabdruck“ der USA in der angeblich unabhängigen griechischen Politik zu berufen: Varoufakis erzählt von seinem Onkel Panayiotis,einem Siemens-Manager und Deutschland-Freund, den die Obristen verhaften ließen. Er erzählt von seinen Eltern, die in der Zeit der Diktatur heimlich die Deutsche Welle hörten, was Deutschland für den sechsjährigen Yanis wie einen großen, guten Freund erscheinen ließ. Und er berichtet von einer Botschaft des Onkels aus dem Knast, die aus nur einem Wort bestanden habe: „Souveränität“.
Ein „Mindestmaß an nationaler Souveränität“, schreibt Varoufakis, habe er auch 50 Jahre später gegen die europäischen Institutionen verteidigen wollen. Daraus allerdings entwickelt er – Dialektiker, der er ist – nicht etwa eine Gebrauchsanweisung zur Rückkehr in nationale Kleinstaaterei. Im Gegenteil: Souveränität, so das Plädoyer, geht nur in und nicht ohne Europa, mit anderen Worten: Nur die Abgabe von Souveränität an einen demokratischen Staatenbund kann dazu beitragen, Souveränität dort zu erhalten, wo Nationalstaaten sie auch in Zukunft brauchen.
Briten wie Griechen, schreibt Varoufakis seinen Lesern ins Stammbuch, hätten nur drei Optionen: Unterwerfung unter Brüssel, Austritt – oder: „in der EU zu bleiben, um eine grenzüberschreitende Allianz der Demokraten zu schaffen“. Nur diese dritte Option, vor der die Europäer in den 30er Jahren versagt hätten, könne verhindern, „dass die Geschichte sich wiederholt“. Unterwerfung wie Austritt gleichermaßen würden dagegen in eine „dystopische Zukunft“ führen: „in ein Europa, das nur den Fremdenfeinden, den Ultra-Nationalisten und den Feinden demokratischer Souveränität“ passt.
Die „grenzüberschreitende Allianz der Demokraten“ ist es, für die Varoufakis jetzt kämpft. Sein Versuch, dafür eine Art institutionellen Rahmen zu schaffen, nennt sich „DiEM 25“. Das Kürzel bedeutet „Democracy in Europe Movement“, also „Bewegung für Demokratie in Europa“. Aber die Anspielung an das lateinische „Carpe diem“ (Nutze den Tag) ist natürlich gewollt, um die Dringlichkeit des Unternehmens zu betonen. DiEM 25 – das ist Varoufakis’ Schöpfung, auch wenn er sich die Bezeichnung „Anführer“ verbittet und prominente Mitstreiter wie Saskia Sassen, Noam Chomsky und Slavoj Žižek ins Feld führen kann.
Das Gründungsmanifest mag an manchen Stellen mit der für Varoufakis typischen Poesie irritieren („Warum verliert Europa seine Integrität und seine Seele?“). Aber insgesamt darf es als einer der wenigen Versuche gelten, dem Mangel der EU-Institutionen an demokratischer Legitimation einen Gegenentwurf entgegenzustellen. Der besteht hier und da noch aus sehr allgemeinen Formulierungen – „die EU-Bürokratie dem Willen der souveränen Völker Europas zu unterwerfen“. Aber das ist erklärte Absicht, da Varoufakis und seine Anhänger die endgültigen Forderungen in einem europäischen Diskussionsprozess entwickeln wollen. Gerade wer vermeiden will, dass DiEM 25 zu einer Varoufakis-Show verkommt, täte gut daran, sich an diesen Debatten zu beteiligen.
Im April saß Yanis Varoufakis mit Noam Chomsky auf einem Podium in New York. Der große amerikanische Linke lobte den Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders als „ehrliche Person“, was ja „im politischen System sehr selten“ sei. Dann erinnerte sich Chomsky seines Sitznachbarn und sagte: „Vielleicht gibt es ja auch zwei davon auf der Welt.“ Das war selbst für Varoufakis zu viel der Ehre, und er lachte wie über einen sehr guten Witz. Aber zu den wenigen, die dem Bedürfnis nach politischen Alternativen eine hörbare Stimme geben, darf man ihn ruhig zählen.
Kommentare 38
"Yanis Varoufakis ist einer der wichtigsten hörbaren Fürsprecher einer linken Idee von Europa"
Nachdem Sie die Idee von Varoufakis anscheinend verstanden haben, wäre es nett, wenn Sie diese mal in zwei, drei Sätzen formulieren würden. Etwas, was über "einen Dialog führen" hinausgeht, konnte ich nämlich noch nicht wirkllich erkennen.
Diem25 muss zeigen, was geht. Doch, auch Yanis "Superstar" muss Abschied nehmen von Paris Match Titelseiten. So, wird kein Mensch überzeugt von Links. Es ist ohnehin verdammt schwer, in einem Rechten Europa eine echte Alternative zu positionieren. Wir schauen gespannt auf den 26. Juni in Madrid. Wir schauen ebenso gespannt auf Paris und nuit debout. Es ist was in Bewegung in Europa. Jedoch, es ist eher das Gespenst NeoFascho. Sexy Yanis weiss es.
ich frage mich gerade, was bei dem Treffen der Blockupy Aktivisten mit Varoufakis rausgekommen ist. M.W wollten sie si Irgendwie findet man im Internet nichts und wenn dann muss man für Informationen zahlen ( typisch deutsche Linke)
//www.neues-deutschland.de/artikel/998448.varoufakis-goes-blockupy-ich-war-schon-immer-aktivist.html
und wenn Bilder mehr sagen als Worte, dass lässt folgendes Foto auf ein nicht gutes Verständnis schließen:
https://griechenlandsoli.com/2016/01/17/varoufakis-kommt-zu-blockupy/
Vi
ich frage mich gerade, was bei dem Treffen der Blockupy Aktivisten mit Varoufakis rausgekommen ist. M.W wollten sie si Irgendwie findet man im Internet nichts und wenn dann muss man für Informationen zahlen ( typisch deutsche Linke)
//www.neues-deutschland.de/artikel/998448.varoufakis-goes-blockupy-ich-war-schon-immer-aktivist.html
und wenn Bilder mehr sagen als Worte, dass lässt folgendes Foto auf ein nicht gutes Verständnis schließen:
https://griechenlandsoli.com/2016/01/17/varoufakis-kommt-zu-blockupy/
Vi
ich frage mich gerade, was bei dem Treffen der Blockupy Aktivisten mit Varoufakis rausgekommen ist. M.W wollten sie si Irgendwie findet man im Internet nichts und wenn dann muss man für Informationen zahlen ( typisch deutsche Linke)
//www.neues-deutschland.de/artikel/998448.varoufakis-goes-blockupy-ich-war-schon-immer-aktivist.html
und wenn Bilder mehr sagen als Worte, dass lässt folgendes Foto auf ein nicht gutes Verständnis schließen:
https://griechenlandsoli.com/2016/01/17/varoufakis-kommt-zu-blockupy/
Vi
ich frage mich gerade, was bei dem Treffen der Blockupy Aktivisten mit Varoufakis rausgekommen ist. M.W wollten sie si Irgendwie findet man im Internet nichts und wenn dann muss man für Informationen zahlen ( typisch deutsche Linke)
//www.neues-deutschland.de/artikel/998448.varoufakis-goes-blockupy-ich-war-schon-immer-aktivist.html
und wenn Bilder mehr sagen als Worte, dass lässt folgendes Foto auf ein nicht gutes Verständnis schließen:
https://griechenlandsoli.com/2016/01/17/varoufakis-kommt-zu-blockupy/
Vi
Etwas, was über "einen Dialog führen" hinausgeht, konnte ich nämlich noch nicht wirkllich erkennen.
Ja wie auch, wenn selbst der deutsche Kontaktpartner von Varoufakis, nämlich die Blockupy_Bewegung nicht wirklich transparent macht, ob sie jetzt mit Vaourfakis an einem Strang ziehen oder doch wieder nur ihre eigene Klassenkampfideologie verfolgen wollen.
Jedenfalls findet man im Netz nicht wirklich Aussagekräftiges.
oder sollen Bilder wohl mehr sagen als Worte?
https://griechenlandsoli.com/2016/01/17/varoufakis-kommt-zu-blockupy/
Jedenfalls beschleicht mich das dumpfe Gefühl, dass der "linke Deutsche Widerstand" *hüstel* mal wieder Angst vor der eigenen Courage hat, so damals Daniel Donscheidt Berg bei Wikileaks.
Jedenfalls habe ich aus den wenigen Informationen (man muss wohl zahlen, wenn man von unseren sozialistischen Klassenkämpfern was erfahren will: https://www.neues-deutschland.de/artikel/997941.lieber-yanis-willkommen-in-der-bewegung.html )
rausbekommen, dass wohl bei Twitter ein Kommentar von Varoufakis im Zusammenhang mit der deutscher Revolution und Bahnsteigkarte gefallen sein soll ( http://www.nur-zitate.com/zitat/11073 ) Darauf hin scheint der Bewegungsaktivist John Malamatinas wohl ein bischen angepieselt gewesen zu sein. *grins*
Jedenfalls wird es m.E keine deutschen linken Super-Helden geben, weil diese immer noch an ihrer Profilneurose leiden, sprich sich nicht der Sache wegen zurücknehmen können, und sich aus Feigheit nicht auf neue offene Wege begeben können.
Die Sache mit der Bahnsteigkarte eben. :-)))))
bitte diesen Kommentar einklappen wenn es geht, ist unfertig rausgeflutscht
und die anderen bis auf diesen ANGELIA 05.06.2016 | 11:28@MISTER-EDE bitte auch (oh wie peinlich ^^)
Das Erbe von Yanis Varoufakis
„Briten wie Griechen, schreibt Varoufakis seinen Lesern ins Stammbuch, hätten nur drei Optionen: Unterwerfung unter Brüssel, Austritt – oder: „in der EU zu bleiben, um eine grenzüberschreitende Allianz der Demokraten zu schaffen“. Nur diese dritte Option, vor der die Europäer in den 30er Jahren versagt hätten, könne verhindern, „dass die Geschichte sich wiederholt“. Unterwerfung wie Austritt gleichermaßen würden dagegen in eine „dystopische Zukunft“ führen: „in ein Europa, das nur den Fremdenfeinden, den Ultra-Nationalisten und den Feinden demokratischer Souveränität“ passt.“
Diese Einlassungen von Herrn Varoufakis sind zunächst nicht mehr als seine persönlichen Fantasien. Dass der Austritt, wie er es nennt, in eine „dystopische Zukunft“ führen, ist eine bedeutungslose, weil unbewiesene Behauptung. – Schließlich muss er seinen eigenen frühzeitigen Ausschluss eines Austritts rechtfertigen.
Der Wirtschaftsprofessor Paul Krugman, der die Regierung von Alexis Tsipras in ihrer Kritik an den Sparprogrammen immer unterstützt hat, sah noch im Juli 2015 nur schreckliche Alternativen für Griechenland und Europa. Trotzdem, so ließ er wissen, könnte der Grexit besser sein als der Verbleib im Euro unter der strengen Knute der Deutschen und ihrer Verbündeten.
Yanis Varoufakis aber hat einen Grexit dilettantisch von vorneherein immer und immer wieder regelrecht aufdringlich ausgeschlossen und sich damit erpressbar gemacht.
Klug wäre gewesen, die SYRIZA-Regierung hätte für Griechenlands Verbleiben in der EU-Zone von vorneherein Bedingungen formuliert, die Austeritätspolitik "zu vermenschlichen" und sich die Möglichkeit des Ausscheidens nicht als Niederlage, sondern als Ergebnis ihres engagierten Einsatzes für mehr Menschlichkeit und Bürgernähe offengehalten.
Sie hätten den sogenannten Grexit zu ihrem Trumpf machen und die devoten Vasallen des Großkapitals an deren eigenen Argumenten ersticken lassen sollen. Wenn das Horrorszenario wirklich ein Horrorszenario ist, dann werden Merkel/Schäuble & Co es ebenso fürchten, wie sie uns damit verängstigen wollten. – So aber haben die neoliberalen Despoten der EU, der Troika und des IWF die SYRIZA-Regierung damit erstickt und mit ihr werden es die griechischen Bürgerinnen und Bürger. - Welch geniale Leistung!
Wir unterhalten uns hier über das Erbe von Yanis Varoufakis.
„In der EU zu bleiben, um eine grenzüberschreitende Allianz der Demokraten zu schaffen“. – Dieser Standpunkt bildet die Arbeitsgrundlage für Varoufakis‘ selbstbezogenen Öffentlichkeitsaktivitäten und ignoriert die allgemeine Wendehalsmentalität auch linker Politiker, wie Tsipras, Gysi, Riexinger und Kipping sie uns nach der Griechenlandkaperung im Sommer 2015 eindrucksvoll bewiesen haben. Sie unterwerfen sich lieber, als dass sie substanzielle Forderungen zugunsten der Bevölkerung erheben.
„Eine grenzüberschreitende Allianz der Demokraten zu schaffen“ ist dementsprechend eine Ewigkeitsaufgabe, die die bestehenden Verhältnisse auf alle Ewigkeit konserviert.
Yanis Varoufakis aber hat einen Grexit dilettantisch von vorneherein immer und immer wieder regelrecht aufdringlich ausgeschlossen und sich damit erpressbar gemacht.
Was sind Sie denn für ein Traumtänzer? Ein Wirtschaftsprof. Paul Krugmann kann 100 Mal vom grünen Tisch aus einen Grexit befürworten, denn er muss die Folgen ja weder tragen noch verantworten. Das Risiko einer vollständigen Implosion war hoch und das hätte noch schlimmere Folgen für die Menschen gehabt.
die Austeritätspolitik "zu vermenschlichen"
müssen Sie an dieser Stelle nicht über sich selbst lachen? Ich meine Ihnen ist schon klar mit wem die griech. Reg. und Varoufakis da verhandeln mussten? Sagen Sie mal zu Herrn Schäuble das Wort Menschlichkeit im Rahmen einer Verhandlung .... Mit diesen Personen muss man knallhart über Fakten verhandeln statt weinerlich auf Menschlichkeit zu verweisen, die dem Verhandlungspartner in Sachen Geld ohnehin am verlängerten Rückgrat vorbei geht. Was meinen Sie warum Schäuble und auch dieser SPD Scholz während der Verhandlungen mit Varoufakis Schaum vorm Mund hatten....
Dieser Standpunkt bildet die Arbeitsgrundlage für Varoufakis‘ selbstbezogenen Öffentlichkeitsaktivitäten und ignoriert die allgemeine Wendehalsmentalität auch linker Politiker, wie Tsipras, Gysi, Riexinger und Kipping sie uns nach der Griechenlandkaperung im Sommer 2015 eindrucksvoll bewiesen haben. Sie unterwerfen sich lieber, als dass sie substanzielle Forderungen zugunsten der Bevölkerung erheben.
Das ist richtig, liegt aber nicht an Varoufakis sondern an der deutschen linken Bewegung und ihrem Hang zur Profilneurose und zur Vorliebe für Bahnsteigkarten
Unbewiesene Behauptung
„Das Risiko einer vollständigen Implosion war hoch und das hätte noch schlimmere Folgen für die Menschen gehabt.“
Woher wissen Sie das eigentlich so genau? – Auch das ist eine unbewiesene Behauptung und disqualifiziert somit auch den Rest Ihrer Entgegnung.
Sind Sie AFD Anhänger?
Nicht missionarisch unterwegs
Gute Frau, versuchen Sie bitte nicht, mich in irgend eine parteipolitische Ecke zu stellen. Ich bin politisch wie gesellschaftspolitisch interessierter Bürger und Sozialarbeiter der Bundesrepublik Deutschland, der sich mit Alltagsproblemen beschäftigt und nach Alltagsproblemlösungen sucht. Ich bin nicht missionarisch unterwegs. Die Partei, der ich fünf Jahre angehört habe, ist die Partei DIE LINKE.
Und zu einem möglichen Grexit noch folgendes: Es gibt niemand auf der ganze Welt, der die daraus entstehende politische wie gesellschaftliche Dynamik zu übersehen vermag. Behauptungen in die eine oder andere Richtung sind schlicht und einfach unseriös.
Siehe hier
und siehe hier
Konföderation Europa
»Nur die Abgabe von Souveränität an einen demokratischen Staatenbund kann dazu beitragen, Souveränität dort zu erhalten, wo Nationalstaaten sie auch in Zukunft brauchen.«
Im Prinzip ja, aber das funktioniert in einem Staatenbund, einer Republik Europa nicht, dagegen sprechen alle bisherigen Erfahrungen. Europa ist nicht nur die EU mit ihrer zentralen Bürokratie in Brüssel und den Verhinderern im EU-Rat.
Europa ist ganz Europa, wie die Staaten im Europarat vertreten sind. Die EU als nun größer gewordene EWG demonstriert gerade heute ihre Grenzen, ihren Nationalismus und ihr wirtschaftsliberales Glaubensbekenntnis. Europa braucht zur gemeinsamen Entwicklung aber vor allem souveräne Staaten, die im europäischen Netzwerk ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Interessen die eigene Gesellschaft und Produktivität in ihrem eigenen Tempo entwickeln können. Das erfordert Schutzräume und Freiräume, die wechselseitig akzeptiert werden können. Europa braucht vor allem eine gemeinsame Sicherheitspolitik und keine Fortsetzung des Kalten Krieges, die Europa von den USA aufgezwungen worden ist.
Eine einheitsstaatliche Republik Europa wird das nicht leisten, nicht einmal leisten können. Für diese Entwicklung der europäischen Staaten brauchen wir darum einen etwas loseren Verbund von gemeinsamen Veträgen und das kann nur eine Konföderation Europa sein.
*****
Ein Staatenverbund mit gemeinsamen Verträgen erscheint auch mir realistischer, den Bedürfnissen der Staaten entsprechend und praktikabler, weil dann eine interessenorientierte Zusammenarbeit weniger Reibungsverluste ermöglicht.
Die jetzige EU Bürokratie incl. EU Parlament sehe ich als teueren Wasserkopf, der lobbiiert ´wird und obendrein ideologisch agiert, zudem noch mit den USA als Aufpasser.
Auch bei einer Konföderation Europa wird die Lobby jeglicher Interessen sicher aktiv bleiben. Ein Europa.Parlament als Forum wird es dann wohl auch geben, in dem die einzelnen Staaten ihre Interesseen vortragen. Wichtig scheint mir die Konzentration auf die wirklichen Gemeinsamkeiten einzelner Staaten zu sein, die im Netzwerk Europa gefördert werden.
Damit bleibt auch das subsidiare Prinzip erhalten, daß die Mitgliedsstaaten die Dinge selbst erledigen, die sie selbst erledigen können. Das schließt eine gemeinsame Entwicklung einzelner Cluster nicht aus.
Der Einfluss Lobbyisten wird nicht nachlassen, das ist ja auch ein Problem in Berlin, jedoch wären Mechanismen der Abwehr und Transparenz zu entwickeln.
Außerdem müssten fähigere Parlamentarier und Funktionsinhaber ausgewählt werden, um die entsprechenden Themen zu besetzen und bessere Möglichkeiten der Rechenschaftslegung in der Öffentlichkeit überlegt werden.
Die geopolitische und ökonomische Weichenstellung sollte nicht transatlantischen NGOs überlassen werden.
Wie heißt es so schön und richtig in dem Lied „Die Internationale“?:
„Es rettet uns kein höh'res Wesen,
kein Gott, kein Kaiser noch Tribun
Uns aus dem Elend zu erlösen
können wir nur selber tun!“
Real werden wir weder die Lobby abschaffen können, noch die transatlantischen Beziehungen. Bestenfalls wird mit etwas mehr Transparenz der Mißbrauch verringert werden können - der ist tatsächlich noch viel zu hoch.
Die Frage nach fähigen Parlamentariern ist bisher ein großes Dilemma, weil unabhängige Abgeordnete, also parteiunabhängige und direkt gewählte Abgeordnete, im heute gültigen Wahlverfahren einfach benachteiligt sind. Im ersten Bundestag gab es drei Unabhängige und seither nie wieder.
was über "einen Dialog führen" hinausgeht, konnte ich nämlich noch nicht wirkllich erkennen.
Ich auch nicht. Sollte es da wirklich etwas geben?????
Warum wird Kritik am Euro hier immer in die rechte Ecke gestellt? Zumal die AfD doch auf gewisse Vorteile, die der Euro dem (insbesondere) deutschen exportierenden Kapital bringt, gar nicht verzichten möchte.
Seit den Ereignissen in Griechenland engagiert sich ein Teil der reformistischen Linken links der Sozialdemokratie auch in der sogenannten Plan-B-Initiative, in der etwa unter dem vorausgesetzten Fall einer erneuten linken Regierungsübernahme innerhalb der Eurozone über die Möglichkeit eines Austritts aus derselben diskutiert wird. Varoufakis war neben Lafontaine auch ein Gründungsmitglied dieser Initiative gewesen, hat mit der DiEM25 aber faktisch ein Konkurrenzprojekt aus der Taufe gehoben, das all die auf dem ersten Plan-B-Treffen geäußerten Überlegungen konsequent ignoriert (eine Kritik zu DiEM25 findet sich etwa hier oder hier).
Ich verweise an der Stelle auch noch auf einen Vortrag, den Costas Lapavitsas - griechischer Ökonom und zwischen den beiden Parlamentswahlen 2015 in der Vouli Abgeordneter für SYRIZA, danach Mitbegründer der Linksabspaltung "Volkseinheit" - nur kurze Zeit nach Tsipras' definitiver Kapitulation vor den Gläubigern gehalten hat und in dem er für einen Grexit plädiert. Auch empfehlenswert eine Buchvorstellung mit Christiane Reymann zu Wilhelm Langthalers "Europa zerbricht am Euro".
Reihe mich mal ein mit anderen lesenswerten Empfehlungen: Wolfgang Streeck:Wieso Europa so nicht funktionieren kann
und heute aktuell: Alles eine Frage der Interpretation:
Der IWF gilt als Durchsetzer austeritärer Krisenpolitik. Eine eigene Veröffentlichung rechnet mit seiner neoliberalen Politik ab. Die Reaktionen? Sind überraschend. Ändern wird sich dennoch nicht viel.
Ihn muss ich unbedingt nachschieben: Verlassen wir Europa
und hier Syriza unter DruckZu den strategischen Perspektiven des linken Regierungsprojekts in Griechenland
hinterher werden uns alle verkaufen wollen sie hätten davon nichts gewusst/nichts wissen können
v ist nicht blöd - indes blöd genug, um uns sowas als demokratisches selbstverständnis verkaufen zu wollen.
und wie die griechische admin sich hat leichtferttig einkaufen lassen von Goldman Sachs: das verfügt über Schilda-Qualitäten.
also spendieren wir v ein weiteres mötörhead, damit er uns auch weiter verkaufen kann wie blöd wir sind.
ist das geil?
das kann doch nur geil sein
und dass v derzeit das geschäft der griechischen rechtsradikalen unterstützt - sowas erinnert fast, aber nur fast, an marine le pen, die gauland auserkoren wähnen könnte für seine Begriff von "dermocratic bizz".
Gleichwohl: Gauland ist noch viel blöder als Hindenburg.
Gnade uns Gott.
Danke - gern gelesen.
Allerdings, seine Poesie und seine bildlichen Vergleich zur griechische Mythologie machen ja gerade das politische Gespräch mit Varoufakis so lebendig und eindringlich.
Yanis Varoufakis aber hat einen Grexit dilettantisch von vorneherein immer und immer wieder regelrecht aufdringlich ausgeschlossen und sich damit erpressbar gemacht.
Ihre Behauptung ist so nicht richtig.
Herr Varoufakis hatte damals im Gegenteil an einer Vorbereitung eines Grexit mit einer Übergangswährung gearbeitet, wofür er von Tsipras im Endeffekt abgestraft wurde.
Es wäre zumindest schön, wenn es wa gäbe, was man dann auch debattieren kann. Einfach nur Sprüche sind halt nämlich nicht so meins.
Ist ja auch schierig, wenn man weiß das er eigentlich Rechts steht. Aber das ist wohl normal wenn man bedenkt wie schizophren der Journalismus in Europa gehändelt wird. Alles vermischt und verdreht. Jopurnalismus scheint eine neue Aufgabe zu haben; der Leser muß verunsichert werden, damit er nicht mehr weiß dass das was geschrieben ist verkehrte Welt ist.
Links ist Recht, Recht ist Links, Mitte ist halb abgeschhafft, aber das klappt noch mit ohne.
Ist ja schon fast geschafft. Wozu noch Tschurnalismus?
Die AfD ist Rechts. Varoufakis ist Links. Rechts und Links eignen sich nur für eine grobe Einordnung. Guter Journalismus bietet mehr als eine grobe Einordnung, auch wenn das für manche zu kompliziert ist.
Herzlichen Dank für die Links! Ein wenig musste ich mich dann doch wundern, dass das Interview mit Streeck ausgerechnet von Storz geführt und im OXI-Blog erschienen ist.
Zwei Buchempfehlungen möchte ich noch anfügen: Peter Mertens' Wie können sie es wagen? Der Euro, die Krise und der große Raubzug - schon etwas älter, aber sehr anschaulich geschrieben (befand sich auch auf den belgischen Bestsellerlisten) - und - jüngst erschienen - von Andreas Wehr Der kurze griechische Frühling. Das Scheitern von SYRIZA und seine Konsequenzen.
Was ist bloß mit den "Linken" (Bloggern) los? Verdammte Scheiße! Die sollten mal die eigentlichen Gegner nicht aus dem Blick verlieren und sich nicht gegenseitig Niedermachen. Wo jetzt überall Antideutsche, Antisemiten und Querfrontler propagandisitsch unterwegs sein sollen, da wird es (mir) aber ungemütlich und unübersichtlich. Ich schätze den wirtschafts- und finanzpolitischen Sachverstand von Norbert Häring sehr und werde in seinem Blog gerne weiterlesen ( im übrigen hat Häring auch den FC-Blogger Peter Nowak des Rufmords bezichtigt hier: Der Antisemit Norbert Häring: Dekonstruktion eines versuchten Rufmords). OXI werde ich nicht auf Index setzen. Da sind doch durchaus interessante kritische Geister zu finden, die nachdenkeswertes zu Papier bringen (Butterwegge etc...). Jetzt Schweife ich vom Eigentlichen ab:
Herzlichen Dank für die guten Lesetipps. Das Buch von Andreas Wehr werde ich mir gleich bestellen. Gute Reiselektüre für meinen Kretaurlaub in paar Wochen.
Und jetzt wirklich Schluß, um Ihre wertvolle Zeit nicht Übergebühr zu strapazieren. Meine Artikel-Empfehlungen, auf die ich vor Tagen in einem Blogbeitrag hingewisen habe:
Wir sind in die Plünderungsphase des Kapitalismus eingetreten – Deutschlands Angriff auf den IWF
Griechenland: 99 Jahre Ausverkauf - alternativlos
Gute Zeit!
Gute Frau
also bitte, nicht in diesem Ton ^^
Warum wird Kritik am Euro hier immer in die rechte Ecke gestellt
keine Ahnung wer macht denn sowas?
Das' ja nun wirklich nichts Neues, -in der EU zu bleiben, um Schlimmeres und Schlimmstes zu verhüten, sie womöglich - von innen & aussen ansetzend - zu verändern.
Ganz nett, daß V. das auch so sieht, aber für das "Projekt" keine wirkliche Hilfe.
Womöglich ist es dafür wirklich auch schon zu spät - habe vor ein paar Tagen/1-3 Wochen auf einem raren Sender, den ich leider nicht erinnere, einen Talk-/Disk.-Runde zum Brexit mit J.-C. Juncker gesehen, - also was DA kam, war das reine aalen, - buchstäblich recken und räkeln - in Bräsen der Selbstgefälligkeit ohne jede konkrete politische oder ökonomische Relevanz z. B. für die Briten. SOWAS braucht kein Mensch -, ok. das ist (noch!) nicht die ganze EU, aber der Fisch stinkt eben vom Kopf her ...