Wer jemals einen Kuhstall von innen gesehen hat, weiß, wie viel Arbeit es macht, Milch zu produzieren. Frühmorgens und spätabends sind die Milchbauern im Stall, zum Füttern, Melken, Klauenpflegen, zum Besamen der Rinder, zum Behandeln kranker Tiere, bei der Reparatur des Futtermischwagens. Dann geht’s auf die Felder, danach an den Computer, zur Kontrolle der Milchleistung und der Futterzusammenstellung, und dann wieder in den Stall, oft bis spät in die Nacht. Kälber kommen auch nach Mitternacht zur Welt. Gemolken wird zweimal täglich, natürlich auch am Wochenende und an Feiertagen. Und selbst da, wo ein Melkroboter die Arbeit erleichtert, muss der Landwirt präsent sein und seine Hochleistungskühe im Blick haben.
Das ist kein Beruf, eher eine Berufung, sagen die Milchbauern und schwärmen von den schönen Momenten: Wenn sie abends in den Stall kommen und 100 Kühe friedlich daliegen und gewissenhaft wiederkäuen. Oder wenn die Rinder im Frühjahr auf die Weide gelassen werden und dort herumtoben. Wer das gesehen hat, versteht den Zorn der Milchbauern, die in der vergangenen Woche in München, Brüssel und Paris gegen die fallenden Milchpreise protestiert haben. Weniger als 30 Cent für einen Liter Milch bekommen die deutschen Bauern zurzeit – ein entwürdigender Preis für die malochenden Bauernfamilien, deren Kühe gigantische Milchleistungen von mehr als 10.000 Litern pro Jahr oft mit dem frühen Erschöpfungstod bezahlen.
Ende März hat die EU die Milchquote abgeschafft, seitdem darf jeder Milchbauer in Europa so viel Milch produzieren, wie er möchte, und seitdem sind die Preise im freien Fall. Mit dem Erlös für Milch können die Bauern ihre Kosten nicht mehr decken, viele stehen kurz vor der Pleite. „Ich komm mir vor, als müsste ich Eintritt zahlen, wenn ich in den Stall gehe“, klagt ein Milchbauer. Weil aber die Millionenkredite für die teuren Ställe, Melkanlagen und Maschinen trotzdem weiter abbezahlt werden müssen, holen die Landwirte so viel Milch wie möglich aus ihren Kühen. Und das verschärft das Problem: Je mehr Milch auf den Markt kommt, desto tiefer sinken die Preise. Eigentlich sollten diese Milchmengen auf dem wachsenden Weltmarkt abgesetzt werden, das war zumindest die Hoffnung des Bauernverbands und der Politik. Weil Inder, Chinesen und Russen immer mehr Milchprodukte konsumieren und Milchpulver aus Deutschland dort einen guten Ruf hat, machen die Molkereien gute Geschäfte. „Mit deutscher Qualität weltweit erfolgreich“, wirbt die größte deutsche Molkerei, das Deutsche Milchkontor.
Das Risiko tragen die Milchbauern: Wegen des Kriegs in der Ukraine hat Russland einen Importstopp für Milch aus Europa verhängt, und darauf können sie nicht flexibel reagieren und die Milchmenge drosseln. Sie können ihre Milch weder lagern noch den Kühen Kurzarbeit verordnen. Gut für die Molkereien, sie nutzen das Überangebot und kaufen den Rohstoff eben unter den Herstellungskosten.
Wie es besser gehen kann, zeigt die Ökolandwirtschaft. Für biologisch produzierte Milch gibt es derzeit 17 Cent pro Liter mehr als für Milch aus konventionellen Betrieben. Das zeigt den Landwirten, dass die regionale Nachfrage nach frischer Biomilch beständiger ist als der unkalkulierbare Weltmarkt. Landwirte brauchen zuverlässige Kunden. Und die sollten vielleicht auch mal einen Stall besuchen.
Kommentare 7
Zitat:....."Wenn sie abends in den Stall kommen und 100 Kühe friedlich daliegen und gewissenhaft wiederkäuen.".......
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Welch ein hübscher, liebevoller Anblick. Da geht einem das Herz auf, vor allen Dingen als nummerrieter Turbokuh!:-((.... Der Text müsste dann so weitergehen:..."und der Landwirt sich dabei überlegt, wie die Futtermittelweltmarktpreise sind, wie er die Gülle entsorgt,wann er die neuen Höchstleistungskühe kaufen muss, welche Medikamente er so einsetzt, dass er unter den Grenzwerten bleibt und nicht auffällt...... und das er noch die Subventionsanträge stellen muss!"
Milchproduktion (auch Fleischproduktion) hat mit Landwirtschaft im klassischen Sinn kaum noch was zu tun. Kühe die von Grass nicht mehr überleben können, zugekauftes Futter, Rückstände die auf Jahrhunderte hinaus das Grundwasser verseuchen!....
Aber mit solchen Wahrheiten geht ja das liebliche Bild vom Landwirt "...der im Märzen die Rösslein anspannt..." den Bach runter:-((
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Wenn man/Frau mal die Mich von Weidevieh z.B. auf einer Alm, bei der man die Jahreszeiten schmeckt und das was hier in Supermatkt-Regalen als Milch angeboten wird, "homogenisiert, pasteurisiert, länger haltbar..." nebeneiander stellt und trinkt, weiss man/Frau das Milch hier nicht mehr von "glücklichen Kühen" kommt, sondern von Bioreaktoren, die zufällig noch auf dem Land leben. (Das gleiche trifft auch für Fleisch zu, Mal ein 1 1/2 jahre altes Bentheimer auf dem Tellee mit einem Hybridschwein vergleichen. Das sind Welten!
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Drochkenfahrer, Postkutschenbauer und Kutschpferdetränker haben auch umgeschult, nennen sich huete Tankwarte, Taxifahrer usw. und belügen Ihre Kundschaft nicht mehr mit dem Bild " Hoch auf dem Gelben Wagen...!"
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Liebe Bauern es ist industrielle Produktion die ihr macht und es ist Markt! Das Credero der Partei die ihr so gerne wählt. Hört auf Euch als schützenwerte Art darzustellen:-(( und mit eurer Produktion der Lebensgrundlage von uns allen zu verderben!
Für das was ihr früher mal gemacht habt = Kreislaufwirtschaft und hochwertige Produkte..., gib es auch einen auskömmlichen Markt. Für den "Industriescheiss" das Massenprodukt NICHT!
Es reicht, dass seit Jahrzehnten > 1/2 der EU-Haushalte in die Landwirtschaft geflossen sind!
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Brummt Fred
mmh, die Bauern züchten also Hochleistungskühe, die mehr Milch geben als als gebraucht wird und nehmen dafür billigend in Kauf, dass die Kühe dafür schneller sterben als nötig wäre und dafür soll nun aber der Bauer das Mitgefühl bekommen?
Die Wut der Bauern soll man verstehen, weil deren Arbeit so schwer und anstrengend ist. Als wäre die Arbeit der selbstzweck, sollen sie nun mehr Geld dafür bekommen.
Man muss also nur irgendwas machen, was möglichst schwer und anstrengend ist, je anstrengender desto besser. Die Frage nach dem Nutzen rückt dann in den Hintergrund.
Hinter der ganzen Milchbauern-Diskussion steht ja leider nicht die Idee einer gesunden Ernährung - denn für Menschen (auch Kinder!) ist Kuhmilch generell nicht gesund - sondern einzig und allein die Gewinn- und Profitabsicht - wie fast alles im Kapitalismus (vgl. "Es geht um ihren Darm", Jean-Claude Alix)
Glücklicherweise wachen jetzt viele auf und man kann sich informieren zum Thema Milch:
https://www.sein.de/die-milchluege-warum-milch-ungesund-ist/
Davon abgesehen gibt es medizinisch eine Korrelation zwischen Milchkonsum und Prostatakrebs bei Männern (vgl. "Es geht um eine Zukunft ohne Krebs", J.-C. Alix). Außerdem verursacht Milcheiweis viele Allergien (vgl. "Es geht um ihr Blut", J.-C. Alix).
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Ich bin gerade dabei fast alle Milchprodukte aus meiner Ernährung rauszuwerfen (bis auf Butter, Sahne und Eis). Haferdrink und Mandelmilch, Reis- und Kokosdrink/-milch eignen sich ebenfalls um z.B. Pudding zu kochen usw. Man kann da kreativ sein und neues ausprobieren... Ich hoffe meine Allergien damit restlos loszuwerden.
Mein Mitleid hält sich in Grenzen: Jahrezehntelang CDU wählen, den Bauernverband unterstützen, grüne Minister auspfeifen, die sich für ökologischere Produktion einsetzen... Die Bauern haben die Industrialisierung ihres Gewerbes selbst vorangetrieben - zulasten der Tiere, zulasten der Natur. Für die ökologischen Folgen (Artensterben, gülleverseuchtes Grundwasser) wird die Gemeinschaft einmal aufkommen müssen. Wenn die Bauern nun noch meinen, dass der Sinn der Subventionen darin bestünde, massiv für den Export zu produzieren und anderen Landwirten im Ausland das Leben schwerzumachen, dann muss man doch arg an Intelligenz & Reflexionsfähigkeit dieser Gesellen zweifeln.
Gruselige Kommentare. Ich habe vor ein paar Tagen den Wikipedia-Artikel zu Butterberg gelesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Butterberg
"Ursachen
Aufgrund der Unterproduktion der landwirtschaftlichen Betriebe in den 1950er-Jahren wurde eine Subventionspolitik ins Leben gerufen, die den Bauern den Verkauf der meisten Erzeugnisse zu staatlich garantierten Abnahmepreisen ermöglichte, so dass es zu dieser Zeit besonders bei Milch zu faktischen Festpreisen kam, die nur wenig um den jeweiligen Interventionspreis schwankten.[1] Aufgrund dieses Anreizes stieg die Produktion an Getreide, Vieh, Milch und Milcherzeugnissen wie Butter usw. sprunghaft an, bis die Produktion gegen Ende der 1970er-Jahre den Bedarf überstieg. Als Gegenmaßnahme wurde 1984 die Milchquote eingeführt."
Die Bauern erzeugen unsere Nahrungsmittel!
Ich möchte ganz besonders bei Nahrungsmitteln nicht zurück zur Mangelwirtschaft der 50er Jahre. Diese strenge Ökonomisierung, nun, nachdem die über Jahrzehnte wirkende Subventionspolitik große Teile der EU-Bevölkerung entlernt hat, was Nahrungsmittelmangel ist, finde ich vor allem ignorant.
Wenn unsere Bauern jährlich auf 105% des "Plansolls" sind, der uns den Mangel erspart, dann finde ich das nicht schlimm und das darf den EU-Bürger ruhig ein bisschen was extra kosten.
Schlechte finde ich, wenn die hochgradig effizient und damit billig hergestellten Nahrungsmittel durch (womöglich noch zusätzlich subventionierten) Export die bäuerlichen Strukturen in bspw. Afrika zerstören.
Ursachen
Aufgrund der Unterproduktion der landwirtschaftlichen Betriebe in den 1950er-Jahren wurde eine Subventionspolitik ins Leben gerufen, die den Bauern den Verkauf der meisten Erzeugnisse zu staatlich garantierten Abnahmepreisen ermöglichte, so dass es zu dieser Zeit besonders bei Milch zu faktischen Festpreisen kam, die nur wenig um den jeweiligen Interventionspreis schwankten.[1] Aufgrund dieses Anreizes stieg die Produktion an Getreide, Vieh, Milch und Milcherzeugnissen wie Butter usw. sprunghaft an, bis die Produktion gegen Ende der 1970er-Jahre den Bedarf überstieg. Als Gegenmaßnahme wurde 1984 die Milchquote eingeführt.
Hallo, Web-Admin.
Es scheint so, dass die Forensoftware manchmal Texte doppelt, wie beim obigen Kommentar am Ende. Ich hatte den Text zuerst per Zwischenablage aus der WP geholt, dann aber noch mal mit "Rückgängig" raus genommen und als reinen Text eingefügt.
Ich habe den von mir abgeschickten Text hier lokal vorliegen, und da existiert der Ursachen-Abschnitt nur einmal.
"Wie es besser gehen kann, zeigt die Ökolandwirtschaft. Für biologisch produzierte Milch...."
Steht das auch so im Print? Biologisch produzierte Milch in der Ökolandwirtschaft? Vielleicht haben ja die Nichtökolandwirte ihre Kühe nur als Attrappen im Stall und produzieren Milch mit Landtechnik 4.0.
Und. Russland hat den Importstopp als Antwort auf die Sanktionspolitik der EU-Staaten verhängt ... soviel Wahrheit muss sein.
Und. Die deutschen Milchbauern sind von ihrem eigenen Verband in der wirtschaftlichen Ausrichtung falsch beraten worden. Verspekuliert nennt man das.
Und. Wenn alle Nichtökomilchbauern Ökomilchbauern werden, dann bleibt das gleiche Dilemma. Dann ist Schluss mit 17 Cent mehr.